Todeskette
Puls. Er hatte keinen mehr.
Paula hörte, wie Newman vorsichtig vom Berg herabkam. Obwohl er diesmal die einfachere Seite nahm, konnte sie ihm nicht dabei zusehen, denn der tödliche Sturz des Killers steckte ihr immer noch in den Knochen. Sie hoffte nur, dass Crystal in Gladworth blieb und ihre Einkäufe machte. Niemand konnte sagen, wie sie darauf reagieren würde, wenn sie den grässlich entstellten Toten sah. Paula war so in Gedanken versunken, dass sie gar nicht bemerkte, wie Newman leise von hinten auf sie zutrat.
»Beruhigen Sie sich«, sagte er leise und nahm sie in den Arm. »Es ist vorüber.«
»Nein, das ist es nicht«, platzte Paula heraus und berichtete ihm, was der sterbende Killer ihr gesagt hatte.
»Wenn das so ist, müssen wir so schnell wie möglich zurück zu Tweed und ihn warnen. Dieser Doubenkian könnte sehr gefährlich werden. Und dass die hiesige Polizei alles andere als kompetent ist, verschlimmert die Sache noch zusätzlich. Denken Sie nur an diesen seltsamen Polizisten, der Sie und Tweed neulich an der Stelle aufgehalten hat, wo Sie um ein Haar von dem Traktor überrollt worden wären. Gehen Sie jetzt zurück in die Ortschaft, suchen Sie Crystal und bringen Sie sie zu meinem Wagen. Ich sammle nur noch rasch meine Tasche ein und alles, was Crystal hat fallen lassen.«
»Muss das sein? Ich finde, wir sollten so schnell wie möglich zu Tweed. Je eher er weiß, dass Doubenkian sich in dieser Gegend aufhält, desto besser.«
»Dann beeilen Sie sich. Bis Sie Crystal gefunden haben, bin ich auch am Auto.«
Newman wartete, bis Paula außer Sichtweite war, dann streifte er sich ein Paar Latexhandschuhe über, die er immer in der Hosentasche hatte. Er packte den Toten an den Fußknöcheln und schleifte ihn zu einer tiefen Schlucht, die er vom Gipfel des Berges aus entdeckt hatte. Dort rollte er die Leiche über den Rand, wartete, bis er sie am Boden der Schlucht aufschlagen hörte, und machte sich dann auf die Suche nach der Luger. Er fand sie ein paar Meter vom Aufschlagort des Toten entfernt im Gras und warf sie ebenfalls in die Schlucht. Auch sie brauchte eine halbe Ewigkeit, bis sie unten aufschlug. Die Schlucht war verdammt tief und damit der ideale Ort, um eine Leiche verschwinden zu lassen.
Als Letztes hob er den Hammer und den Felshaken auf, die am Fuß der Ostwand lagen, sowie seine Leinentasche, in der er alles verstaute, bevor er im Laufschritt zurück in die Ortschaft eilte. Paula stand dort vor seinem Wagen.
»Crystal kommt gleich«, sagte sie. »Sie hat den halben Ort leer gekauft.«
»Sehen Sie, da ist sie ja schon…«
Während Crystal mit Einkaufstüten bepackt auf sie zukam, beugte sich Paula hinüber zu Newman und flüsterte ihm ins Ohr: »Ich bin wirklich gespannt, was in dem Testament steht.«
13
Als sie nach Hengistbury Manor kamen, öffnete sich wie üblich das Tor automatisch. Sie stellten den Mercedes vor dem Herrenhaus ab und gingen hinauf zur Terrasse, wo Tweed allein in der Sonne auf und ab ging und mit nachdenklichem Gesicht kleine Kieselsteine herumkickte.
Crystal, die sich partout nicht von Newman mit ihren Einkaufstüten helfen lassen wollte, eilte auf die Eingangstür zu, als Tweed sie ansprach. »Sie haben ja halb Gladworth leer gekauft«, sagte er freundlich.
»Na und?«, gab Crystal zurück. »Ich kann mit meinem eigenen Geld schließlich machen, was ich will.« Dann verschwand sie im Haus.
»Darf ich fragen, was in dem Testament stand?«, fragte Paula, als sie und Newman bei Tweed waren.
»Natürlich dürfen Sie«, erwiderte Tweed. »Ich habe es als Erster gelesen, so wie ich es mir auserbeten hatte. Und dann habe ich Marshal Main, Warner Chance, Lavinia und Warners Sohn Leo über seinen Inhalt informiert. Der ist knapp und einfach gehalten: Fünfzig Prozent der Bank gehen an Warner Chance und die anderen fünfzig an Marshal Main. Außerdem erhält Mrs Grandy, die Haushälterin, hunderttausend Pfund. Das war’s dann auch schon.«
»Und wie haben sie darauf reagiert?«
»Main war stinksauer. Er hat gebrüllt, das werde niemals funktionieren, und ist dann beleidigt abgerauscht. Chance hingegen war der Meinung, dass es durchaus klappen könnte, und meinte, das Testament wäre typisch für den gesunden Menschenverstand der alten Dame. Leo wurde ebenfalls wütend und schrie in einem fort: ›Ich kann’s nicht fassen, dass der alte Sack so viel Geld kriegt!‹ Chance verlangte, dass Leo sich für sein Benehmen entschuldigt, aber der ist einfach aus
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