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Todeskette

Todeskette

Titel: Todeskette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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Mitte der Oyster Bay im Abstand von wenigen Metern passiert hatte, änderte sie die Fahrtrichtung und nahm Kurs auf den Ausgang der Bucht. Immer wenn sie in ein Wellental glitt, verschwand sie für Sekunden aus Paulas Blickfeld, nur um auf dem Kamm der nächsten Welle wieder aufzutauchen.
    »Der Mann hat Mut, das muss man ihm lassen«, brummte Tweed. »Bestimmt gilt das nicht nur für die Seefahrt.«
    »Für mich ist er komplett übergeschnappt«, erwiderte Paula. »Wenn er hinaus auf die offene See fährt, ist sein Leben keinen Pfifferling mehr wert.«
    Tweed musste zugeben, dass auch er den Gedanken daran beängstigend fand.
    Von Westen drängten immer dunklere Sturmwolken heran, und der Wind hatte noch einmal an Stärke zugenommen. Draußen auf dem Meer waren die Wellen jetzt so hoch wie mehrstöckige Häuser. Sicherlich würde Main nicht dort hinausfahren. Oder etwa doch? Tweed hob sein Fernglas, das er um den Hals hängen hatte, an die Augen und suchte damit die
Star Sprite,
die wie ein Korken auf den Wogen tanzte.
    »Der Idiot wird am rechten Felsen der Einfahrt zerschellen«, sagte Paula.
    »Nein, wird er nicht«, sagte Tweed, der das Schiff genau beobachtete. Es fuhr in sicherem Abstand an der Klippe vorbei und tauchte mit beiden Rümpfen in den von Gischt sprühenden Mahlstrom der offenen See. Paula konnte nicht länger zusehen.
    Sie ging wieder zum Kühlschrank und holte zwei Stück Torte heraus, die jemand auf kleinen Porzellantellern hineingestellt hatte. Als sie Tweed seinen Teller und einen frischen Becher Kaffee brachte, dankte er ihr, ohne das Fernglas von den Augen zu nehmen.
    Draußen auf dem Meer kämpfte die Sprite mit den Wogen, dass einem angst und bange werden konnte. Immer wieder tauchte sie mit ihren beiden Rümpfen in die gischtgekrönten Wassermassen, als würde sie von ihnen auf immer verschlungen, nur um Sekunden später von der nächsten Welle wieder emporgeschleudert zu werden.
    Schließlich sah Tweed, wie das doppelrümpfige Schiff inmitten des Sturms langsam wendete und wieder auf den Eingang der Bucht zufuhr. Ähnlich knapp wie zuvor kämpfte sich die Sprite durch die schmale Einfahrt, umschiffte auf dem vergleichsweise ruhigen Wasser der Oyster Bay elegant die Felsnadel des Pindle Rock und näherte sich wieder der Rampe und dem Bootsschuppen, dessen Tor jetzt wie von Geisterhand aufging.
    »Wie macht er das?«, fragte Paula.
    »Vermutlich per Funk«, antwortete Tweed. »Sehen Sie nur, jetzt schieben sich die Rümpfe wieder zusammen!«
    Tatsächlich verwandelte sich die
Star Sprite
binnen Sekunden vom breiten Katamaran in ein sehr viel schlankeres Wasserfahrzeug mit zwei dicht beieinanderliegenden Rümpfen. Main wartete die nächste große Welle ab, dann ließ er sich von ihr auf die Rampe heben, wo automatisch ausgeklappte Krampen die Jacht packten und sie in den sicheren Schutz des Bootsschuppens beförderten. Mit einem metallischen Klappern schloss sich das Tor hinter ihr.
    »Sehen Sie mal«, sagte Paula. »Dort drüben auf dem Tisch liegen die Baupläne der Sprite. Sie ist innen sehr viel geräumiger, als es von außen den Anschein hat. In jedem der beiden Rümpfe gibt es zwei Doppelkabinen mit allem nur erdenklichen Komfort…«
    In diesem Augenblick kam Marshal Main ins Zimmer. Sein Haar war noch ganz feucht von der Gischt, aber seine Augen funkelten vor Begeisterung.
    »Bisschen raue See heute«, sagte er lächelnd, »aber die Sprite ist damit wunderbar zurechtgekommen. Lavinia wird es bestimmt leidtun, dass sie nicht mitgekommen ist.«
    »Fährt sie denn häufiger mit Ihnen hinaus?«, fragte Tweed erstaunt.
    »Und ob sie das tut. Sie kann mit der Jacht mittlerweile schon besser umgehen als ich selbst. Lavinia hat eine echte Begabung für die Seefahrt.«
    »Ich habe eben einen Anruf bekommen«, schwindelte Tweed. »Ich muss sofort zurück zu meinen Leuten. Vielen Dank, dass Sie uns das alles hier gezeigt haben, und seien Sie uns bitte nicht böse, wenn wir jetzt sofort aufbrechen und allein zurückfahren.«
    »Und auch noch vielen Dank für das gute Essen«, fügte Paula an. »Es hat wirklich wunderbar geschmeckt.«
    »Dann fahren Sie, wenn es unbedingt sein muss«, knurrte Main.
    »Normalerweise bleiben meine Gäste schon ein bisschen länger…«
    »Gute Idee, das mit dem Anruf«, sagte Paula, als sie wieder im Audi saßen und Seacove hinter sich gelassen hatten.
    »Ich hatte überhaupt keine Lust, wieder dem Rolls hinterherzufahren«, sagte Tweed. »Was halten Sie

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