Todeskette
Monica, die in der Park Crescent die Stellung hielt. Als er aufgelegt hatte, war es Tweed nicht anzumerken, ob sie ihm etwas Wichtiges mitgeteilt hatte oder nicht.
»Kommen Sie bitte alle zu mir«, sagte Tweed. »Ich muss sehr leise sprechen, damit uns niemand belauschen kann. Monica hat einen Anruf von Philip Cardon bekommen. Philip hatte nicht viel Zeit, aber er hat Monica Folgendes gesagt – ich zitiere wörtlich: ›Unser gemeinsamer Bekannter hat die Elite seiner französischen Handlanger nach England beordert. Möglicherweise sind einige von ihnen schon hier.‹«
»Was meint er damit?«, fragte Butler.
»Ganz einfach: Doubenkian hat seine gefährlichsten Killer aus Frankreich in unser Land geholt. Soviel ich weiß, stehen sechs bis sieben der übelsten Auftragsmörder in seinen Diensten, und die wird er uns nun allesamt auf den Hals hetzen. Leute wie er machen keine halben Sachen.«
»Bestimmt kommen sie aus dem Wald«, meinte Marler. »Dort sind sie praktisch unsichtbar, und irgendwann schlagen sie dann aus dem Hinterhalt zu. Und zwar mit ihren bevorzugten Waffen: Messern.« Er zündete sich eine seiner King-Size-Zigaretten an und nahm einen tiefen Zug. »Wenn wir sie unschädlich machen wollen, sollten wir den Spieß umdrehen und unsererseits den Wald durchstreifen. Wenn wir einen von ihnen entdecken, ballern wir ihn ab.«
»Ich kenne mich im Wald mittlerweile hervorragend aus«, sagte Butler. »Ich könnte Ihnen die richtigen Stellen zeigen, wo wir ihnen auflauern können.«
»Leider gibt es da noch ein kleines Problem«, gab Tweed zu bedenken. »Und zwar die Leichen. Wenn die Franzosen erfahren, dass wir hier in England ihre Staatsbürger töten – auch wenn die noch so gefährliche Verbrecher sind –, wird es gewaltige diplomatische Verwicklungen geben.«
»Das ist doch kein Problem«, meldete Harry Butler sich zu Wort. »Ich habe im Wald eine aufgelassene Kalkgrube gefunden. Dort können wir die Leichen für immer verschwinden lassen.«
»Gute Idee«, sagte Tweed.
Marler, Newman und Butler waren schon an der Tür, als er ihnen noch nachrief: »Aber passen Sie auf sich auf. Sie haben es mit Profis zu tun.«
»Ich dachte immer, wir seien die Profis«, erwiderte Butler lächelnd, während er hinter den anderen die Bibliothek verließ.
»Die Lage spitzt sich zu«, sagte Tweed zu Paula, als sie allein waren, »und das Rad der Ereignisse dreht sich immer schneller. Aber das sind wir ja gewohnt.«
»Mir ist nicht wohl bei dem Gedanken, dass die drei jetzt da draußen im Wald herumlaufen«, erwiderte Paula.
»Harry passt schon auf sie auf«, beruhigte sie Tweed. »Der kennt den Wald inzwischen wie seine Westentasche.«
Ein paar Minuten später öffnete sich die Tür, und Leo Chance streckte verstohlen den Kopf herein. Kurz darauf war auch Crystals Kopf zu sehen.
»Ist außer Ihnen noch jemand hier?«, fragte Leo. »Nein? Das ist gut, denn wir haben Ihnen etwas Wichtiges mitzuteilen.«
Nicht schon wieder, dachte Paula. Als er uns gestern etwas über Mrs. Carlyle erzählte, hat man sie kurz darauf als Leiche gefunden.
Crystal und Leo kamen zu ihr und Tweed an den Tisch. Crystal, die sich das Haar aus dem Gesicht gekämmt und zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, wirkte nervös und aufgeregt, während ihr Bruder einen entschlossenen Eindruck machte.
»Wir haben Ihnen doch erzählt, dass unsere Mutter bei einem Autounfall ums Leben kam«, begann er. »Ich war damals elf, und Crystal war achtzehn.
Mutter fuhr von Midhurst nach Hause, und zwar über einen Berg namens Hook’s Corner, wo die Straße in vielen engen Serpentinen verläuft. Sie kannte die Straße gut, weshalb sie in den Kurven bestimmt ganz langsam fuhr.
Können Sie mir so weit folgen?«
»Ja«, antwortete Tweed und stützte nachdenklich das Kinn auf die linke Hand. Er wartete darauf, dass Crystal ihren Bruder unterbrach, aber das tat sie nicht.
»Nach der Passhöhe führt die Straße in vielen Haarnadelkurven nach unten, und in einer von denen muss unsere Mutter wohl die Kontrolle über ihren Wagen verloren haben und ist über hundert Meter tief in eine Felsenschlucht gestürzt, an deren Boden der Wagen zerschellte. Die Polizei von Leaminster behauptet, der Unfall ginge auf einen Fahrfehler unserer Mutter zurück, aber ich…«
»Wie hieß denn der untersuchende Beamte?«, unterbrach ihn Tweed.
»Das war ein Inspector Trafford oder so ähnlich …«
»Hieß er vielleicht Tetford? Der tut dort heute noch
Weitere Kostenlose Bücher