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Todeskette

Todeskette

Titel: Todeskette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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worden, und das Auffrischtraining hatte damit sein Ende gefunden.
    Inzwischen hatten sie Harry Butler wieder eingeholt, der sich ziemlich rasch durch den Wald bewegte. Paula mochte das alles überhaupt nicht, in dem Nebel konnte man kaum die Hand vor Augen sehen, geschweige denn jemanden, der hinter einem Busch oder einem Baum auf einen lauerte.
    Nachdem sie dem gewundenen Pfad eine Weile gefolgt waren, blieb Butler stehen und hob die Hand.
    »Wir sind jetzt kurz vor der Kalkgrube«, sagte er. »Sie liegt mitten auf einer Lichtung und ist ziemlich groß.«
    »So riesig ist sie nun auch wieder nicht«, sagte Marler. »Ich habe sie ja selbst gesehen. Ich würde mal sagen, dass sie die Größe eines mittleren Amphitheaters hat.«
    Zum Glück war der Nebel hier nicht so dicht wie im Wald, und Marler schlug vor, auf einen kleinen Hügel rechts von der Grube zu gehen. »Von dort aus kann man alles recht gut überblicken«, sagte er.
    Marler ging voraus am Rand der Kalkgrube entlang, und das Team folgte ihm. Nur Tweed blieb nachdenklich stehen und sah sich unter den hohen Fichten am Rand der Kalkgrube um. Auch wenn man im Halbdunkel zwischen den Stämmen, durch das noch letzte Nebelschwaden zogen, nicht gut sehen konnte, erkannte er, dass Marler recht gehabt hatte: Die Grube ähnelte wirklich einem Amphitheater. Ihre Abhänge aus weißem Kalk fielen steil nach unten ab, wo wie auf einer Bühne ein alter, verrosteter Bagger stand.
    Über dem ganzen Gelände lag eine unheimliche Stille, und während Tweed sich allein der Grube näherte, hörte er nicht einen einzigen Vogel singen und auch keine Bäume rauschen, nur das Knirschen seiner Schuhe im losen Kalk.
    Am Rand der Grube blieb er stehen und blickte nach unten. Du meine Güte, dachte er, da geht es aber tief hinab. Das mussten gut fünfzig Meter sein. Auf einmal hörte Tweed rechts von sich ein Geräusch.
    Oben auf dem Hügel wollte Paula gerade nach Tweed rufen, aber Marler legte ihr eine Hand über den Mund.
    »Stören Sie ihn nicht«, warnte er.
    »Aber Harry hat doch gerade gesagt, dass der Rand der Grube brüchig ist«, protestierte sie durch Marlers Finger hindurch.
    Drüben an der Grube starrte Tweed auf einen dunklen Umriss, den er in dem schlechten Licht für einen großen Felsen gehalten hatte. Jetzt flog etwas Großes, Schwarzes – ein Umhang – zur Seite, und ein magerer Mann mit einem Gesicht wie ein Totenkopf grinste ihn an. Er hatte ein langes, spitzes Stilett in der Hand. Es gelang Tweed nicht mehr, seine Waffe zu ziehen, er konnte nur noch den rechten Arm nach oben reißen und die Hand packen, die mit dem Stilett nach seiner Brust stach. Und dann kämpften die beiden direkt am Rand des Abgrunds ums blanke Überleben. Tweed wusste genau, welche Stelle am Handgelenk er drücken musste, damit sein Gegner sein Messer sofort fallen ließ, aber der Angreifer zeigte keinerlei Reaktion. Für einen Mann seiner Statur verfügte er über unglaubliche Kräfte.
    Während er seine rechte Hand nicht vom Handgelenk seines Gegners nahm, schoss Tweeds Linke von unten mit gespreizten Fingern nach oben in Richtung der in tiefen Höhlen sitzenden Augen des Mannes. Es gelang diesem, im letzten Moment den Kopf wegzudrehen, aber dadurch kam er so nahe an den Abgrund, dass er beinahe das Gleichgewicht verlor. Vor lauter Schreck und wegen Tweeds nicht nachlassenden Drucks auf den empfindlichen Punkt am Handgelenk ließ er schließlich doch das Stilett fallen, das sofort in der Tiefe der Grube verschwand.
    Droben auf dem Hügel rannte Paula los, um Tweed zu helfen, aber Marler lief ihr hinterher und packte sie von hinten. »Lassen Sie ihn das selbst durchstehen«, sagte er. »Wenn er sich auch noch um Sie kümmern muss, verliert er den Kampf.«
    Tweed spürte, dass der Verlust der Waffe seinem Gegner einen Teil seiner Kraft raubte, und trat ihm mit aller Kraft gegen das Schienbein. Der Mann schrie vor Schmerz auf und blickte nach unten, was Tweed dazu nutzte, ihm mit der linken Hand voll ins Gesicht greifen, das sich wie Haut und Knochen anfühlte. Dann schob er ihn mit voller Kraft immer näher auf die Kante der Kalkgrube zu. Der Mann stemmte sich energisch dagegen und grub dabei die Füße so tief in den brüchigen Kalk, dass dieser plötzlich nachgab. Ein langer Riss tat sich im Boden auf, und ein großes Stück des Grubenrands brach ab und sackte in die Tiefe. Tweed brachte sich mit einem beherzten Schritt nach hinten in Sicherheit, während der ausgezehrte Mann, mit allen

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