Todeskind: Thriller (German Edition)
behutsam vorgehen, das war ihm klar.
Aber es war wichtig. Entscheidend für die Suche nach dem Täter. Er spürte es mit jeder Faser seines Körpers.
Er stellte den SUV ab und kam an ihre Tür, um ihr herauszuhelfen. Als ihre Füße den Boden berührten, wandte sie sich ihm zu und klammerte sich an ihn, als wolle sie nie wieder loslassen. Er schlang die Arme um sie und versuchte, sie zu beruhigen.
»Liebes«, flüsterte er, und die Furcht, die in ihm aufstieg, brannte in seiner Kehle. »Du bist in Sicherheit. Niemand wird dir etwas tun. Komm jetzt, es ist zu kalt hier draußen.« Er nahm ihren Mantel vom Rücksitz und steckte ihre Arme durch die Ärmel, als sei sie ein Kind.
Endlich holte sie tief Luft. »Ist schon gut. Ford ist hier. Nichts anderes zählt.«
Joseph war sich dessen nicht so sicher, als er mit ihr das Krankenhaus betrat. Hector hatte den Wagen geparkt, während Joseph sie im Arm gehalten hatte, und folgte ihnen nun wie ein Schatten zu Fords Zimmer. Er würde Daphnes Schatten bleiben, bis dieser Doug keine Bedrohung mehr darstellte.
Vor Fords Krankenzimmer stand ein uniformierter Polizist Wache. Joseph zeigte seinen Ausweis. »Das hier ist die Mutter.«
Die Miene des Officers wurde weicher. »Wir sind froh, dass wir ihn gefunden haben, Ma’am.«
Daphne sah auf, und Joseph war einmal mehr überrascht von ihrer Verwandlung. Sie wirkte gefasst, sogar gelassen, ihr Lächeln ruhig. »Ich danke Ihnen, Officer.« Daphne, die Frau mit den zwei Gesichtern.
Inzwischen wusste er bereits, dass diese Verwandlung immer dann stattfand, wenn sie vor Angst außer sich war oder kurz vor dem Zusammenbruch stand. »Ich bin bei dir«, murmelte er.
Sie nickte fast herablassend und betrat das Zimmer, in dem ihr Sohn lag, nur ihre bebenden Hände verrieten, dass sie nicht so gelassen war, wie sie ihre Umwelt glauben machen wollte. An Fords Bett blieb sie stehen und strich ihm so behutsam über die Stirn, als sei der Junge aus Glas.
Joseph war sich nicht bewusst gewesen, dass er die Luft angehalten hatte, bis er sie in einem erleichterten Seufzer ausstieß. »Er sieht gut aus, Daphne«, sagte er. Fords Gesicht war an einigen Stellen gerötet, aber nirgendwo war etwas von den Erfrierungen zu sehen, vor denen Joseph sich insgeheim gefürchtet hatte.
»Verzeihen Sie.« Ein Arzt betrat den Raum. »Sind Sie Fords Eltern?«
»Sie ist seine Mutter«, stellte Joseph klar, als Daphne nicht reagierte. Sie stand noch immer an der Seite ihres Sohnes und streichelte seine Stirn. »Dies ist Daphne Montgomery, und ich bin Special Agent Carter vom FBI.«
»Ma’am?« Der Arzt berührte Daphne an der Schulter, und endlich wandte sie sich zu ihm um. »Ich bin Dr. Rampor. Ich wollte Ihnen nur sagen, dass der Zustand Ihres Sohnes stabil ist und wir keine Langzeitschäden durch die Kälte feststellen können. Er weist einige Verletzungen auf, aber keine sind lebensbedrohlich.« Er lächelte freundlich. »Er hat Glück gehabt.«
Daphne nickte. »Danke. Was für Verletzungen?«
Joseph schlang einen Arm um sie und zog sie an seine Seite. Ihr Zittern war so stark geworden, dass er sich fragte, wie sie sich aufrecht halten konnte.
Der Arzt begegnete Josephs Blick. Seine Miene war sorgenvoll. »Geht es ihr gut?«
»Sie hat zwei harte Tage hinter sich, Doktor«, erklärte Joseph.
»Wenn Ms. Montgomery Hilfe braucht, kümmern wir uns darum.«
»Danke, es geht mir gut«, meldete Daphne sich zu Wort. »Konzentrieren wir uns doch auf Ford. Bitte.«
»Natürlich. Ihr Sohn hat eine Platzwunde am Hinterkopf und einige Schürfwunden im Gesicht. Wir mussten aber nichts nähen. Haben Sie noch weitere Fragen?«
»Wann wird er aufwachen?«
»Ich denke, schon bald. Er hat keine Verletzungen, die eine längere Bewusstlosigkeit bewirken würden. Es ist wahrscheinlicher, dass er aus purer Erschöpfung schläft. Wir geben ihm vorsichtshalber ein Antibiotikum, falls die Kopfverletzung eine Infektion nach sich zieht, aber sonst ist alles in bester Ordnung.«
»Ich danke Ihnen«, sagte Daphne erneut. Sie drehte sich wieder zum Bett, beugte sich drüber und legte ihre Stirn an die ihres Sohnes. »Ford, ich bin hier. Mom.«
Joseph zog den Arzt mit hinaus in den Flur. »Haben Sie Nadeleinstiche entdeckt?«
»Ja, aber ich wollte das nicht vor der Mutter erwähnen«, antwortete Rampor leise. »Mehrere Einstiche im Hals. Und Male wie von einem Elektroschocker. An zwei Stellen.«
»Zwei? Sind Sie sich sicher?«
»In der Notfallambulanz sieht man eine
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