Todeskind: Thriller (German Edition)
verloren, als sie mit Cordelia schwanger gewesen war, aber sie hatte sich durchgebissen und war stärker denn je aus der schrecklichen Situation hervorgegangen.
»Ich dachte, du könntest mal mit ihr reden. Möglicherweise dringst du zu ihr durch. Sie hat eine große Familie, die sich um die anderen Kinder kümmern kann, aber das Neugeborene wird sie brauchen. Und sie wird das Baby brauchen. Wenn ich dir Name und Nummer der Familie hierlasse, würdest du vielleicht einmal anrufen, wenn du dich gut genug fühlst?«
Ihre Augen richteten sich auf ihn. Dunkle, wunderschöne Augen, die jetzt so gepeinigt blickten, dass er sich wünschte, er hätte den Mund gehalten. »Selbstverständlich«, sagte sie. »Wenn ich helfen kann, tue ich es gern.«
»Gut.« Einen Moment lang sahen sie einander an. Dann sank ihr Kinn herab, sie blickte wieder auf ihre Hände, und er wich zurück. »Mach’s gut … Stefania.«
Er hatte schon lange ihren richtigen Namen aussprechen wollen. Stefania nannte er sie in seiner Vorstellung, wenn er davon träumte, sie des Nachts glücklich und zufrieden in den Armen zu halten.
Aber sie sah nicht auf, also drehte er sich um und ging zur Tür. Er hatte die Hand schon auf dem Griff, als sie leise seinen Namen rief.
»Clay.« Mit gesenktem Kinn sah sie ihn durch die Wimpern an, aber der Blick wirkte nicht aufreizend. Eher so, als würde sie sich verstecken. »Man hat mir gesagt, dass du mir das Leben gerettet hast. Danke.«
»Ich würde es sofort wieder tun«, erwiderte er leise, »weil ich mir die Welt nicht ohne dich vorstellen kann.«
Sie stieß bebend die Luft aus. »Ich denke, du … du solltest es vielleicht probieren.«
Er hielt den Atem an. »Was probieren?«
Dann endlich sah sie auf, und seine Hoffnung brach in sich zusammen. »Du willst etwas, das ich dir wahrscheinlich niemals geben kann«, flüsterte sie. »Ich will dir nicht weh tun, Clay, aber ich will dir auch nichts vormachen. Du solltest dir eine andere Frau suchen. Ich weiß nicht, ob ich je wieder ich selbst sein kann.«
Clay starrte sie an, während ihre Worte einsanken. Er war gekommen, weil er eine definitive Antwort wollte. Nun hatte er sie bekommen.
Er nickte und war sich dumpf bewusst, dass ihn das Atmen schmerzte. »Also schön. Dann finde dein Glück … Stevie.«
Mit gesenktem Kopf verließ er die Intensivstation und ging einfach weiter, ohne sich darum zu kümmern, was die anderen denken mochten. Er blieb nicht stehen und verlangsamte sein Tempo nicht, bis er draußen war und die kalte Luft in seinem Gesicht spürte. Dann endlich hielt er an, schloss die Augen und presste die Zähne gegen die Woge von Schmerz zusammen, die sich in ihm ausbreitete.
Er setzte sich wieder in Bewegung. Er musste sich an die Arbeit machen, denn mehr war ihm nicht geblieben. Arbeit. Ewig und ausschließlich Arbeit.
Paige und Alec, die im Wagen auf ihn gewartet hatten, blickten ihm optimistisch entgegen, doch ihre Mienen verfinsterten sich, als sie ihn sahen.
»Hey, lass uns blaumachen«, schlug Alec vor, als Clay im Wagen saß und sich anschnallte. »Gehen wir in eine Automatenhalle. Oder lass uns Paintball oder so was spielen.«
»Wir könnten auch ein Eis essen«, fügte Paige hinzu. »Wie wär’s damit?«
»Nein. Ich hab Papierkram zu erledigen. Aber danke für die Angebote.« Clays Handy brummte, als er in den fließenden Verkehr einscherte. An die Arbeit. »Maynard hier.«
»Tim Lasker, Leiter der Security im Inneren Hafen. Jemand hat heute Miss Montgomerys Wohnung betreten, und Sie baten darum, informiert zu werden. Leider war der Angestellte, der heute Dienst hat, im Urlaub, weshalb er nicht wusste, dass er direkt hätte Meldung erstatten müssen. Mir ist das Versäumnis gerade erst aufgefallen.«
»Wer hat sich am Empfang eingetragen?«, fragte Clay.
»Eine Miss MacGregor. Kimberly MacGregor. Und zwar um elf Uhr dreißig.«
»Steht ein Fahrzeug auf Miss Montgomerys Stellplatz?«
»Ja. Ein schwarzer Van. Was soll ich machen?«
»Sorgen Sie bitte dafür, dass Miss MacGregor die Wohnung nicht verlässt. Ich bin in zehn Minuten da.« Er legte auf und wendete an der nächsten Ampel. »Wir fahren zum Inner Harbour.«
»Miss MacGregor?«, sagte Paige aufgeregt. »Kimberly?«
»Sieht so aus.«
»Sollen wir die Polizei rufen?«, fragte Alec.
An die Arbeit. »Noch nicht. Ich will sie nicht verscheuchen. Wenn sie noch da ist, rufen wir J.D. an. Aber ich würde gerne zuerst ein paar Worte mit ihr reden.«
Marston, West
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