Todeskind: Thriller (German Edition)
Augen des Mädchens und liefen an ihren Schläfen hinab. Daphne tröpfelte ein wenig Wasser in ihren Mund. »Langsam. Dir wird schlecht, wenn du zu viel auf einmal nimmst.«
Sie hörte ein weiteres Klacken, und es wurde hell. Bei Licht sah Heather noch ausgemergelter aus, und Daphne verspürte wieder einmal den unheiligen Wunsch, Beckett zu töten. Sie wickelte Josephs Mantel um das Mädchen und spürte, wie es schauderte.
»Woher wussten Sie, dass ich hier bin?«, krächzte Heather.
»Mein Sohn wurde vor ein paar Tagen entführt und in der Garage obendrüber gefangen gehalten. Er konnte entkommen und fand deine Tasche in Becketts Auto.«
»Waren das die Geräusche, die ich gehört habe? Ich dachte, ich hätte den Verstand verloren. Wer ist Beckett?«
»Der Mann, der dich hier festgehalten hat«, erklärte Daphne sanft. »Aber bei uns bist du in Sicherheit.«
Joseph hatte jeden Winkel der Kammer überprüft. Aus seiner Tasche holte er nun ein Filzmäppchen und nahm einen schmalen Metallstift heraus. Binnen Sekunden hatte er die Schlösser der Ketten geöffnet. Daphne und er massierten Heathers Schultern und halfen ihr, behutsam die Arme herunterzunehmen und unter die Decke zu schieben. Dann löste Joseph auch die Fußfesseln.
»So heißt er also? Beckett? Das wusste ich nicht.« Heather schloss die Augen. »Er hat immer nur eins gesagt: ›Hast du mich vermisst?‹«
Daphne streichelte das Haar des Mädchens, damit ihre Hände etwas zu tun hatten und nicht so stark zitterten. »Ich weiß, Kleines.« Sie zwang sich, sich umzusehen. In der Kammer standen das Bett und ein Nachttisch. Ein Waschbecken und eine Toilette.
Eine feine Staubschicht bedeckte den Nachttisch. Darin zeichneten sich zwei Kreise ab, einer größer als der andere. Ein Glas für Wasser und …
»Eine Dose mit Pillen«, flüsterte Heather. »Da stand immer eine.« Sie begann zu husten, und Daphne hob sie gerade genug an, um den Kopf des Mädchens auf ihren Schoß zu legen.
»Wozu?«
»Schlaftabletten. Falls ich nicht mehr hier sein wollte. Das hat er mir an dem Tag, an dem er mich herbrachte, gesagt.«
Neuer Zorn kochte in ihr auf, und Daphne musste die Zähne zusammenbeißen, um sich zu beherrschen. Sie blickte auf und erstarrte. Plötzlich setzte ihr Herz aus.
»Joseph«, presste sie hervor. Ihre Stimme klang nicht mehr wie ihre.
Er stand auf der Treppe und sprach mit Kerr, der oben wartete.
»Joseph«, stieß sie hervor. Lauter. Schriller. Er rannte zu ihr herab, folgte ihrem Blick und erstarrte ebenfalls.
»Oh, mein Gott«, hauchte er. Bilder. Polaroidfotos. In säuberlichen Reihen. Die unterste Reihe bestand aus zehn Bildern. Die mittlere aus zehn. Und die oberste aus … sechs.
»Sechsundzwanzig.« Geräusche kamen aus ihrer Kehle. Wimmernde, klagende Laute. Sie konnte sie hören, aber sie konnte sie nicht abstellen. Hör auf damit.
Reiß dich zusammen. Hör auf damit!
Daphne schloss die Augen, kniff sie fest zusammen. Schürzte die Lippen und atmete durch die Nase. Sechsundzwanzig. Sechsundzwanzig. Sechsundzwanzig.
»Dieses Schwein«, zischte Joseph und leuchtete mit der Taschenlampe auf jedes Foto. Als der Strahl auf die unterste Reihe traf, sah sie Kelly ganz links. Kelly war die Erste gewesen.
Und daneben … Oh Gott. Ich krieg keine Luft mehr. Daneben ein Kind. Mit blonden Zöpfen. Es hockte ganz in der Ecke der Garage und hatte die Knie angezogen.
Beckett hatte es an dem Tag aufgenommen, an dem er ihr gesagt hatte, dass sie noch ein bisschen köcheln sollte.
Joseph schaltete die Taschenlampe aus. Er bebte am ganzen Körper vor Wut.
Heather weinte nun mitleiderregend. »Ich bin die Letzte. Ich bin die Letzte«, sagte sie immer wieder.
Daphnes Arme schlangen sich fester um das Mädchen, und sie begann unwillkürlich, sich mit ihr zu wiegen.
»Er hat ein Foto von mir gemacht«, schluchzte Heather. »Und hat es da aufgehängt. Ich hab ihn angefleht, es nicht zu tun, aber er hat es trotzdem getan. Er hat so viel getan. Er hat … O Gott.«
»Ich weiß«, murmelte Daphne. Sie starrte noch immer auf die Bilder, obwohl sie nichts mehr sah, aber sie konnte auch nicht wegsehen. Sie fühlte sich innerlich vollkommen taub, vollkommen tot. »Ich weiß, was er getan hat.«
»Nein, das wissen Sie nicht. Das können Sie gar nicht.«
»Schscht. Doch, das kann ich. Und ich weiß es. Das erste Mädchen war meine Cousine. Kelly. Er hat sie hier unten festgehalten. Ich habe alles gehört. Und das zweite Mädchen … das bin
Weitere Kostenlose Bücher