Todeskind: Thriller (German Edition)
Essen ist es fast wert, einen Smoking anzuziehen.«
Carters Kiefer erstarrte mitten im Kauen. Sein Adamsapfel hüpfte beim Schlucken, und als er wieder zu kauen begann, schien er Lehm im Mund zu haben.
Clay kniff die Augen zusammen. Man musste nicht besonders scharfsichtig sein, um zu kapieren, dass dem Agenten ganz plötzlich eine Laus über die Leber gelaufen war. »Haben Sie ein Problem mit Wohltätigkeitsveranstaltungen, Carter?«
»Nope. Ich werde hin und wieder hingeschleift. Miss Montgomerys Feste sind gewöhnlich gut zu ertragen.« Aber Carters Kiefer war immer noch so stark angespannt, dass der Muskel in seiner Wange hervortrat.
Falls Carter kein Problem mit Wohltätigkeitsveranstaltungen hatte, dann musste er eins mit Daphne haben. Niemand hatte ein Problem mit Daphne. Bis auf den Abschaum, den sie in den Knast schickte. Oder ihren Ex, das Arschloch. Ansonsten gab es keinen, der Daphne nicht liebte …
Oh. Jetzt dämmerte es ihm, und Clay war, als würde die Last auf seinen Schultern ein wenig leichter. Vielleicht würde dieser Tag doch noch etwas Gutes bringen.
Carter hatte an einer Ampel gehalten und gab eine Nummer in sein Handy ein. Seiner Miene war anzusehen, wie angestrengt er versuchte, ausdruckslos zu wirken. »Grayson nimmt immer noch nicht ab.« Seine Stimme veränderte sich, als er eine Nachricht auf Band sprach. »Grayson, ruf mich an. Es ist dringend.« Die Ampel sprang um, und er fuhr weiter. Obwohl er äußerlich ruhig wirkte, trommelte sein Zeigefinger inzwischen in raschem Tempo aufs Lenkrad. »Wie lange braucht diese verdammte Jury eigentlich, um ein Urteil abzulesen?!«
»Ich bin nicht mit ihr zusammen, Carter«, sagte Clay und sah, wie der Finger abrupt zu trommeln aufhörte. »Nicht dass Sie gefragt haben. Ich dachte nur, dass Sie es vielleicht wissen sollten. Wir sind befreundet, das ist alles.«
Carter atmete tief ein, hielt eine Weile die Luft an und stieß sie dann ebenso bedächtig wieder aus. »Aha.« Er hielt den Blick auf die Straße gerichtet. »Nicht dass ich gefragt habe.«
»Im Augenblick gibt es niemand Besonderen in ihrem Leben. Nicht dass Sie danach gefragt hätten.«
»Nein, hab ich nicht.«
»Aber ich muss Sie warnen …« Clay wartete, bis Carter zu ihm sah, was er schließlich gerade lang genug tat, um Clay zu bestätigen, dass er richtig vermutet hat.
»Warnen, wovor?«, fragte der Agent ruhig.
»Man hat ihr in der Vergangenheit sehr weh getan. Sie ist einer der herzlichsten Menschen, die ich je kennengelernt habe, und wenn jemand ihr noch einmal weh tun würde … nun, dann würde ich nicht darauf warten, dass er mich zuerst angreift.«
Carter nickte ernst. »Verstehe.«
»Gut.« Clay, der seine gute Tat für heute getan hatte, richtete den Blick wieder auf die Straße. Die Last, die einen Moment lang nachgelassen hatte, drückte nun erst recht auf seine Schultern. Er schloss die Augen und stellte sich Phyllis’ Gesicht vor. Malte sich aus, wie er sie bäte, sich zu setzen und sich ihre Augen sofort voller Angst weiten würden. »Sie wissen es immer schon vorher. Polizistenfrauen.«
»Ja, ich weiß. Und ich hasse das, was jetzt kommt. Man redet sich immer ein, man sei ja nur der Überbringer. Man sei nicht derjenige, der ihr Leben in Stücke reißt. Aber es fühlt sich trotzdem so an.«
Clay warf ihm einen Blick zu. »Warum sind Sie dann hier?«
Carter zog eine Braue hoch. »Hätte ich Novak schicken sollen?«
»Guter Punkt. Der Mann ist ein Arschloch. Ohne Ihnen auf die Zehen treten zu wollen.«
»Tun Sie nicht, keine Sorge. Aber er hat einen scharfen Verstand. Und Brodie, die Frau, die das Team von der Spurensicherung leitet, ist einfach die Beste, die man kriegen kann. Sie arbeitet schon seit vielen Jahren fürs FBI.«
»Beständigkeit ist kein Garant für Können.«
»Nein, das ist richtig. Aber ich weiß von mindestens zwanzig Mördern, die wir ohne die von ihr gefundenen Beweise nicht hätten schnappen oder überführen können, und damit meine ich nur die Fälle, mit denen ich befasst war. Falls der Kerl, der Ihren Freund auf dem Gewissen hat, auch nur eine Wimper am Tatort zurückgelassen hat, dann findet sie sie garantiert.«
Es war das Beste, was der Mann hätte sagen können. »Danke.«
»Aber jetzt muss ich Ihnen trotzdem ein paar Fragen stellen. Ich nehme an, dass jemand aus dem Millhouse-Clan Ford entführt hat. Mein Vorgesetzter ist dabei, einen Durchsuchungsbeschluss für Haus und Geschäft der Millhouses zu bekommen,
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