Todeskind: Thriller (German Edition)
hat.« Clay fielen augenblicklich tausend Gefahren ein, und nach dem Ausdruck auf Carters Gesicht zu schließen, ging es ihm genauso. »Aber wieso sollten die Millhouses Ford denn ausgerechnet jetzt entführen? Die Geschworenen haben ihn bereits schuldig gesprochen. Daphne kann daran nichts mehr ändern, selbst wenn sie es wollte.«
»Keine Ahnung«, erwiderte Joseph. »Aber wer an sie rankommen will, muss erst an mir vorbei. Und jetzt festhalten!«
Dienstag, 3. Dezember, 11.00 Uhr
Mitch bog auf den Weg, der zu seinem Haus führte. Mein Haus. Mein Zuhause. Zuhause war es schon immer gewesen. Bis vergangenes Jahr aber nicht seins. Zum ersten Mal gehörte irgendetwas ihm.
Es war ein prächtiges altes Haus. Der Großvater seiner Mutter hatte es im Jahr 1915 auf einem fünfzig Morgen großen Milchviehbetrieb gebaut. Hier hatten immer schon Mitglieder der Douglas-Familie gewohnt. Obwohl Mitchs Name auf dem Papier Roberts lautete, war auch er ein Douglas. Und jetzt gehört das hier mir.
Betty Douglas, die Tante von Mitchs Mutter, war die Letzte, die den Namen getragen hatte. Großtante Betty war hier geboren worden. Seine Mutter, die als Kind ihre Eltern verloren hatte, war ebenfalls hier aufgewachsen, denn Tante Betty hatte ihr ein Zuhause gegeben, bis sie alt genug gewesen war, auf eigenen Füßen zu stehen. Als sie dann plötzlich mit einem Kleinkind zur Witwe wurde, hatte Betty sie erneut in ihrem Haus willkommen geheißen.
Für Mitch war die Farm ein wahres Paradies gewesen. Damals hatte es immer noch ein paar Kühe auf dem Besitz gegeben, altersschwach, ja, aber Mitch hatte sie dennoch gemocht. Doch bis seine Mutter wieder verheiratet und mit Kind und Kegel nach Virginia gezogen war, wo sie zwei weitere Söhne auf die Welt gebracht hatte, war von der Herde nichts mehr übrig gewesen.
Als der zweite Mann seine Mutter betrogen hatte, brachte sie Mitchs jüngsten Bruder Cole wieder hierher. Sie fuhr nach Hause, um ihre Wunden zu lecken und wieder zu sich selbst zu finden.
Mitch war achtzehn gewesen und gerade der US-Army beigetreten. Mitchs anderer Bruder, Mutt, blieb bei seinem Vater. Er wollte seinen Highschool-Freundeskreis nicht aufgeben und hatte darüber hinaus angefangen, sich in die Geschäfte seines Vaters einzuarbeiten. Ihm stand nicht unbedingt der Sinn danach, bei seiner Mutter zu bleiben.
Cole war erst drei gewesen, zu jung also, um seiner Mutter eine Stütze sein zu können.
Und so sprang wieder Tante Betty ein, und Mitch wusste, dass die alte Lady getan hatte, was sie konnte. Aber letztendlich hatte es für seine Mutter keinen Trost geben können. Zwei Jahre später war sie wieder gegangen.
Diesmal für immer. Sie hatte sich das Leben genommen. Das war nun acht Jahre her. Noch immer wurde Mitch die Brust so verdammt eng, wenn er daran dachte …
Er rang nach Luft, bis er wieder normal atmen konnte.
Viel Zeit war vergangen, und seine Trauer war inzwischen etwas stumpfer geworden. Damals hatte er Cole bei Tante Betty gelassen und einfach weitergemacht, bis es nicht mehr ging. Dann hatte er den Jungen zu sich geholt und wieder einfach weitergemacht.
Aber Mitch hatte ein paar Fehler begangen. Darunter einige üble, für die er bezahlt hatte. Bitterlich. Und als es ganz schlimm kam, war er in die Fußstapfen seiner Mutter getreten und hatte Cole hierher zurückgebracht. Ich bin nach Hause gegangen.
Natürlich hatte sich einiges verändert. Der Besitz war im Laufe der Jahre immer weiter geschrumpft, da Tante Betty Stück für Stück verkauft hatte, um ihre Rechnungen zu bezahlen, doch noch immer war das Haus von fünf Morgen Grundstück umgeben. Viel Platz, viel Privatsphäre.
Nachdem er sich den größten Teil seiner Armeezeit im Irak mit vierzig Kerlen ein Zelt geteilt hatte, wusste Mitch Privatsphäre wahrlich zu schätzen. Und nachdem er dann auch noch drei Jahre mit einem anderen verurteilten Drogendealer in einer zwei mal zweieinhalb Meter großen Zelle verbracht hatte, gab es kaum etwas, wonach er sich mehr sehnte.
Betty hatte das verstanden, weswegen sie das alte Haus Mitch allein vererbt hatte. Nicht ihren drei Großneffen, die es sich hätten teilen müssen, nicht Mutt, nicht Cole, sondern nur mir. Mir allein.
Er manövrierte den Van in die Garage neben seinen alten Jeep und stellte den Motor ab. Dann stieg er aus und reckte, das Gesicht zu einer Grimasse verzogen, den Hals. Er war noch nicht einmal dreißig – zu jung, um sich schon so verdammt alt zu fühlen.
Aber Rache hatte
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