Todeskind: Thriller (German Edition)
von Antonovs Handlangern zurückgetrieben worden.
Sein Stiefvater war vor die Wahl gestellt worden: Entweder er arbeitete für den Russen, oder man würde sein Unternehmen einfach schlucken. Er hatte sich für Ersteres entschieden und nahm nun Schiffsladungen von Gewehren an, die aus der Ukraine im Hafen von Baltimore ankamen, dann transportierte er sie weiter in Richtung Süden, wo sie wahrscheinlich ans mexikanische Kartell geliefert wurden.
Mutt organisierte die Fahrten und hatte seinem »armen, großen Bruder« Mitch eine Route angeboten. Für Mutt zu fahren, bot Mitch eine weit praktischere Möglichkeit, seinen Stiefvater zu vernichten, als ihn nur wegen Drogenvertriebs ans Messer zu liefern. Mitch nahm sich seit Monaten Waffen aus den Lieferungen und hackte sich anschließend jedes Mal in Mutts Computer ein. Dort passte er die Rechnungen den tatsächlichen Auslieferungen an und fälschte in den Dokumenten gekonnt die Unterschrift seines Stiefvaters.
Weil Mutt ihn für beschränkt hielt, verdächtigte er ihn nie, kein einziges Mal. Und weil Mutts Daddy keine Ahnung hatte, dass Mitch für ihn fuhr, hatte er sich bisher auch nie Sorgen über eine Entdeckung von dieser Seite machen müssen. Es war ein perfektes Arrangement.
Die Gewehre würden bald von der Polizei entdeckt werden – wie es Mitchs Plan entsprach. Sie würden die AK47 sehen und natürlich sofort an Russen denken, denn auch sie waren nicht dumm. Sobald die Russen von den Ermittlungen Wind bekamen, würden sie in Deckung gehen und den Bestand überprüfen. Sie würden die Bücher seines Stiefvaters unter die Lupe nehmen und natürlich auf die Diskrepanzen stoßen. Antonov musste zwingend davon ausgehen, dass Mitchs Stiefvater ein Dieb war.
Wie Mitch im Knast erfahren hatte, gingen die Russen mit Dieben nicht besonders nett um. Wenn sie seinen Stiefvater nicht umbrachten, würde er sich bald wünschen, dass sie es getan hätten.
Mutt klappte sein Laptop zu und blickte mit einem Leuchten in den Augen auf. »Ich denke, ich gehe mal in den Kartoffelkeller und schaue nach, über wie viel Geld wir überhaupt reden.«
Mitch lächelte ihn nur an. Mutt würde auf das viele schöne Geld derart fixiert sein, dass er auf nichts anderes – wie zum Beispiel Pamela MacGregor – achten würde. »Dank dir für deine Hilfe.«
Mutt grinste. »Wozu sind Brüder denn da?«
Frag mich das in einer Woche noch mal. Dann habe ich eine richtig gute Antwort für dich.
Dienstag, 3. Dezember, 11.10 Uhr
Der kalte Wind tat gut. Daphne atmete die frische Luft ein und blickte über die Menge hinweg. Alle Reporter waren vor dem Gerichtsgebäude versammelt. Ein paar Meter zu ihrer Linken standen die Detectives Mazzetti und Fitzpatrick mit einem halben Dutzend Deputys und ließen wachsame Blicke über die Menge schweifen. Nach den Ereignissen im Gericht wollte die Polizei ganz offensichtlich kein Risiko mehr eingehen, und dafür war Daphne dankbar.
Dennoch lag eine Spannung in der Luft, eine dumpfe Vorahnung, die ihr eine Gänsehaut erzeugte, aber sie musste sie im Augenblick ignorieren.
»Meine Damen und Herren, wie Sie vermutlich alle schon gehört haben, hat das Schwurgericht heute Morgen Mr. Millhouse für schuldig befunden. Wir sind ausgesprochen zufrieden mit dem Ergebnis und hoffen, dass damit eine deutliche Aussage getroffen wurde. Der Tod Unschuldiger bleibt nicht ungesühnt, und wir werden immer darum kämpfen, dass jene, die sich über das Gesetz erheben wollen, zur Verantwortung gezogen werden.« Sie rang sich ein Lächeln ab. »Es war ein sehr anstrengender Morgen. Wenn Sie uns also bitte entschuldigen …«
»Miss Montgomery.« Es war Phin Radcliffe, Alphatier der Reportermeute. »Ist es wahr, dass die Mutter des Angeklagten Reggie Millhouse ein Messer zugesteckt hat?«
Irgendwie gelang es Radcliffe immer, an vorderster Front zu stehen – jedes Mal. Er hat bestimmt einen Pakt mit dem Teufel geschlossen, dachte Daphne missmutig. Aber er half ihrem Frauencenter, indem er darüber berichtete und die Werbetrommel für ihre Wohltätigkeitsveranstaltungen rührte, daher unterdrückte sie ihre Abneigung.
»Es war ein Messer im Spiel, aber wer es wem gegeben hat, kann ich Ihnen nicht sagen. Die Polizei hat rasch reagiert, konnte jedoch nicht verhindern, dass es Verletzte gegeben hat.« Sie wusste, dass die Medien die Rettungssanitäter gefilmt hatten, als sie das Gerichtsgebäude betreten und wieder verlassen hatten. »Ich danke Ihnen für Ihre
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