Todeskind: Thriller (German Edition)
aufhielten. Dort ließ sich verdammt großes Geld machen, und Mitch hatte großes Geld gebraucht.
Sein ursprünglicher Plan war es gewesen, seinem Stiefvater eine Falle zu stellen, so dass er für dasselbe Verbrechen geschnappt werden würde, für das Mitch mit drei Jahren seines Lebens bezahlt hatte: Drogenbesitz mit Handelsabsicht. Er hatte vorgehabt, so viel Geld wie möglich zu scheffeln, um damit so viel Heroin wie möglich zu kaufen, das er dann bei seinem Stiefvater deponieren wollte. Ein anonymer Tipp, und man hätte die Villa seines Stiefvaters durchsucht, alle Bücher beschlagnahmt – die echten wie die frisierten – und sein Imperium gestürzt. Schlicht, aber elegant.
Er hatte so lange für den Onkel eines ehemaligen Zellengenossen gearbeitet, bis die Polizei mit ihren Durchsuchungen anfing und die korrupten Ärzte einkassierte. Mitch hatte Geld von ganz oben abgeschöpft – es kursierte so viel Kohle, dass es niemandem auffiel. Innerhalb von zwei Jahren hatte er enorme Summen zusammen, die er in Plastik einschweißte und säuberlich in Kunststoffwannen in seiner Garage in Miami schichtete. Als es mit den Razzien losging, mietete er sich einen Hänger, lud das Geld auf, verfrachtete einen protestierenden Cole in die Kabine des Trucks und gab Gas. Sein Ziel war Tante Bettys Haus gewesen. Er hatte nach Hause gewollt.
Nur um festzustellen, dass sich im Unternehmen seines Stiefvaters einiges geändert hatte. Es waren nicht mehr Drogen, mit denen das meiste Geld gescheffelt wurde. Zu Mitchs Entzücken hatte sein Stiefvater sich auf etwas viel Besseres eingelassen: Waffenschieberei! Höchst lukrativ, überaus gefährlich. Und nahezu perfekt für das, was Mitch im Sinn hatte. Außerdem musste er nun nichts mehr von dem Geld opfern, das er inzwischen im Kartoffelkeller gelagert hatte. Geld, von dem Mutt allerdings nun wusste.
Zumindest von einem Teil davon. Mutt hatte nicht alles entdeckt – nicht einmal annähernd.
»Es ist ja nicht so, dass ich mit den Bottichen voll Geld zur Bank marschieren kann«, murrte Mitch. »Ich zahle nach und nach ein und bleibe dabei immer unter dem Radar.«
Mutt blinzelte. »Du zahlst immer zehntausend auf einmal ein?«
»Na ja, das ist doch die magische Zahl, oder nicht? Wenn man drüberliegt, müssen die Banken es dem Finanzamt melden.«
Mutt verschlug es beinahe die Sprache. »Ja, klar, das ist die Hausnummer, wenn man legal bleiben will, aber … Mein Gott. Zehntausend auf einmal – bei derselben Bank? Ohne Unternehmensgrundlage, ohne Gewinn-und-Verlust-Rechnung? Mitch, das ist …« Saudumm, wollte sein Bruder eindeutig sagen. »Unfassbar ineffizient«, sagte er stattdessen. »Ich kann dir helfen, so dass das Geld kein Misstrauen erweckt und für dich arbeitet, anstatt im Kartoffelkeller zu keimen.«
Weil du so ein gutes Herz hast, Brüderchen?, dachte Mitch. »Für wie viel?«
Mutt zuckte mit den Achseln. »Ein Drittel von dem, was ich verarbeite.«
Du mieser kleiner Dreckskerl. Ein Drittel? Ein Zehntel wäre schon knallharte Wegelagerei. Aber Mitch lächelte. »Das klingt ganz fair.« Er würde Mitch den Papierkram erledigen lassen und bei nächster Gelegenheit die Konten selbst übernehmen. Wenn Mutt gerade nicht hinsah, würde er sich in dessen Buchhaltungssoftware einloggen und den ganzen Kram zurücküberweisen. Als wäre nie was passiert.
Das Wissen, dass sein Bruder alle Passwörter in einer Datei auf dem iPhone speicherte, war sehr nützlich. Noch nützlicher war natürlich der Code für das iPhone selbst, und den hatte Mitch auf ganz altmodische, unraffinierte Art herausbekommen: Er hatte Mutt betrunken gemacht und ihm über die Schulter geblickt, als er den Code auf dem Sperrbildschirm eingegeben hatte.
Sich sein Geld zurückzuholen stellte also kein Problem dar, und die Gelegenheit würde sich sogar früher als später ergeben. In wenigen Tagen würden Mutt und sein Daddy nämlich bösen Ärger mit ein paar Leuten bekommen, die viel gefährlicher als Cops und FBI zusammen waren.
Während Mitch im Gefängnis gesessen hatte, war sein Stiefvater eine geschäftliche Beziehung mit einem Russen namens Fjodor Antonov eingegangen. Antonov war Kopf einer der osteuropäischen Clans, die an der Ostküste recht schnell Fuß fassten.
Mutts alter Herr hatte sein Drogenimperium ausgedehnt, doch ein unabhängig Agierender konnte dies nur bis zu einem gewissen Grad tun, bevor er einem der ganz Großen in die Quere kam. Er hatte sich zu weit vorgewagt und war
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