Todeskleid: Thriller (German Edition)
angeschossen worden. Weil ich den Cops nicht sofort gesagt habe, was ich wusste, ist Skinner fast draufgegangen. Als ich Morton an deiner Tür hörte, war mir klar, dass es Ärger geben würde. Sie mag mich nicht besonders.«
»Das ist mir auch aufgefallen«, bemerkte Paige trocken. »Trotzdem muss ich irgendwem sagen, was ich weiß, wenn ich nicht auch einen Skinner auf dem Gewissen haben will. Aber nicht unbedingt Morton. Die Frau macht mir eine Heidenangst.«
Er begegnete ihrem Blick. »Mir auch.«
Paige seufzte. »Also stimmte Ramons Alibi. Er kann den Mord vor sechs Jahren im Gärtnerschuppen unmöglich begangen haben, auch wenn die Mordwaffe, in eine Schürze eingewickelt, in seinem Schlafzimmerschrank gefunden wurde – in einem von Elenas Stiefeln. Also hat man falsche Beweise plaziert. Vielleicht die Cops selbst. Gott, das klingt ja total nach Verschwörungstheorie.«
»Könnte trotzdem sein«, sagte Clay. »Dass die Polizei dahintersteckt, meine ich.«
Sie warf ihm einen skeptischen Blick zu. »Und eines Tages wirst du mir das alles erzählen?«
»Wohl eher nicht«, murmelte er. »Zählt nicht gerade zu meinen Lieblingserinnerungen.«
»Warst du etwa der Beamte, der …« Paige sprach den Gedanken nicht zu Ende und sah erleichtert, wie er den Kopf schüttelte.
»Nein. Ich wollte etwas dagegen unternehmen, aber die Sache war zu groß.«
»Also hast du den Dienst quittiert.«
»Ja. Wenn tatsächlich Polizisten die Hand im Spiel haben, Paige, dann ist uns das Ganze jetzt schon über den Kopf gewachsen.«
»Na ja, wenn sie heute Morgen hinter Elena her waren, stecken sie sicher irgendwie mit drin. Und dann kommt auch noch Morton hierher, die damals den Mord an Crystal Jones untersucht hat, und reißt den Fall wieder an sich. Ist doch irgendwie komisch. Ich weiß nicht, an wen ich mich wenden soll.«
»Ich könnte die Beamtin anrufen, die ich vorhin erwähnt habe. Ich denke, wir können ihr vertrauen.«
»Woher kennst du sie?«
»Sie war mit dem Mord an Nicki betraut.«
»Also arbeitet sie ebenfalls mit Morton zusammen. Ich habe Elena versprochen, nicht mit der Polizei zu reden, Clay. Nenn mich abergläubisch, aber es gefällt mir nicht, das Versprechen, das ich einer Sterbenden gegeben habe, zu brechen.« Paige rieb sich die schmerzende Stirn. »Aber an wen soll ich mich dann wenden?«
»Wie wäre es mit einem Verteidiger?«
»Elena hat Kontakt mit einer dieser Organisationen aufgenommen, die zu Unrecht verurteilte Gefangene unterstützen, doch da hat man ihr mitgeteilt, sie hätten so viel zu tun, dass es gut zehn Jahre dauern könne, bis Ramons Fall an der Reihe sei. Außerdem würde sie neue Beweise brauchen. Das habe ich ihr übrigens auch gesagt.«
»Gib nicht dir die Schuld, Paige. Außerdem hast du nun den Beweis. Ein Anwalt muss dich anhören. Und vielleicht lässt die Organisation ihn jetzt auch nicht mehr zehn Jahre warten.«
»Aber schon zehn Minuten sind für Ramon zu lang.« Peabody legte seinen Kopf auf Paiges Bein, und sie kraulte geistesabwesend seine Ohren. »Wer käme sonst noch in Frage?«
»Vielleicht die Staatsanwaltschaft?«
»Staatsanwalt Grayson Smith.« Paige dachte wieder an die Protokolle der Verhandlung, die sie in den vergangenen Wochen so genau und so oft durchgegangen war. »Er hat eine saubere Verhandlung geführt. Wie aus dem Lehrbuch.«
»Deutet irgendetwas darauf hin, dass er korrupt sein könnte?«
»Meines Wissens nicht. Er hat nur die Beweise zugelassen, die Morton und ihr ehemaliger Partner zusammengetragen hatten. Maria hat mir erzählt, er habe versucht, Ramon zu einem Deal zu überreden, aber Ramon hat abgelehnt. Im Gerichtssaal war er knallhart Ramon gegenüber, aber freundlich und respektvoll zu Maria. Sogar mitfühlend. Elena und Maria hätten ihn gerne gehasst, aber er hat ihnen keinen Grund dazu gegeben. Elena hatte sogar überlegt, ob sie nicht zu ihm gehen und ihn um Hilfe bitten sollte. Vielleicht sollte ich ihn tatsächlich ins Vertrauen ziehen.«
Sie drehte sich auf dem Schreibtischstuhl herum und klappte ihr normales Laptop auf.
»Was machst du jetzt?«
»Mir meine Unterlagen zu Grayson Smith ansehen.«
Das neueste Foto, das sie von ihm gefunden hatte, war im vergangenen Winter auf der Treppe zum Gericht aufgenommen worden. Er war ein gutaussehender Mann, groß, schlank und durchtrainiert. Sein zweireihiger Wollmantel schmiegte sich an seine breiten Schultern, als sei er maßgeschneidert. Er hatte dunkle Haare und eine leicht
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