Todeskleid: Thriller (German Edition)
und Lisa steckte den Kopf herein. »Essen?«
Grayson stand abrupt auf. Er nahm Lisa das Tablett ab und stellte es auf den Tisch. Dann blickte er in den Flur, und seine Lippen verzogen sich zu einem liebevollen Lächeln. »Holly«, sagte er. »Du bist ja auch da!«
Hinter Lisa tauchte eine junge Frau auf, die einen Wagen mit Servierplatten schob. Sie war kleiner als die ohnehin schon zarte Lisa, aber ihr Haar hatte denselben satten Mahagoniton. Schwestern, dachte Paige.
Als das Mädchen zu Grayson aufblickte, erschien ein Lächeln auf ihrem Gesicht, das fast noch strahlender war als das von Grayson. Sie war ungefähr Mitte zwanzig und hatte das Down-Syndrom.
»Natürlich, Dummerchen«, sagte sie, als er seine Arme um sie schlang. »Ich arbeite doch hier.« Sie drückte ihn fest. »Du warst schon lange nicht mehr zu Besuch. Warum denn nicht?«
»Ich musste arbeiten, Liebes«, sagte er und hob mit dem Finger ihr Kinn. »Genau wie du.«
»Aber ich habe gerade eine Gehaltserhöhung bekommen.« Plötzlich wurden ihre Augen größer. »O mein Gott. Das ist ja die Frau aus dem Fernsehen!« Sie machte sich von Grayson los und spähte unter den Tisch. »Und ihr Hund.«
Grayson fasste sie am Arm, bevor sie auf Peabody zustürzen konnte. »Einen Augenblick, Liebes. Paige, Clay, das ist meine Schwester Holly. Das sind Paige und ihr Freund Clay. Und das unterm Tisch ist Peabody.« Er sah Paige an. »Ist Peabody gefährlich?«
Paige lächelte Holly an. »Nein. Du weißt ja, dass du ihm die Hand zum Schnuppern hinhalten musst?«
Holly nickte und näherte sich mit ausgestreckter Hand. »Der ist aber hübsch.«
»Danke.« Paige murmelte einen Befehl, und der Hund legte sich Holly zu Füßen. »Er liebt es, hinter den Ohren gekrault zu werden.«
»Haben Sie ihn selbst ausgebildet?«, fragte Holly und lachte, als Peabody sich auf den Rücken rollte, um ihr seinen Bauch hinzuhalten.
»Eine Freundin von mir hat mir dabei geholfen. Sie macht das beruflich. Wenn sie keine Zeit hatte, habe ich die Hunde manchmal gefüttert. Sie hat mir Peabody geschenkt.«
»Zum Geburtstag?«
»Nein. Sondern weil … weil eine andere Freundin von mir gestorben ist und ich traurig und einsam war. Und Angst hatte. Peabody gibt mir ein Gefühl der Sicherheit.«
»Oh, das tut mir leid.« Hollys Mundwinkel zogen sich traurig herab. »Ich habe meinen Freund auch verloren.«
»Wann denn?«, fragte Paige.
»Letzten Monat. Er hatte ein schwaches Herz und ist gestorben.«
Grayson und Lisa sahen einander bedrückt an.
»Es tut mir so leid, Holly«, sagte Paige. »Wie hieß dein Freund?«
»Johnny. Er war so alt wie ich. Und wie hieß Ihre Freundin?«
»Thea. Sie fehlt mir.«
»Ja. Mir fehlt mein Freund auch.« Sie verstummte und schürzte die Lippen. »Ich habe Sie heute im Fernsehen gesehen.«
Paige verzog das Gesicht. »Tut mir leid, dass du mit ansehen musstest, wie die Frau gestorben ist.«
»Das habe ich gar nicht. Ich habe vorher ausgemacht.«
»Das war sehr klug von dir.«
»Ich bin ja auch clever. Ich hab ’nen Job.«
»Für den du gerade eine Gehaltserhöhung bekommen hast. Herzlichen Glückwunsch.«
»Danke.« Holly nickte. »Ich hab Sie springen sehen. Das war echt toll.«
»Ich hatte große Angst«, gab Paige zu. »So weit bin ich vorher noch nie gesprungen.«
»Die Frau im Fernsehen hat gesagt, Sie machen Karate.«
»Das stimmt.« In Hollys Augen las Paige die Frage, die man ihr schon so oft gestellt hatte. »Du überlegst, ob du auch Karate machen könntest.«
Holly zuckte die Achseln. »Oh, das könnte ich nicht. Ich hab es nicht so mit der Ko… Koordination.«
»Hast du denn ein Herzproblem?«, fragte Paige.
»Nein«, sagte Holly. »Früher schon, aber dann bin ich operiert worden. Jetzt habe ich eine große Narbe, aber mir geht’s gut.«
»Wenn der Arzt einverstanden ist, dann kann ich es dir zeigen.«
Hollys Augen leuchteten auf. »Ehrlich?«
Grayson und Lisa warfen einander einen besorgten Blick zu, dann schüttelte Grayson heftig den Kopf.
Paige ignorierte ihn. »Bevor ich gehe«, sagte sie, an Holly gewandt, »gebe ich dir meine Telefonnummer, dann kannst du mich anrufen, wenn du Lust dazu hast.«
»Dazu habe ich Lust«, sagte Holly und warf Grayson einen trotzigen Blick zu. »Kann ich dann auch so springen?«
»Nein«, erklärte Lisa bestimmt. »Kannst du nicht.«
Paige lächelte Holly aufmunternd an. »Nicht so wie ich heute Morgen. Das werde ich wohl selbst kein zweites Mal schaffen, und hoffentlich
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