Todesküsse
Ende und der Beginn.«
»Dann lebt die Sphinx?«
»Sie ist nicht getötet worden. Sie holte sich ein Opfer, eine Frau, schön und dunkelhaarig. Es muß die Frau sein, die auch heute noch lebt.«
»Weißt du, wo sich die Person befindet?«
»Nein!« Kara stieß das Wort gequält aus. »Ich sah ein Haus, aber mehr einen Schatten, einen Tempel. Dahinter vielleicht Berge oder Nebelbänke. So genau war es nicht zu erkennen. Dann verlosch das Bild.«
»Und wie willst du die Frau finden?«
»Ich brauche Hilfe.«
»John?«
»Ja, wir müssen uns mit ihm oder Suko in Verbindung setzen. Anders geht es nicht.«
»Ich bin dafür«, erklärte der kleine Magier. »Wenn sie jetzt einen Namen besitzt, eine Identität, dann muß herauszufinden sein, wo sie sich aufhält.«
»Ja, und das sehr schnell, bevor noch mehr Menschen ihr Leben verlieren…«
***
Es war eine Szene, die mich schockte, weil ich mit ihr einfach nicht gerechnet hatte.
Okay, ich kannte Rowena de Largo als Frau, als hübsche Person, wenn auch mit einem tödlichen Charakter versehen, aber jetzt sprang sie mich als Untier an. Das war ungeheuerlich!
Sie war eingehüllt in einen Wirbel aus Scherben, und auch mir sprühte dieser gläserne Regen entgegen, so daß ich beide Arme zur Abwehr hochriß, dennoch erwischt wurde, und zwar von den Splittern der Scheibe und der Sphinx.
Was mich zuerst traf, sah ich nicht, die hochgerissenen Arme verdeckten mein Blickfeld. Jedenfalls bekam ich einen heftigen Schlag ab, der mich zu Boden schmetterte.
Die Wand hielt mich auf. Meine Schulter brannte, ich wollte zur Waffe greifen, als ein gewaltiger Schatten mein Blickfeld versperrte. Diesmal waren es nicht meine eigenen Arme, dafür die Sphinx, die wie ein Klotz aus Eisen auf mir hockte und ihre gewaltige Pranke so vorgestreckt hatte, daß die scharfen Krallen meinen Hals berührten. Wenn ich mich jetzt bewegte, hatte ich verloren. Deshalb blieb ich steif wie ein Brett liegen und kontrollierte meinen Atem. Nur durch die Nase holte ich Luft und atmete auch durch sie aus.
Der Druck auf meinen Körper war enorm. Etwas pochte in meinen Ohren wie ein dumpfes Echo. Es dauerte einige Sekunden, bevor ich herausfand, daß es sich um meinen Herzschlag handelte. Die Sphinx gab keinen Laut von sich. Auch ihren Atem spürte ich. Er streifte als von der Höhe kommender Hauch mein Gesicht. Vielleicht zitterten die Flanken des braungelben Löwenkörpers noch ein wenig, das war auch alles.
Ich hörte Schritte. Noch befanden sich die Dienerinnen der Sphinx außerhalb der Loge, wenige Sekunden später hatte sich dies geändert. Da zerknirschten unter ihren Sohlen die Glassplitter, bis sie stehenblieben.
Ich befand mich voll und ganz in der Gewalt der Sphinx. Ihre Pranke war mit scharfen Krallen bestückt. Sie brauchte diese nur zu krümmen und zuzudrücken, dann hätte es mich gegeben.
Das tat sie nicht!
Ich hatte noch nie zuvor eine sprechende Sphinx erlebt, jetzt war es das erstemal.
Sie öffnete ihren normalen Mund und sprach mich an. Flüsternde, harte Worte, schwer verständlich, und ich mußte mich erst an sie gewöhnen.
»Die Jagd hat ein Ende, Sinclair, du befindest dich in meiner Gewalt.«
Wenn sie sprach, bewegte sich ihr Gesicht mit, als wäre es nur von einer hauchdünnen Haut überzogen worden.
»Aber das ist nicht alles«, erklärte sie weiter. »Ich könnte dich sofort töten oder dich bei lebendigem Leibe verschlingen, denn du kennst die Geschichte der griechischen Sphinx, doch ich habe etwas anderes vor. Ich werde dich mitnehmen und getreu dem Mythos vorgehen. Vielleicht stelle ich dir ein Rätsel, vielleicht lasse ich dich küssen, ich weiß es noch nicht, aber die Kraft der alten Sphinx, die in mir wohnt, ist auch übergegangen in meine Dienerinnen, die mir getreu zur Seite stehen. Mein Körper auf ihren Lippen macht sie zu den Abhängigen der Sphinx. Und sie sind es gern, John Sinclair…«
Ich hatte ihre Worte zwar gut verstanden, leider nicht alles begriffen. Jedenfalls war mir eines klar. Mit meinen Waffen, auch mit dem Kreuz, konnte ich gegen sie nicht ankommen.
Sie entstammte einer uralten Zeit, war wiedergeboren oder wiedererstanden, um die Kräfte zu nutzen, die man ihr auf dem Kontinent Atlantis mitgegeben hatte.
Allmählich wurde der Druck auf meiner Brust zu stark. Ich hatte den Eindruck, ersticken zu müssen.
Dennoch war es mir möglich, noch eine Frage zu stellen. »Wohin bringst du mich?« keuchte ich.
Die Antwort war klar, ließ dennoch viele
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