Todesküsse
stehen und schaute sich um.
Anderson und der Wachmann waren vor der Tür stehengeblieben. »Der Kampf ist bestimmt nicht ohne Geräusche abgelaufen«, sagte der Inspektor. »Hat keiner von Ihnen etwas gehört?«
»Nein, Inspektor.« Beide Männer schüttelten die Köpfe.
»Ich war noch nicht da!« erklärte cier Uniformierte.
»Und andere Zeugen gab es auch nicht?«
»Man hat uns nichts zugetragen«, wurde ihm erklärt.
Suko schüttelte den Kopf. »Das verstehe ich nicht. Tut mir leid. Diese Entführung meines Kollegen ging nicht lautlos über die Bühne.«
»Ich habe auch keine Erklärung.« Anderson gab sich geknickt. Er war noch bleicher geworden. »Die Direktion wird sich auch ihre Gedanken machen.«
Das kümmerte Suko nicht. Er hatte andere Probleme. John Sinclair gehörte zu den Menschen, die sich auch wehren konnten. Wenn er überwältigt worden war, dann sicherlich nicht von einem oder zwei Gegnern, da hatten ihn bestimmt mehrere in eine Falle gelockt. Und es war zu einem Kampf gekommen. Die Scherben lagen in der Loge. Also mußte sie von außen aufgebrochen worden sein. Jemand war hindurchgestoßen, hatte sie zerstört, und Suko, der im Schein seiner Lampe den Boden absuchte, entdeckte auch Trittspuren, die auf die Anwesenheit mehrerer Personen hindeuteten. Einen Hinweis darauf, wohin sein Freund entführt worden war, bekam er nicht geliefert. Suko räusperte sich und drehte sich Anderson zu. Dieser stand da wie ein begossener Pudel. Hin und wieder bedachte er den Wachmann mit finsteren Blicken, als trüge dieser die Schuld an dem Chaos.
»Ja!« erklärte der Inspektor und nickte sich selbst zu. »Ich glaube nicht, daß ich mich hier noch länger aufhalten muß.«
»Was sage ich denn der Direktion?« fragte Anderson händeringend.
»Die Wahrheit.«
»Wir haben keine Beweise.«
»Mein Lieber.« Suko legte dem Mann eine Hand auf die Schulter. »Sollte man Ihnen Schwierigkeiten machen, sagen Sie den Herrschaften, daß sie sich selbst umschauen sollen.«
»Sie haben gut reden.«
Suko deutete auf John Sinclairs Revolver. »Ich werde dafür Sorge tragen, daß man den Wagen abholt. Mein Kollege ist mit ihm hergekommen.«
»Meinetwegen.«
Suko verabschiedete sich von den Männern und hörte noch, wie Anderson sich an den Uniformierten wandte und sich nicht davon abbringen ließ, ihm eine Teilschuld zu geben.
Suko rief vom Wagen aus im Büro an und bekam Glenda Perkins an die Strippe.
»Hast du John…?«
»Nein, habe ich nicht.«
Am Klang der Stimme erkannte Glenda, daß etwas passiert sein mußte. Er hörte ihr scharfes Atmen. »Hat man ihn in eine Falle gelockt?«
»Darauf läuft es hinaus.«
Glenda war für einen Moment still. »Und jetzt?«
»Es gibt keine Zeugen. Ich weiß also nicht, wo ich den Hebel ansetzen soll.«
»Diese Frau, die Lippenstifte verkauft…«
»Ja, Rowena de Largo. Sie ist natürlich verschwunden.«
»Wo wohnt sie?«
»Verdammt, das habe ich vergessen zu fragen. Bleib mal dran. Ich bin gleich wieder zurück.« Suko stieg aus und lief auf Anderson zu, der fragte: »Ist Ihnen noch etwas eingefallen?«
»Ja, ich brauche die Anschrift dieser Miß de Largo.«
»Ach so, ja.« Anderson kramte in den Taschen herum und förderte eine gelbe Karteikarte zu Tage. »Sie wohnt in einem kleinen Hotel. Das Lipton Hotel in der…«
Suko winkte ab. »Ich kenne es, Mr. Anderson. Das heißt, ich weiß, wo ich es finde.«
»Fahren Sie dorthin?«
»Es wird mir nichts anderes übrigbleiben.«
Anderson zog seinen Handteller über den fahlen Scheitel. »Ich will Ihnen ja keine Vorschriften machen, Inspektor, aber ich glaube nicht, daß Sie etwas erreichen. Miß de Largo ist eine integere Person. Sie kann unmöglich etwas mit dem Verschwinden ihres Kollegen zu tun gehabt haben. Nein, da sind Sie auf dem Holzweg.«
»Das Wort unmöglich habe ich aus meinem Sprachschatz gestrichen«, erklärte Suko. »Vielen Dank für die Information.« Er setzte sich wieder in den Wagen und nahm den Hörer vom Sitz. »Bist du noch daran, Glenda?«
»Natürlich.«
»Ich habe herausgefunden, daß Miß de Largo im Lipton Hotel abgestiegen ist.«
»Kenne ich nicht.«
»Aber ich. Es liegt in Soho. Das Hotel ist ein kleines Haus. Dort steigen meist Insider, Geschäftsleute, ab.«
»Es steht nicht auf unserer Schwarzen Liste?«
»Nicht, soviel ich weiß. Ich werde mir das Haus ansehen.«
»Gut, ich bleibe noch.«
»Dann melde ich mich später wieder.« Suko hängte ein und startete. Als er die Rampe
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