Todesküsse
hochfuhr, war ihm nicht wohl. Das Verschwinden seines Freundes hatte einfach zu viele Rätsel hinterlassen. Er kam auch nicht mit diesen verfluchten Lippenstiften zurecht. Sollte bei der Herstellung tatsächlich der versunkene Kontinent Atlantis eine Rolle gespielt haben?
Soho war mal wieder dicht. Im Schrittempo schob sich der Rover vor. Zwar herrschte kein Frühsommer, jedoch waren die Temperaturen mild genug, um zahlreiche Menschen aus ihren Häusern auf die Straße zu locken. Die Lokale waren gut besucht, bei vielen standen die Türen offen, so daß die oft laute Musik bis auf die Gehsteige drang und als Echo von den Hauswänden abprallte.
Das Lipton Hotel lag in einer schmalen Straße, die von einem kleinen baumbestandenen Rondell abzweigte. Das Gebäude war nicht sehr breit. Über dem Eingang befand sich ein alter Baldachin. Darüber leuchtete der Name des Hotels.
Parkplätze gehörten ebenfalls zum Hotel. Der Wegweiser führte Suko in den Hof, wo er neben einer Wand noch eine freie Parknische entdeckte. Er rangierte den Rover hinein und schaute nach dem Aussteigen an der Rückfront hoch.
Die Zimmer lagen dicht nebeneinander und besaßen die gleiche Fenstergröße. Wie uniformiert kamen sie Suko vor. Hinter etwa einem Drittel der Scheiben brannte Licht.
Suko verließ den Hinterhof, lief unter dem Baldachin her und betrat das Hotel durch eine altertümliche Drehtür. Im Foyer herrschte eine schummrige Beleuchtung.
Keine Bordell-Atmosphäre, aber doch anders als in den normalen Hotels. Der Gast kam sich zurückversetzt vor in die fünfziger Jahre. Alles war ein bißchen verstaubt und roch nach Renovierung. Im Hintergrund, neben der nach oben führenden Treppe und der Fahrstuhltür verteilten sich zwei Sitzgruppen. In einem Sessel hockte ein dicker Mann und lutschte an einer Zigarre. Er trug nur Hemd und Hose. Die Hose wurde von breiten Trägern gehalten.
»Gehören Sie zum Hotel?« fragte Suko.
»Nein, ich bin Gast.«
»Und wo ist…?«
Der Dicke hatte seine Zigarre aus dem Mund genommen und zwischen zwei Finger geklemmt. »Läuten Sie mal, dann kommt jemand.«
»Danke.«
Suko entdeckte tatsächlich noch die Klingel, wie man sie auch früher gehabt hatte. Zweimal schlug er darauf. Der hohe Ton schwang durch die Halle und erreichte ein Ohr, denn eine junge Frau erschien aus einer Seitentür. Sie trug ein dunkelrotes Hängerkleid. Ihr schwarzes Haar hatte sie zu kleinen Zöpfen geflochten.
Suko schaute automatisch auf die Lippen. Sie waren sehr blaß, fast farblose »Sie möchten ein Zimmer, Sir?«
»Nein, es geht mir um einen Ihrer Gäste, eine Bekannte von mir. Miß Rowena de Largo. Sie wohnt doch hier — oder?«
Suko hatte die Frau bei seiner Frage starr angesehen, so daß diese nicht anders konnte, als die Wahrheit zu sagen.
»Ja, sie wohnt hier.«
»Kann ich sie sprechen?«
»Das glaube ich nicht. Sie wird nicht da sein.«
»Wissen Sie das genau?«
»Nein, nicht, aber sie geht immer…«
»Könnten Sie so freundlich sein und einmal bei ihr durchklingeln lassen?«
»Ich weiß nicht, ob es ihr recht ist. Wen darf ich denn melden?«
»Versuchen Sie es zunächst einmal.«
Die Frau hob die Schultern. Sie nahm den Telefonhörer ab und tippte zwei Zahlen.
Suko rechnete nicht damit, daß sich jemand melden würde. Er war überrascht, als er die Stimme vernahm.
»Miß de Largo, hier ist ein Herr, der Sie unbedingt sprechen rfiöchte. Ein Asiate und…«
»Schicken Sie ihn hoch!«
»Gut, wenn Sie das sagen, Miß de Largo.« Die Frau legte auf, wollte Suko alles erklären, der aber hatte mitgehört.
»Wohin muß ich?«
»In den zweiten Stock. Zimmer siebzehn.«
»Danke.«
Suko hatte lange genug im Wagen gesessen. Er verzichtete auf den Lift und lief die Strecke zu Fuß. Das Treppenhaus war nicht nur eng, auch ziemlich düster. Topfpflanzen staubten vor sich hin und ließen träge ihre Blätter hängen. Die Lampen an der Ecke sahen aus wie traurige Augen. Sukos Füße schabten über einen alten abgewetzten Teppich. Er fand das Zimmer sehr schnell, klopfte an und hörte sofort das »Come in.«
Der Inspektor war auf der Hut, als er den Raum betrat. Er selbst hatte Rowena de Largo noch nicht gesehen, wußte jedoch aus Beschreibungen, wie sie aussah.
Die Frau jedenfalls, die ihn erwartete, war nicht Rowena de Largo, es sei denn, sie hätte eine blonde Perücke über ihr dunkles Haar gestreift.
»Wer sind Sie?« fragte Suko, als er die Tür schloß.
»Jedenfalls nicht Rowena de
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