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Todesküste

Todesküste

Titel: Todesküste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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und
verkrustete Male unterstrichen. Weder Lüder noch die Polizisten waren jemals
einem so entstellten Menschen begegnet.
    Lüder musste schlucken, bevor er auf Englisch
erklärte: »Ich verhafte Sie wegen des Verdachts, mehrfach Tötungsdelikte
begangen zu haben.«
    Die uniformierten Polizisten konnten trotz aller
Erfahrung ihre Überraschung nicht verbergen. Zum einen war ein solcher Einsatz
bei ihnen keine Routine. Und ein solches Wesen hatte niemand von ihnen zuvor
gesehen.
    Der Mund des Geistes öffnete sich. Es glich eher einer
animierten Roboterdarstellung als menschlicher Mimik. »Fuck you. Damned
Germans.« Dann spie der Geist Lüder an. »Nazi«, schob er hinterher. Der
Mann machte eine ruckartige Bewegung, als wollte er sich befreien, aber die
beiden Beamten hatten ihn fest im Griff.
    »Bringen Sie ihn weg«, sagte Lüder.
    »Bevor ich ihm Manieren beibringe«, schimpfte Große
Jäger hinterher und klopfte sich den Schmutz von der Kleidung. Dann fasste der
Oberkommissar einen Zipfel seiner Lederweste und besah sich die Löcher auf der
Vorderseite. »Dieses Arschloch«, schimpfte er.
    Lüder klopfte ihm auf die Schulter. »Ich habe mich
fürchterlich erschrocken, als der Typ aus so kurzer Distanz auf dich geschossen
hat. Die Schutzweste hat Wunder bewirkt.«
    »Nee«, fluchte Große Jäger. »Hat sie nicht. Ich
Trottel hätte sie über meiner Weste tragen sollen. Dann wären da keine Löcher
drin.«
    Sie folgten den Streifenbeamten durch den Torweg, vor
dem sich eine Menschenansammlung gebildet hatte. Unter den Neugierigen war auch
der ältere Mann, der ihnen zuvor zum Schauplatz des Geschehens gefolgt war.
Große Jäger machte einen Schritt auf ihn zu. »Buhh«, brüllte er ihn an. Der
Passant riss entsetzt die Augen auf, drehte sich auf dem Absatz um und suchte
sein Heil in der Flucht.
    Die Schaulustigen erstarrten, als sie den Geist sahen.
Einige wurden bleich, andere hielten sich entsetzt die Hand vor den Mund. »Das
gibt’s doch nicht«, tuschelte eine gut gekleidete Frau. Unter den Menschen
entdeckte Lüder Herbert Holl. Er ging auf ihn zu.
    »Es ist vorbei. Sie können aufatmen. Würden Sie uns
zur Dienststelle folgen?«
    Holl nickte stumm und ging mit den beiden Beamten das
kurze Stück zu Lüders BMW , der
immer noch vor der Buchhandlung parkte.
    Dann fuhren sie zum Norderstedter Polizeirevier in der
Europaallee.
    Die Dienststelle lag beim Herold-Center, wo Herbert
Holl im Sicherheitsdienst beschäftigt war. Hauptkommissar Nieswandt von der
Kriminalpolizeiaußenstelle hatte ihnen ein Büro zur Verfügung gestellt. Die in
Filmen gern gezeigten futuristisch anmutenden Vernehmungsräume mit einseitig
transparentem Spiegel gab es im Alltag der Polizeidienststellen nicht.
    Der Geist hatte heftigen Widerstand geleistet und war
durch Einsatz mehrerer Polizeibeamter in eine Arrestzelle verbracht worden. Ein
Versuch, den Mann zu vernehmen, war in der derzeitigen Situation zum Scheitern
verurteilt. Lüder hatte ihn gefragt, ob er eine anwaltliche oder konsularische
Vertretung wünschte, aber der Mann hatte ihn nur beschimpft. Die Durchsuchung
hatte auch nichts ergeben. Außer der Waffe und einer Schachtel mit
Ersatzmunition hatte der Mann nur etwa zweihundert Euro und eine Handvoll
Dollarscheine lose in der Hosentasche getragen. Es fehlten jegliche Hinweise
auf seine Identität, Papiere, Haustür- oder Hotelschlüssel. Lediglich ein Handy
und Autoschlüssel hatten die Beamten sicherstellen können. Das Mobiltelefon
musste analysiert werden. Nach dem zu den Schlüsseln passenden Fahrzeug wurde
rund um den Schmuggelstieg gesucht.
    Jetzt saß ihnen Herbert Holl gegenüber. Langsam schien
er sich vom Schrecken zu erholen. Als Holl das Polizeigebäude betrat, war er
immer noch kreideweiß gewesen und hatte ein leichtes Zittern nicht verbergen
können. Er hatte die Hände wie zum Gebet gefaltet und presste sie rhythmisch
zusammen, bis die Knöchel weiß hervortraten. Unablässig mahlten seine Kiefer.
Er nippte an einem Glas Wasser, nachdem er den angebotenen Kaffee dankend
abgelehnt hatte.
    »Sie können sich beruhigen. Alles ist überstanden«,
sagte Lüder.
    Langsam schüttelte der Mann den Kopf. »Diesmal
vielleicht. Aber sie werden einen Neuen schicken. So schnell geben die nicht
auf. Dazu sind sie viel zu mächtig.«
    »Wenn Sie uns sagen, wer dahintersteckt, können wir
den Stall ausmisten.« Große Jäger hatte einen jovialen Tonfall angeschlagen.
    »Das ist eine so unglaubliche Geschichte, dass man
deren

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