Todesküste
jemand gründlich seine Taschen geleert
haben, wenn sich keine Zigaretten und kein Feuerzeug finden ließen.«
»Stimmt, zumal wir in der Hosentasche Tabakkrümel
gefunden haben.«
»Welche Sorte?«
»Moment mal. Das übersteigt unsere Möglichkeiten.
Daran arbeiten deine Kollegen von der Kriminaltechnik beim LKA .«
»Fingerabdrücke?«
»Haben wir abgenommen und mit der daktyloskopischen
Datei abgeglichen. Da ist bundesweit nichts gespeichert.«
»Das heißt, der Tote weigert sich beharrlich, seinen
Namen zu nennen.«
»So sieht es aus«, sagte Jürgensen.
Danach rief Lüder bei der Kriminalpolizeistelle Husum
an und wurde mit Große Jäger verbunden.
»Lüders, LKA .
Kennen wir uns?«
»Ich habe einen Lehrgang besucht, den Sie gehalten
haben«, bestätigte der Oberkommissar. »Wollen Sie mich zum nächsten einladen?«
»Ich möchte Ihre Gegenleistung einfordern und heute
etwas von Ihnen wissen. Bearbeiten Sie den Todesfall mit der Schussverletzung?«
»Nee.«
»Könnte ich bitte Ihren Dienststellenleiter sprechen?«
»Geht nicht. Der schwimmt.«
Lüder lachte. »Das tun wir alle.«
»Aber nicht im Nordatlantik«, erwiderte Große Jäger.
»Die Leiche wird durch Flensburg bearbeitet.«
»Mit den Kollegen habe ich schon gesprochen«, log
Lüder. »Jetzt interessieren mich noch ein paar Details am Rande.«
Große Jäger berichtete von seinem Einsatz vom Vortag.
»Haben Sie schon Hinweise auf die Identität des Toten?
Die Mordkommission ist noch nicht so weit.«
»Das wundert mich nicht. Kann man von einer Frau
anderes erwarten?«
»Sind Sie ein Macho?«
»Ja«, gab Große Jäger unumwunden zu. »Ein
erfolgreicher.«
»Es gibt zahlreiche Hinweise, die darauf hindeuten,
dass das Opfer aus Husum oder der näheren Umgebung stammen könnte.«
»Haben Sie am Geruch des Schafsdungs unter den
Schuhsohlen Nordfriesland lokalisiert?«
»Das ist die Methode Schäuble, der seit Heiligendamm
Geruchsproben einsammelt. Keine Sorge, ich bin auch bei der Polizei. Wir
schnüffeln nicht hinter den Menschen hinterher – im wahrsten Sinne des Wortes
–, sondern ermitteln mit logischem Verstand. Die Bekleidung des Mannes und sein
allgemeiner Zustand hinsichtlich Körperpflege und Ähnlichem lassen vermuten,
dass er sich nicht von weit her zu dem Ort bewegt hat, wo er gefunden wurde.«
»Da wurde er auch erschossen«, erklärte Große Jäger.
»Der Tatort war ebenfalls in der Kirche.«
»Ist Ihnen der Mann schon einmal begegnet? Zufällig –
auf der Straße.«
»Ich lebe schon eine Weile in Husum und kenne die
anderen beiden Bewohner Nordfrieslands, um Ihr Vorurteil zu nähren, dass hier
alles menschenleer ist.«
»Mimose?«
»Nee. Westfale.«
»Hat einer Ihrer beiden Mitbewohner hinterm
Deich eine Vermisstenanzeige aufgegeben?«
»Pah! Hier vermisst niemand seinen Neger.«
Lüder hüstelte ins Telefon. »Das war jetzt aber nicht
korrekt.«
»Mag sein, aber ist es richtig, einen Menschen zu
ermorden?«
»Ich glaube, wir kommen so nicht weiter. Das Beste
wird sein, ich besuche Sie an der Westküste.«
»Ist in Ordnung«, knurrte Große Jäger. »Hier gibt es
Flens und Eierlikörtorte.«
Lüder schmunzelte immer noch, als er längst aufgelegt
hatte. Wenn Jonas mich jetzt erleben würde, wäre er sicher mehr als enttäuscht
von der Polizeiarbeit, dachte Lüder, als er die nächste Telefonverbindung
herstellte. Markus Schwälm von der Itzehoer Mordkommission war nicht an seinem
Arbeitsplatz. Er erreichte den Hauptkommissar über das Mobiltelefon.
»Das ist ja ein Ding«, stellte Schwälm fest, nachdem
ihm Lüder vom zweiten Mord mit der mysteriösen Methode berichtet hatte. »Ich
werde nachher Kontakt zu unseren Flensburger Kollegen aufnehmen. Ansonsten sind
wir noch nicht viel weitergekommen. Bei Jasmin Johannsen, das ist die junge
Frau, die als Bettlerin verkleidet auf dem Heider Marktfrieden unterwegs war,
haben wir keine Schmauchspuren feststellen können. Es hat den Anschein, als
käme die Studentin nicht als Schütze infrage. Heute Morgen haben wir auch das
Ergebnis der Autopsie von Steffen Meiners bekommen. Keine Drogen, keine
Auffälligkeiten bei den Blutwerten. Abgesehen davon, dass der Mann auf dem Dorf
gelebt hat. Jedenfalls zeigen die Leberwerte, dass er wohl ganz gern einmal ein
Bier getrunken hat. Das war aber alles jenseits irgendwelcher Grenzwerte.«
»Haben Sie weitere Erkundigungen in seinem
persönlichen Umfeld eingezogen?«
»Sicher. Wir haben keine Anhaltspunkte dafür
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