Todesläufer: Thriller (German Edition)
Pflastersteine und Laternen traten jetzt feuchte Erde, Wellblech und Steine. Doch sein ohnmächtiges Entsetzen war dasselbe.
Inzwischen hatte das Feuer das restliche Gebäude erfasst. Die sengende Hitze und die Flammen machten es unmöglich, sich ihm auf weniger als zwanzig Schritt zu nähern. Das Flimmern der heißen Luft ließ alles verzerrt erscheinen. Sosehr er sich bemühte, es gelang ihm nicht, durch die Öffnungen, die die Explosion in die Außenmauern gerissen hatte, auszumachen, ob sich jemand im Inneren der Lagerhalle befand.
Ich muss die Leiche finden . So endeten alle seine Geschichten . Auf der Suche nach der in Stücke gerissenen Leiche eines Menschen, den er einmal geliebt hatte.
Er ging in gebührendem Abstand um das Gebäude herum. Für den Fall, dass es eine weitere Explosion geben würde, wollte er lieber nicht zu nah heran. Weiß der Teufel, was für unangenehme Überraschungen da drin noch auf mich warten …
Auf Höhe der kleinen Seitentür, aus der die Unbekannte gekommen war, erkannte er die reglose Gestalt, die ganz in der Nähe lag. Liz, die blonden Haare von Erde und Asche verklebt. Ein schmaler Blutfaden lief ihr über die Wange.
Er fiel auf die Knie und tastete mit zitternden Fingern nach ihrer Halsschlagader. Sie lebte. Vorsichtig drehte er sie auf die Seite. Ihre Gesichtszüge waren friedlich und entspannt. Sie schien von dieser Hölle schon sehr weit entfernt zu sein.
»Greg, Liz ist verletzt …«
Die Worte kamen ihm nur mit Mühe über die Lippen.
»Nein, kein Rettungswagen. Auf der Brücke ist kein Durchkommen. Ein Hubschrauber …«
»Sieh zu, wie du zurechtkommst! Ich will einen verdammten Hubschrauber! Sofort!«, brüllte er Liz’ treuen Assistenten an.
Eigentlich hätte er sie aus der Gefahrenzone, außer Reichweite herumfliegender Teile bringen müssen. Aber er konnte es nicht. Er war zu nichts anderem imstande, als sie anzusehen und ihr mit dem Rücken seiner zitternden Hand über die Wangen zu streicheln.
Das Klingeln ihres Smartphones zerriss die Stille. Es war ebenso unwillkommen wie der Name, den er auf dem Display sah: »Benton«.
Er meldete sich trotzdem.
»Pollack …«
»Geben Sie mir Liz.«
»Sie … sie kann nicht mit Ihnen reden.«
Er erklärte die Situation mit so harmlosen Worten wie möglich. Der FBI -Mann nahm die Neuigkeit mit einem Knurren hin, das man mit viel gutem Willen für Mitgefühl halten konnte. Die Rolle des Klageweibs passte nicht zu ihm. Dann kam er ohne Umschweife auf den Vorfall zu sprechen: »Die Leute, die das Lagerhaus gesprengt haben, müssen von Ihrem Eintreffen gewusst haben«, befand er.
»Glauben Sie?«
»Sehen Sie einen plausibleren Grund dafür, ein Gebäude in die Luft zu jagen, in dem sich vermutlich jede Menge Indizien befunden haben? Gerade jetzt?«
»Das bedeutet …«
»Dass es bei Ihnen einen Maulwurf gibt«, fiel ihm der andere rücksichtslos ins Wort.
Einen Maulwurf? Aber wer? Greg. Nein, der nicht. Er war Liz so treu ergeben wie ein Liebender und würde sich für sie in Stücke hacken lassen. Andererseits war Liebe ein Motiv, das nicht schlechter war als jedes andere. Entsprechendes galt auch für den größten Teil ihrer Mitarbeiter. Lauter Männer. Alle eher jung. Alle von ihrer Chefin in Bann geschlagen.
Zerdaoui! Es konnte kein anderer sein. Vielleicht hatte er an der Tür von Liz’ Büro gelauscht und die Unterhaltung auf dem Gang mitbekommen. Und als sie fort waren, hatte er Gelegenheit genug gehabt, seine Komplizen zu warnen. Greg kam und ging. Da dürfte es für den französischen Historiker nicht besonders schwierig gewesen sein, unauffällig einen Anruf zu tätigen.
Sam begnügte sich damit, Benton gegenüber diese Möglichkeit mit einem verblüfften Seufzer zu verschweigen. Jefferson hatte unmissverständlich klargemacht, dass das FBI auf keinen Fall davon erfahren durfte, dass sich die Heimatschutzbehörde Nadir Zerdaouis als Berater bedient hatte.
»Haben Sie eine Ahnung, wer das sein könnte, Sam?«
»Ehrlich gesagt, nein …«, log er.
Er kürzte das ihm unbehagliche Gespräch ab und wählte Gregs Nummer.
»Ich bin’s noch mal. Ich muss dich etwas äußerst Wichtiges fragen: Hast du Zerdaoui irgendwann mal allein gelassen, seit wir gegangen sind?«
»Nein.«
Greg schien die Frage zu überraschen.
»Nicht mal eine Minute, um aufs Klo gehen …?«
»Das schon, aber …«
»In Ordnung. Hör mir gut zu. Lass ihn ab sofort nicht mehr aus den Augen. Wenn es sein muss, pinkel in den
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