Todeslauf: Thriller (German Edition)
kleinsten Bewegung losgeht.«
Der Rotschopf hielt inne, und ich drehte mich um und tat so, als würde ich über den ausgestreckten Arm des bewusstlosen Afrikaners stolpern. Dabei ließ ich eine Hand sinken, und der Auslöser glitt mir zwischen die Finger.
»Dann holst du ihn selber raus«, sagte er. »Ich rühr das Zeug nicht mehr an.«
»Okay«, antwortete ich, dann bedeckte ich meine Ohren und meinen Kopf, warf mich auf den Boden und drückte den Auslöser.
Die Explosion erschütterte die schwere Tür und riss sie aus der Verankerung. Der Knall fuhr mir bis in die Knochen, doch ich sprang auf und drosch dem Rotschopf die Faust ins Gesicht. Der Mann, der ohnehin schon benommen war von der Explosion, ging zu Boden.
Ich stürmte durch die Staubwolke die Steintreppe hinunter und in den dunklen Tunnel hinein.
87
Ich rief mir den Plan in Erinnerung, den Mila mir gezeigt hatte. Ich wusste, dass der Tunnel gleich nach dem Zugang vom Haus eine scharfe Biegung machte, die zu dem alten Bunkerkomplex aus dem Zweiten Weltkrieg führte; dort musste Zaids geheime Werkstätte liegen, und dort musste auch der Schlüssel zu dieser neuartigen Waffe zu finden sein.
Ich rannte. Schwache Lichter erhellten den Tunnel, die Luft roch feucht und modrig. Von ferne hörte ich Wasser rauschen. Das Geräusch schwoll an und wurde erst wieder leiser, als ich tiefer in die Erde hinabstieg. Der Gang mündete in einen großen Raum, der aus dem Fels gehauen worden war. Graue Betonblöcke bildeten den Boden. Die Luft war kühl. Lichter hingen tief herab. Ein Metalltisch mit Computern und Fotos von Bahjat Zaid mit seiner Familie; ein Bild zeigte Yasmin als kleines Mädchen neben ihrem Vater, die Sonne schien ihr ins Gesicht.
Ich machte die Tür zu und schloss ab, dann setzte ich mich vor den Computer in der Mitte des Tisches. An das System waren Geräte angeschlossen, die aussahen wie externe Festplatten und die einen rätselhaften Schlitz aufwiesen; er war jedenfalls zu klein für eine CD. Die Geräte waren mit dem Militronics-Logo versehen.
Ich bewegte die Maus. Der Monitor erwachte zum Leben. Jemand war gerade erst hier gewesen. Der Bildschirm zeigte etwas, was wie ein überdimensionaler Strichcode aussah – verschlüsselte Daten, die mir absolut nichts sagten.
Ich las den Namen der Datei: DNA 017. War das irgendjemandes DNA-Analyse? Die Software bot die Möglichkeit, die zuletzt verwendeten Dateien zu öffnen.
Unter dem Pfeil wurde eine Liste von Dateien angezeigt: DNA 001 bis DNA 015. Ich klickte die Option »Weiter« unter dem letzten Eintrag an und bekam eine noch längere Liste, die bis DNA 050 reichte. Fünfzig Dateien, fünfzig DNAs.
In den Ecken war jeweils ein Bild eingefügt: DNA 050 war ein etwa zwölfjähriges Mädchen.
Sie analysierten die genetischen Profile von Kindern? Warum?
Ich sah mir die Dateien näher an. Es waren hauptsächlich Kinder, außerdem einige Männer, der Rest waren Frauen, die meisten davon in den Vierzigern und Fünfzigern. Es schienen ganz gewöhnliche Menschen zu sein. Einige der Bilder wirkten wie Passfotos, auf anderen sah man die Leute im Gehen, manche winkten in die Kamera. Ich kannte keinen von ihnen, und es waren auch keine Namen angefügt.
Wer waren diese Leute?
Ich blickte auf die externen Geräte. Vielleicht fand sich hier die Antwort. Ich klickte auf Eject – und eines der Geräte spuckte einen Chip aus. Ich hielt ihn hoch. Er hatte eine schimmernde Oberfläche und das gleiche Wabengitter, das ich auch an der seltsamen Waffe in St. Pancras und an den Überresten der Bombe vom Amsterdamer Hauptbahnhof gesehen hatte. Auf dem Tisch lag eine passende Schutzhülle für den Chip, und ich legte ihn hinein und steckte ihn in meinen Schuh.
Als ich mich wieder setzen wollte, wurde die Tür aufgeschlossen und geöffnet.
Edward und Yasmin kamen herein, ihre Pistolen auf Milas Kopf gerichtet. Edward benutzte die gleiche merkwürdige Waffe wie zuvor am Bahnhof.
»Hände hoch, Sam«, sagte Edward.
Ich hob die Hände in die Höhe.
»Endlich stehen wir uns gegenüber.« Er lächelte. »Wow. Du bist echt ein schwieriger Fall, Mann.«
Ich sagte nichts. Ich musste daran denken, wie er Lucy in dem Auto geschlagen hatte. Wie er weggefahren war, während meine Kollegen verbrannten.
»Ich kann’s dir nicht verübeln, dass du’s versucht hast«, sagte er. »Du bist viel zäher, als ich gedacht hatte. Weißt du, wir haben dich mehr für so einen Powerpoint-Heini gehalten. Aber nein. Ich muss wirklich
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