Todeslauf: Thriller (German Edition)
wurde gleich wieder ernst. »Also gut.« Er war offenbar ein sehr beschäftigter Mann, er strahlte eine gewisse Ungeduld aus, aber es hatte ihm anscheinend gefallen, was er in der Bar von mir gesehen hatte – schließlich musste auch ihm bewusst sein, dass ich mich viel besser geschlagen hatte als er –, und er hatte sich immerhin die Zeit genommen, um mit mir zu reden. Aber das konnte schnell vorbei sein. Er gab der Kellnerin ein Zeichen, noch eine Runde zu bringen, ohne Genever.
»Woher in Kanada kommst du?« Ich wusste, dass er es gleich morgen nachprüfen würde.
»Toronto.«
»Das kenne ich gut.«
»Wirklich?«
»Ja. Hast du schon mal im Rosedale Diner in der Parker Street gegessen?«
»Es ist in der Yonge Street. Die besten Hamburger in der ganzen Stadt.« Es war nicht schwer zu erraten, dass er mich testen wollte.
»Deine Eltern?«
»Tot.« Ich zuckte mit den Schultern. »Sie haben mir ein bisschen Geld hinterlassen, mit dem ich mir die Welt anschauen konnte.«
»Auf welche Highschool bist du gegangen?«
»St. Michael’s College School. Dann auf die McGill. Hab Geschichte studiert, grade so geschafft. Aber es hat gereicht, um in die Officer Candidate School zu kommen.« Es war die Company, die mir die Identität des Peter Samson auf den Leib geschneidert hatte, eines Kanadiers, der es mit den Gesetzen nicht so genau nahm. Nic würde keine Lücke in meiner Geschichte finden. Ich war Peter Samson, von der Geburt bis zu diesem Tag, und ich tauchte in den Unterlagen der Schulen ebenso auf wie in denen des Militärs.
Es sei denn, die Company hatte diese Identität mittlerweile ausgelöscht. In diesem Fall würde es kein Material zu dem Namen Peter Samson mehr geben.
»Kennst du Amsterdam?«, wollte Nic wissen.
Ich nahm einen ordentlichen Schluck Bier und unterdrückte einen Rülpser. »Pardon. Nicht gut. Ich kenne Prag und Warschau und Budapest besser.«
»Du warst lange in Osteuropa.«
»Dort hat man die interessantesten Arbeitsmöglichkeiten.«
»Zum Beispiel?«
»Zum Beispiel Sachen, die man keinem Fremden erzählen sollte«, erwiderte ich und lachte, als hätte ich etwas besonders Witziges gesagt, und er lachte ebenfalls.
»Nein, also wirklich«, sagte er nach einem etwas peinlichen Schweigen. »Du hast für mich einen Kerl durch eine Fensterscheibe geworfen, Sam. Wir sind jetzt Freunde.«
»Na ja, ich hab dafür gesorgt, dass gewisse Sachen dort ankommen, wo sie ankommen sollten.«
Das war eine diskrete Umschreibung für Schmuggel, und wenn Piet Schmuggler war, wie Gregor angedeutet hatte, dann war ich für diese Leute möglicherweise interessant. Ich hoffte, sie würden mich wenigstens zu einem Gespräch einladen. Ich musste nur nahe genug herankommen, dass ich sie alle töten konnte – bis auf den Chef, der vermutlich Piet war und den ich brauchte, damit er mich zu dem Kerl mit der Narbe brachte.
Ganz einfach.
Nic schien interessiert zu sein. Er zündete sich eine Zigarette an und trank einen Schluck.
»Wohin zum Beispiel?«
»Hauptsächlich nach Nordamerika.« Ich hoffte, dass Piet genau das wollte – eine illegale Lieferung in die Staaten bringen. Der Türke hatte angedeutet, er habe eine Schmuggelroute organisiert, aus der nun nichts zu werden drohte.
»Ich könnte dir vielleicht einen Job besorgen, aber ich muss zuerst mit dem Klienten sprechen.«
»Dein Klient ist nicht zufällig dieser Piet, der nicht zahlt, oder?«
»Oh nein, Piet zahlt. Diese türkischen Idioten haben nur einfach keine Geduld.«
Ich stieß einen kehligen Laut hervor und zuckte mit den Schultern. »Hör zu, ich kann Sachen in die Staaten bringen und dafür sorgen, dass nichts dazwischenkommt. Wenn das für dich interessant ist, okay. Wenn nicht, dann sag ich danke für den netten Abend.« Er sollte nicht denken, dass ich den Job unbedingt haben wollte.
Nic wartete ein paar Sekunden, dann sagte er: »Ich glaube, ich hätte da was für dich. Die Bezahlung ist hervorragend. Zweitausend Euro die Woche, in bar.«
»Na ja, mir geht langsam das Geld fürs Bier aus. Also, ja, vielleicht.« Ich fuhr mit dem Finger um den Bierfleck auf dem Tisch herum. »Wie kann ich dich erreichen?«
»Hast du ein Handy?«
»Ja.«
Er schob mir eine Serviette hin. »Schreib die Nummer auf.«
Ich notierte die Telefonnummer, ohne Namen. »Aber entscheide dich schnell«, sagte ich achselzuckend. »Wenn mir langweilig wird, ziehe ich weiter.«
Er steckte die Serviette ein. »Okay.«
»Eine Frage noch«, sagte
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