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Todesmarsch

Titel: Todesmarsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Rinfzigmeilenpunkt stand eine kleine, verlassene Autowerkstatt mit einer verrosteten Zapfsäule davor, eine unheilverkündende, schiefe Gestalt im Nebel. Das kalte, nüchterne Neonlicht einer Telefonzelle warf den einzigen Lichtschein auf diesen Ort. Der Major war nicht gekommen. Niemand kam. Die Straße bog um eine sanfte Kurve, und weiter vorn entdeckten sie ein gelbes Straßenschild. Die Information kam schnell nach hinten, aber Garraty hatte das Schild schon gelesen, bevor sie ihn erreichte: LANGE STEIGUNG LASTWAGEN BITTE EINEN NIEDRIGEN GANG BENUTZEN Seufzer und Stöhnen. Weiter vorn rief Barkovitch fröhlich: »Auf geht's, Jungs! Wer will mit mir bis zum Gipfel um die Wette rennen?«
    »Halt dein gottverdammtes Maul, du Blödmann«, sagte jemand gelassen.
    »Bring mich dazu, Arschloch!« kreischte Barkovitch zurück. »Komm doch her und versuch's mal!«
    »Er ist angeknackst«, sagte Baker leise.
    »Im Gegenteil«, erwiderte McVries. »Er macht sich nur stark. Solche Kerle haben entsetzlich viel Kraft.«
    Olsons Stimme war von einer tödlichen Ruhe. »Ich glaube nicht, daß ich diesen Hügel hinaufkomme. Nicht mit vier Meilen pro Stunde.«
    Die Anhöhe dehnte sich vor ihnen aus; sie hatten den Fuß fast erreicht. Durch den Nebel war es unmöglich, bis zur Spitze zu sehen, und Garraty dachte, soweit wir das von hier aus sehen können, kann das ewig nach oben gehen. Sie fingen an zu steigen.
    Garraty fand es gar nicht so schlimm, wenn man nur auf die Füße hinunterblickte und sich ein wenig vorbeugte. Wenn man sich nur auf das kleine Stückchen Asphalt zwischen den beiden Füßen konzentrierte, gewann man den Eindruck, sich auf ebener Erde zu befinden. Natürlich konnte man sich nicht vormachen, daß das Herz nicht schneller schlüge und Lungen und Kehle nicht schmerzten; diese Phänomene setzten ziemlich schnell ein.
    Trotzdem gingen immer wieder Gerüchte um; einige Leute hatten offenbar noch Luft zu vergeuden. Der Hügel sei eine Viertelmeile lang, hieß es, und in einer anderen Version, daß seine Länge ganze zwei Meilen betrüge. Auf diesem Hügel sei noch nie ein Teilnehmer ausgeschieden, wurde behauptet, und kurz darauf, daß gerade im letzten Jahr drei Geher hier ihr Ende gefunden hätten. Danach blieb es ruhig.
    »Ich kann es nicht«, sagte Olson immer wieder mit monotoner Stimme. »Ich kann es nicht.« Er hechelte wie ein Hund, aber er ging weiter. Das taten sie alle. Man hörte ihr leises Stöhnen und ihre keuchenden, stoßenden Atemzüge. Die einzigen anderen Geräusche waren Olsons Sprechgesang, das Schlurfen der vielen Füße und das knatternde, knirschende Summen des Panzerfahrzeugs, das auf dem Seitenstreifen entlangtuckerte.
    Garratys Angst und Verwirrung wuchsen wieder; er spürte es in seinem Magen. Hier konnte er tatsächlich sterben. Das war gar nicht so unwahrscheinlich. Er hatte sich gehen lassen und nun schon zwei Verwarnungen auf seiner Liste. Und im Augenblick konnte er sich nicht weit über der untersten Grenze befinden. Er brauchte seinen Schritt nur noch ein bißchen zu verlangsamen und schon hatte er Nummer drei -die letzte Warnung. Und dann...
    »Warnung! Warnung für Nummer 70!«
    »Jetzt spielen sie dein Lied, Olson«, keuchte McVries zwischen zwei Atemzügen. »Los, heb die Beine, mein Junge! Ich möchte dich wie Fred Astaire diesen Hügel hinauftanzen sehen.«
    »Was geht dich das an?« fauchte Olson wütend.
    McVries antwortete nicht. Olson fand tatsächlich die Kraft, schneller zu gehen. Garraty fragte sich in einer makabren Laune, ob die Kraftanstrengung, die Olson gelungen war, vielleicht seine letzte sein würde. Er mußte auch wieder an Stebbins am hinteren Ende der Gruppe denken. Wie geht es dir Stebbins? Wirst du nicht auch langsam müde?
    Weiter vorn setzte sich Larson, Nummer 60, einfach auf die Straße. Die Gruppe teilte sich und floß um ihn herum wie das Rote Meer um die Kinder Israels.
    »Ich ruhe mich nur ein bißchen aus, okay?« sagte Larson und blickte mit einem zugleich verstörten und vertrauensvollen Lächeln zu ihnen auf. »Ich kann nur einen Augenblick nicht mehr weitergehen, okay?« Er wandte sich an den Soldaten, der mit der Stoppuhr in der einen und dem Gewehr in der anderen Hand vom Panzerwagen abgesprungen war, und sein Lächeln wurde breiter.
    »Warnung für Nummer 60«, sagte der Soldat ruhig. »Das ist Ihre zweite Warnung.«
    »Hören Sie, ich hole das wieder auf«, versicherte Larson ihm eilig. »Ich ruhe mich nur ein wenig aus. Man kann doch

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