Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Todesmarsch

Titel: Todesmarsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
lachten.
    Garraty dachte darüber nach, wie seltsam die Sache mit dem Major doch sei, der sich innerhalb von zehn Stunden aus einem Gott in einen Mammon verwandelt hatte.
    Immer noch fünfundneunzig Teilnehmer in der Gruppe, aber das war nicht das Schlimmste. Schlimmer war es, sich vorzustellen, daß es Peter McVries oder Baker erwischte.
    . Oder Harkness mit seinem albernen Buch. Seine Gedanken scheuten vor solchen Vorstellungen zurück.
    Nachdem sie Caribou hinter sich gelassen hatten, lag die Straße einsam und verlassen vor ihnen. Eine Kreuzung wurde von einer winzigen Straßenlampe beleuchtet. Ihr Lichtkegel strahlte wie ein Spotlight auf die Geher herab und warf scharfe Schatten von ihnen auf die Straße>.als sie hindurchgingen. In weiter Ferne hörten sie das Pfeifen einer Lokomotive. Der Mond warf ein Ungewisses, weißes Licht aui den Nebel, so daß er wie perlmuttfarbene Schleier auf den Feldern schimmerte.
    Garraty trank einen Schluck Wasser.
    »Warnung! Warnung für Nummer 12! Dies ist Ihre letzte Warnung, 12!«
    12 war ein Junge namens Fenter, der ein Souvenir-T-Shirt mit dem Aufdruck ICH BIN MIT DER MT. WASHINGTON ZAHNRADBAHN GEFAHREN trug. Er leckte sich nervös über die Lippen. Durch die Gerüchteküche erfuhren sie, daß Fenters rechter Fuß völlig steif geworden sei. Als er zehn Minuten später erschossen wurde, empfand Garraty nicht viel dabei. Er war einfach zu müde. Er ging um Fenters Körper herum und sah, als er beiläufig hinunterblickte, etwas Silbernes in seiner Hand aufblitzen. Es war eine Sankt-Christopho-rus-Medaille.
    »Wißt ihr, was ich tun werde, wenn ich hier wieder herauskomme? rief McVries plötzlich aus.
    »Na, was denn?« fragte Baker erwartungsvoll.
    »Picken, bis mein Schwanz blau wird. Ich bin noch nie so geil gewesen wie in diesem Augenblick, um drei Viertel acht am ersten Mai.«
    »Meinst du das ernst?« fragte Garraty verblüfft.
    »Aber sicher«, antwortete McVries entschieden. »Ich könnte sogar auf dich geil werden, Ray, wenn du nicht dringend eine Rasur brauchtest.«
    Garraty lachte.
    »Ich bin der Märchenprinz«, fuhr McVries fort und berührte mit der Hand die weiße Narbe auf seiner Wange. »Jetzt brauche ich nur noch ein Dornröschen. Ich würde es mit einem dicken, schmatzenden Kuß aufwecken, und dann würden wir beide in den Sonnenuntergang oder wenigstens bis zum nächsten Holliday Inn reiten.«
    »Marschieren«, sagte Olson teilnahmslos.
    »Ha?«
    »In den Sonnenuntergang marschieren.«
    »Dann eben in den Sonnenuntergang marschieren«, willigte McVries ein. »Auf jeden Fall wäre es die wahre Liebe auf beiden Seiten. Glaubst du an die wahre Liebe, Hank?«
    »Ich glaube an einen guten Fick«, sagte Olson, und Baker brach laut in Lachen aus.
    »Ich glaube an die wahre Liebe«, gestand Garraty, und sofort tat es ihm leid, daß er das gesagt hatte. Es klang naiv.
    »Wollt ihr wissen, warum ich es nicht tue?« fragte Olson und blickte Garraty mit einem verstohlenen Lächeln an. »Fragt Fenter. Fragt Zuck. Die wissen es.«
    »Das ist eine wahnsinnige Einstellung«, bemerkte Pearson, der plötzlich aus der Dunkelheit erschienen war, um wieder ein Stück mit ihnen zu gehen. Er humpelte. Nicht schlimm, aber es war doch zu sehen.
    »Nein, das ist gar keine Einstellung«, widersprach McVries und fügte nach einer kurzen Pause rätselhaft hinzu: »Niemand liebt einen Toten.«
    »Doch, Egar Allan Poe hat das getan«, berichtete Baker eifrig. »Ich habe in der Schule einmal ein Referat über ihn gehalten. Es heißt, er soll ne-, nekro-«
    »Nekrophil«, half Garraty ihm aus.
    »Ja, genau. Er soll nekrophil gewesen sein.«
    »Was ist das denn?« wollte Pearson wissen.
    »Es bedeutet, daß man den Drang hat, mit einer toten Frau zu schlafen«, erklärte Baker. »Oder mit einem toten Mann, wenn du eine Frau bist.«
    »Oder wenn du schwul bist«, warf McVries dazwischen.
    »Wie sind wir bloß auf dieses Scheißthema gekommen?« krächzte Olson. »Wie, zum Teufel, sind wir darauf gekommen, über das Picken von Toten zu sprechen? Das ist ja widerlich!«
    »Warum denn nicht?« ließ sich eine nüchterne Baßstimme vernehmen. Es war Abraham, Nummer 2, ein großgewachsener, tolpatschiger Junge, der mit großen, gleichmäßigen Schritten dahinschlurfte. »Ich finde es gar nicht verkehrt, wenn wir alle mal ein oder zwei Minuten innehalten und uns Gedanken darüber machen, wie das Sexualleben in der nächsten Welt aussehen könnte.«
    »Ich kriege Marilyn Monroe«, sagte McVries

Weitere Kostenlose Bücher