Todesmelodie: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
Problem«, sagte er mit rollendem R, und Kullmer versuchte sich vorzustellen, wie Lindner einen Kundendialog auf Englisch führte. »Sehen Sie«, erklärte sein Gesprächspartner weiter, »unsere Mitarbeiter sind dazu angehalten, keinerlei persönliche Daten herauszugeben, Sie können sich die Gründe hierfür wahrscheinlich denken.«
»Eifersüchtige Ehepartner?«, riet Kullmer spontan.
»Zum Beispiel«, lachte Lindner. »Chefs, die ihre Mitarbeiter kontrollieren, Konkurrenten, die ihre Widersacher ausspionieren wollen, die Liste ist länger, als man glaubt.«
»Ich brauche jetzt aber keine richterliche Anordnung, damit ich den Namen des Mieters bekomme, oder?«, hakte Kullmer argwöhnisch nach.
»Nein, nein«, wehrte Lindner ab, »den bekommen Sie so. Verraten Sie mir das Kennzeichen?«
»Klar.«
Kullmer gab ihm die Information durch und vernahm unmittelbar darauf, wie sein Gesprächspartner sie auf seiner Computertastatur eintippte.
»Der Wagen wurde noch nicht zurückgegeben.«
»Er ist noch unterwegs?«, wiederholte Kullmer aufgeregt.
»Warten Sie!« Im Hintergrund tippte eine Tastatur. »Ja, ist noch unterwegs. Mietbeginn war am 28. Juni, Mietdauer flexibel.«
»Was heißt das?«
»Vermerkt wurde, dass der Kunde einen Monatstarif mit Option auf frühere Rückgabe haben wollte. Na ja, und verlängern kann man natürlich immer. Das sind diese Engländer«, seufzte Lindner, »die legen sich nie gerne fest. Na, mir soll es …«
»Engländer?«, entfuhr es Kullmer.
»Äh, ja, hatte ich das noch nicht gesagt? George Sinclair heißt er, ich schicke Ihnen die Kopie des Passes zu. Brauchen Sie auch eine Durchschrift des Mietvertrags?«
»Schaden kann es nicht, gerne.«
»Verraten Sie mir denn auch, weshalb Sie auf der Suche nach diesem Sinclair sind?«
»Ach, es geht um einen laufenden Fall, zu dem wir seine Aussage als möglicher Zeuge benötigen«, wich Kullmer aus. Er wollte Lindner nicht vor den Kopf stoßen, aber auch nicht irgendeine Lügengeschichte erfinden. »Mehr darf ich dazu nicht sagen, Sie wissen ja: laufende Ermittlung und so.«
»Schon gut, es hat mich nur interessiert, warum die Frankfurter Polizei jemanden aus München sucht. Betrifft uns ja immerhin auch.«
»Sie meinen wegen des Wagens?«
»Genau. In dem Mietpaket sind genügend Inklusivkilometer, dass Sinclair einmal an die Nordsee und zurück fahren kann, darum geht es nicht. Aber zu wissen, dass der Wagen in Frankfurt unterwegs ist und für eine Ermittlung von Interesse, das ist schon spannend.«
»Werden wir sehen«, sagte Kullmer. »Erst einmal müssen wir ihn finden.«
»Sie schießen aber nicht gleich auf ihn, oder?«
Kullmer war sich für einen Moment lang nicht sicher, ob Lindner die Frage ernst meinte.
»Wir sind hier nicht bei Cobra 11, keine Angst«, erwiderte er daher und fuhr schnell fort: »Soll ich Ihnen eine Faxnummer oder die E-Mail-Adresse geben?«
»Beides, sicher ist sicher. Ich lasse Ihnen die Unterlagen umgehend zukommen, Frau Golde ist ja jetzt im Bilde, und sie wird Ihnen auch gerne für weitere Fragen zur Verfügung stehen.«
Eine Viertelstunde später betrachtete Julia Durant nachdenklich die Unterlagen. Der britische Reisepass war aufgeklappt und kopiert worden, mäßige Qualität, aber man konnte alles lesen.
Surname: SINCLAIR
Given names: GEORGE ADAM
Nationality: BRITISH CITIZEN
Date of birth: 04 DEC 1980
Place of birth: LONDON
Auf dem Foto war nicht viel zu erkennen, das Gesicht kam der Kommissarin nicht bekannt vor. Sie überflog die weiteren Angaben und verglich die beiden Unterschriften auf dem Mietvertrag und dem Pass. Sie stimmten überein.
»So ein Bockmist!«, schimpfte sie. »Jetzt dürfen wir uns auch noch mit den Inselbehörden rumschlagen.« Hoffnungsvoll blickte sie zu Doris Seidel auf, die mit Kullmer gemeinsam das Büro betreten hatte.
»Doris, wäre das nichts für dich?«, lächelte sie. »Du hast so eine Engelsgeduld und sprichst doch auch so ein tolles Englisch.«
»Gib schon her!«, erwiderte Seidel, streckte die Hand aus und setzte lachend nach: »Ich hätte es übrigens auch ohne diese Bauchpinselei gemacht.«
»Gut zu wissen«, konterte Durant, »dann kriegst du von jetzt an nur noch Dienstanweisungen im Befehlston.«
»Dagegen wüsste ich ein paar nützliche Tipps«, zischte Hellmer, der gerade das Büro betrat, in Doris’ Richtung, aber so, dass jeder es hören konnte. Dann grinste er breit in die Runde und sagte: »Hat bei mir ja auch geholfen, nicht wahr,
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