Todesmelodie: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
ging.
»Wie man’s nimmt«, sagte Brandt, »gratulieren wäre vielleicht nicht ganz angemessen, weil es in dem Fall wahrlich keine Gewinner gibt.«
»Kenn ich nur zu gut«, seufzte Durant. »Aber kommen wir mal zum Grund unseres Telefonats.«
»Gerne, ich habe nämlich noch etwas vor.«
Julia Durant hätte ein Monatsgehalt darauf verwettet, dass Peter Brandts Abendplanung in irgendeinem Zusammenhang mit der Staatsanwältin Elvira Klein stand. Keine faire Wette, gestand sie sich ein, denn genau genommen drehte sich sein ganzes Leben irgendwie um diese Frau. Dienstlich arbeitete er als Kriminalbeamter der Staatsanwaltschaft zu und privat, nun, seit geraumer Zeit hatte Elvira Klein auch nach Dienstschluss ein gemeinsames Leben mit Brandt. Doch Julia Durant würde sich eher die Zunge abbeißen, als nachzufragen.
»Ich habe da so einen Fall, der ist mir wieder in den Sinn gekommen, als wir von Ihrer Fahndung erfuhren. Am neunten September 2008 wurde in Hanau-Steinheim eine Frauenleiche gefunden. Es gibt da so ein Doppelhochhaus an der Mainbrücke, zwielichtige Ecke, das Mädchen war nicht der erste Mord in dieser Saison. Wie auch immer, Sie fahndeten ja nach sogenannten ›Hobbyhuren‹. Im Übrigen, wenn Sie mich fragen, ein absoluter Hohn, denn diese Mädchen drücken die Kohle ebenso an ihre Beschützer ab wie normale Nutten. Verzeihung, Prostituierte«, korrigierte er schnell.
»Schon gut, nur weiter bitte.«
»Okay. Marita Welsch, 26 Jahre, stand mutmaßlich unter dem Schutz eines bekannten Zuhälters, es gibt hier immer wieder mal Konflikte, wenn ein neues Alphamännchen auftaucht und sich aufspielen will. Leidtragende sind in der Regel die Frauen, jedenfalls haben wir den Mord damals in diese Kategorie eingeordnet.«
»Klingt ja auch plausibel«, antwortete Julia.
»Auf den ersten Blick schon«, erwiderte Brandt, »wenn dann nicht Ihre Fahndung gekommen wäre. Ich habe mit der Sitte gesprochen, ein paar Punkte abgeglichen, und was soll ich sagen? Der Fall könnte durchaus in Ihr Schema passen.«
»Wir prüfen das in jedem Fall nach, danke für den Hinweis.«
»Was immer meine Aufklärungsquote verschönert, soll mir recht sein«, gab Brandt salopp zurück. »Ansonsten hätte ich nen Teufel getan, bei Ihnen da drüben anzurufen.«
»Schon klar«, lachte Julia, und die beiden verabschiedeten sich voneinander. Als sie das Handy auf die Tischplatte legte, bemerkte sie die neugierigen Blicke ihrer Kollegen.
»Peter Brandt«, erklärte sie.
»Der Lover von unserer Staatsanwältin«, flüsterte Hellmer verschmitzt, und Kullmer grinste.
»Ja, er hat vorhin in der Sitte angerufen, als ich mich gerade mit den dortigen Fahndungsergebnissen auseinandersetzte«, fügte Kaufmann hinzu. »Wäre ich nicht dort gewesen, wer weiß, wie schnell die es weitergeleitet hätten. Apropos Sitte: Soll ich kurz zusammenfassen?«
»Gleich«, nickte Julia Durant. »Passt auf, Leute, wir haben einen Mord in Kleinostheim, der möglicherweise ins Schema passt. Eine junge Prostituierte in ihrer Wohnung, auch so ein Hochhaus, bislang schrieben die Kollegen ihren Tod dem Kleinkrieg der Zuhälter zu, der dort immer wieder aufkeimt.«
»Klingst aber nicht überzeugt«, hakte Hellmer nach.
»Wie man’s nimmt. Vom Typ her passt sie schon, aber Hinweise auf Led Zeppelin gibt es zum Beispiel keine.«
»Bei mir dafür schon«, meldete sich Kaufmann zu Wort, und alle Blicke richteten sich auf sie. Julia nickte ihr auffordernd zu.
»Klär uns auf.«
»Ich habe gezielt recherchiert nach Snuff, musikalisch untermalten Szenen sexueller Gewalt und anderen künstlerischen Eigenarten …«
»Moment mal«, unterbrach Doris Seidel sie gereizt. »Du verwendest doch nicht ernsthaft den Begriff Kunst dafür, oder? Künstler sind für mich Picasso oder van Gogh, na ja, ein bisschen schräg waren die beiden natürlich auch drauf, aber es ist ja wohl ein Unterschied, ob man sich in seinem Kämmerlein ein bisschen mit Absinth inspiriert oder ob einer loszieht und zum Sexualmörder wird, oder?«
»Hey, komm mal runter.« Sabine Kaufmann hob abwehrend die Hände. »Ich redete von künstlerischen Eigenschaften, keineswegs von Kunst! Aber schau mal auf ›youporn‹ oder selbst auf ganz normalen Videoportalen: Die meisten Filme haben irgendeine Art von Signatur. Nicht, dass wir Snuff auf den verbreiteten Videoplattformen finden würden, keine echten zumindest, aber gerade in diesem illegalen Sektor kann man ja nicht seine Adresse angeben oder so. Da
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