Todesmelodie: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
loslegen«, eröffnete Berger die für vierzehn Uhr von ihm anberaumte Dienstbesprechung. Prüfend ließ Durant ihren Blick über die Gesichter der Anwesenden wandern. Kullmer und Seidel saßen links außen an den begehrten Plätzen in der Nähe des Fensters. Die Woche hatte zwar mit leicht zurückgegangenen Temperaturen begonnen, doch im Gebäude war es noch immer unangenehm stickig. Von draußen wehte eine angenehme Brise in den Raum. Neben den beiden hatte Sabine Kaufmann Platz genommen, daneben Hellmer. Die Stühle waren halbkreisförmig vor dem Schreibtisch des Chefs angeordnet, Berger lehnte dahinter in seinem Chefsessel. Heute machte er einen wesentlich ausgeruhteren Eindruck als vor zwei Tagen.
»Na gut«, er trommelte mit den Handflächen auf seinen Schreibtisch und nickte in Richtung Kullmer, »dann legen Sie mal los.«
In knappen Sätzen fasste Kullmer seinen Besuch bei den Bertrams zusammen. Aufmerksam lauschte Durant seiner Schilderung der Personen, versuchte, sich ein Bild der Eltern zu machen und die Plausibilität des Alibis einzuschätzen. Sie kam zu demselben Schluss wie zuvor auch Kullmer, der mit den Worten schloss: »Der Junge war vielleicht mit von der Partie, hat aber mit dem ganzen anderen Kram nichts zu tun. Ich habe ihn zum Erkennungsdienst bestellt und gleich noch ein Drogenscreening verordnet, da ist seine Mutter schier aus allen Wolken gefallen.« Ein Grinsen umspielte seine Lippen. »Na ja, zwei Stunden später saß er dann auch schon hier, zahm wie ein Lämmchen, zumindest haben mir das die Kollegen erzählt.«
»Solche Leute kriegen doch nicht die Bohne mit, was hier draußen so abgeht«, murrte Hellmer, und Durant musste sich ein Schmunzeln verkneifen. Mal abgesehen von seinem Job verkörperte ihr Kollege nach außen hin genau dieselbe Gesellschaftsklasse, die er eben so abfällig mit »solche Leute« tituliert hatte. Weltfremde Lebemenschen, die sich vor dem Elend und der kranken Außenwelt abschotteten und ihre Freizeit auf dem Golfplatz verbrachten. Nichts anderes würde ein unwissender Passant wohl auch ihrem langjährigen, durchaus bodenständigen Kollegen und Freund Hellmer unterstellen, wenn er ihn mit gebügeltem Poloshirt lässig hinter dem Steuer seiner blank polierten Luxuskarosse sah.
»Okay, dann konzentrieren wir uns auf die anderen vier«, sagte Berger.
»Moment bitte.« Julia Durant hob den Finger. »Kann mir noch jemand verraten, wie wir überhaupt auf diesen Bertram gekommen sind?«
Sie hatte das Gefühl, als fehlten ihr wesentliche Informationen der Ermittlung. Gegen ihr deutliches Aufbegehren hatte Berger darauf bestanden, dass Durant ihren Bereitschaftsdienst regulär beendete und erst wieder nach einem freien Sonntag zur montäglichen Mittagsbesprechung erscheinen sollte.
»Wo kommen wir denn hin, wenn jedes Mal die ganze Truppe aktiviert werden muss?«, hatte er flapsig erklärt und dann etwas ruhiger hinzugefügt: »Ich muss mich für jede verdammte Überstunde rechtfertigen, und das Controlling prüft jede Anforderung mit Argusaugen.«
Auch wenn der Verdacht nicht gänzlich ausgeräumt war, dass Berger sie noch nicht wieder hundertprozentig belasten wollte, hatte Durant sich mit dieser Erklärung zufriedengegeben. Nun blieb ihr nichts anderes übrig, als sich über die Ermittlungsfortschritte zu informieren, und sie gedachte das ausführlich zu nutzen.
Seidel übernahm es, sie auf den neusten Stand zu bringen: »Peter und ich sind zu Gregor Taubert gefahren. Du hast vermutlich noch unsere Durchsage mitbekommen, dass wir ihn völlig zugedröhnt aus seiner WG geholt haben.«
Durant nickte schweigend.
»Jedenfalls haben wir ihn befragt, so gut es ging. Primäres Interesse hatten wir an den anderen Gästen, und er spuckte schließlich Alexander Bertrams Namen aus. Peter ist dann gleich hingefahren, während ich den Taubert an die Kollegen übergab. Bluttest, Drogentest, Ausnüchtern – der bekam erst mal das gleiche Programm verpasst wie der Ami.«
»Womit wir gleich beim nächsten Punkt wären«, hakte Berger ein. »Was ist mit den beiden Studenten?«
Kullmer ergriff das Wort. Er und Doris hatten an beiden Tagen Dienst gehabt.
»Ich habe Gregor Taubert gestern Mittag vernommen. Er bestätigte noch einmal die Anwesenheit von Bertram, konnte jedoch nichts darüber sagen, wie lange dieser geblieben ist. Weitere Namen nannte er nicht. Er habe Drogen konsumiert, sagte er, denn es hätte ja keinen Sinn, dies zu leugnen. Ein Screening wurde gemacht,
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