Todesmelodie: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
Günthersburgpark erlebt hatten.
»Na ja, vielleicht meinte sie, dass sie durch den Drogenkonsum machtlos war und sonst den Mord womöglich hätte verhindern können«, warf Kaufmann ein. »Übrigens hat ja wohl auch die Riva einen vergleichbaren Ausbruch gehabt, oder?«
»Stopp, hört auf«, winkte Hellmer ab. »Wir verlieren uns in Spekulationen.« Dann wandte er sich an den Chef: »Was hört man denn von Sievers und Bock?«
»Die wollten eigentlich ein Fax schicken.« Berger griff zum Telefonhörer. Er kreiste mit dem Finger über dem Tastenfeld und suchte mit zusammengekniffenen Augen die schmale Kurzwahltaste, neben der die Abkürzung »Path.« stand. Es dauerte nur wenige Sekunden, da erhellte sich sein Gesichtsausdruck. Offensichtlich hatte jemand in der Gerichtsmedizin den Hörer abgenommen.
»Hallo, Frau Sievers, Berger hier«, sprach er. »Ich würde Sie gerne auf laut stellen, wir haben gerade unsere Besprechung im Fall Mason.«
Andrea Sievers hatte anscheinend keine Einwände, und kurz darauf knackte es, und ein leises Hintergrundrauschen erklang.
»… Bock? … Konferenzschaltung ins Präsidium …«, vernahm Durant, die dem Apparat am nächsten saß. Nun holte Sievers also auch den ewig mürrischen Professor hinzu. Zumindest ein Zeichen dafür, dass die Rechtsmedizin gut besetzt war und tatsächlich intensiv am gemeinsamen Fall arbeitete.
»Guten Tag zusammen«, ertönte Professor Bocks Stimme aus dem Lautsprecher. »Ich gehe davon aus, Sie erwarten Ergebnisse?«
Ohne eine Begrüßung oder die Beantwortung seiner hypothetischen Frage abzuwarten, fuhr er fort: »Wie bereits vermutet, haben wir es mit mehrfacher Vergewaltigung zu tun. Penetration durch eine oder mehrere Personen oder auch mit diversen Objekten, das Ganze über einen längeren Zeitraum beziehungsweise mehrere Male. Die Verletzungen haben wir fotografisch dokumentiert. Können Sie als Digitalaufnahmen bekommen, wenn ich den verdammten PC dazu bringe, sie zu senden.«
Durant blickte zu Berger, und beide konnten sich ein verstohlenes Schmunzeln nicht verkneifen. Arme Andrea, dachte sie. Wahrscheinlich hatte diese bereits mehrere verzweifelte und ebenso erfolglose Versuche hinter sich, ihrem Vorgesetzten die Funktionen der neuen Software zu erläutern.
»Aber zurück zur Sache«, fuhr Bock fort. »Neben dem Blut fanden sich auf dem Körper der Toten etwas Speichel, außerdem Haare und natürlich Sperma. Letzteres jedoch nur außerhalb des Vaginaltrakts, so etwa an der Außenseite der Oberschenkel oder an der Hüfte. Wir vermuten einen Coitus interruptus, aber das müssen Sie selbst herausfinden. Wir haben das ganze Material durch den DNA-Sequenzer gejagt und vier verschiedene Ergebnisse erhalten.«
»Vier Personen!«, entfuhr es Berger. Kullmer stieß einen Pfiff aus.
»Wer?«, fragte Durant schnell und sehnte sich plötzlich nach einer Zigarette. Da Berger sein Büro aber mittlerweile endgültig zur Nichtraucherzone erklärt hatte – man munkelte, er hätte diesbezüglich Druck von oben bekommen –, kaute sie nervös an ihren Fingernägeln.
»Es gibt eine Übereinstimmung mit den Vergleichsproben von diesen beiden Studenten, ähm …«
»Simmons und Taubert«, ergänzte Sievers rasch aus dem Hintergrund.
»Ja, genau. Danke. Einen Moment, bitte.«
Es raschelte kurz und blieb für ein paar endlos erscheinende Sekunden ruhig am anderen Ende der Leitung. Die Spannung in Bergers Büro stieg ins Unermessliche, und beinahe hätte Durant ihren Kollegen Hellmer um einen Glimmstengel angefleht, da erklang endlich die erlösende Stimme des Professors wieder: »Entschuldigung, es war ein Fehler in den Unterlagen. Also Simmons und Taubert stimmen, aber nur, was die Spermaspuren betrifft. Einem Schamhaar konnte nicht genügend Material entnommen werden, und der Speichel war durch den Schweiß des Opfers und kleine Hautpartikel verunreinigt. Das gilt ebenso für die zahlreichen Mischspuren auf dem Laken, also etwa Vaginalsekret und Sperma, die erst einmal sauber voneinander getrennt werden müssen. Es hat sich nämlich ergeben, dass neben der DNA des Opfers noch mindestens ein weiterer weiblicher Strang zu finden ist. Möglicherweise sogar zwei.«
»Eine kurze Zwischenfrage bitte«, sagte Durant und streckte den Kopf in Richtung des Telefons.
»Ach, Frau Durant, Sie auch wieder im Dienst?«
Julia hatte seit ihrer Rückkehr noch keinen persönlichen Kontakt zur Rechtsmedizin gehabt. Ihre Begegnung mit Andrea am Samstag war der
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