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Todesmelodie: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)

Todesmelodie: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Todesmelodie: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz , Daniel Holbe
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an. Hellmer drehte den Kopf zur Seite, er hatte diese Prozedur zwar schon oft gesehen, aber seit sich vor einigen Jahren eine Leiche just im Moment des Einstichs rektal entleert hatte, vermied er es lieber, auf jedes Detail zu achten. Wenige Sekunden später piepte es.
    »Neunundzwanzig Komma drei fünf«, sagte Sievers und schloss die Augen, um zu rechnen. Bei einem Temperaturverlust von einem Grad pro Stunde, wobei die Ungenauigkeit ab fünf Stunden deutlich größer wurde, konnte man den Todeszeitpunkt auf etwa zwei Uhr nachts ansetzen. Zu diesem Ergebnis kam zumindest Hellmer.
    »Es ist kurz nach zehn«, erläuterte Sievers nach einem Blick auf die Uhr. »Somit können wir von einem Zeitraum zwischen frühestens halb zwei und spätestens drei Uhr ausgehen. Genauer geht es vor Ort leider nicht.«
    »Kein Problem«, sagte Sabine Kaufmann, »können Sie uns sagen, ob er neben der Schnittwunde noch andere schwerwiegende Verletzungen hat?«
    Die Schnittwunde. Frank Hellmer fröstelte es. Natürlich gab es Verbindungen, und diese nicht zu knapp. Wie blind konnte man eigentlich sein?
    »Schauen wir uns bitte zuerst den Genitalbereich an«, forderte er die Pathologin auf. Dann räusperte er sich und ergänzte: »Vorne und hinten, bitte.«
    »Kein Problem«, nickte Sievers und kramte in ihrer Tasche.
    »Was soll das?«, zischte Sabine, und Frank zog sie zur Seite. Leise deutete er in Richtung Matratze, wo Andrea Sievers gerade mit einer Hand den schlaffen Penis und die Hoden anhob, um mit der rektalen Untersuchung zu beginnen.
    »Ich will abchecken lassen, ob wir hier eine sexuelle Komponente haben, verstehst du?«, erklärte Hellmer seiner Partnerin flüsternd. »Denn wenn das zutreffen sollte, dann liegst du womöglich doch richtig mit deiner Verbindung.«
    »Wie meinst du das?«
    »Na, schau dich doch mal um«, raunte Hellmer ungeduldig. »Der Körper auf dem Bett, nackt, in dieser völlig wehrlosen Haltung, mit durchtrennter Halsschlagader. Überall leere Flaschen mit Hochprozentigem, kreuz und quer im Raum verteilt, dazu diese Pillen und, wenn wir genau suchen, bestimmt auch der eine oder andere Joint. Für nur einen Täter und ein Opfer ist das jede Menge Stoff. Da gibt es schon Gemeinsamkeiten. Auch wenn ich ohne deinen Hinweis wohl nicht gleich draufgekommen wäre.«
    »Du meinst die Musik«, schlussfolgerte Sabine. »Aber an die konntest du dich doch gar nicht erinnern.«
    »Macht nichts«, entgegnete Hellmer. »Es ist bisher ja auch nur ein Gedanke. Aber wir sollten ihn im Hinterkopf behalten.«
    »Das solltet ihr auf jeden Fall«, mischte sich aus drei Metern Entfernung Andrea Sievers ein. »Ich wollte ja nicht lauschen, aber eines kann ich euch definitiv sagen: Der junge Mann wurde tatsächlich sexuell missbraucht. Und das mehr als ein Mal, davon müssen wir ausgehen.«

Montag, 11.13 Uhr
    J ulia Durant saß an ihrem Schreibtisch und rollte lustlos einen Kugelschreiber hin und her. Die Arbeit war zäh, es schien tatsächlich, als wäre die Ferienzeit auch bei den Kriminellen der Stadt angekommen. Der einzig interessante Fall war der Mord an Carlo Stiegler, wenn man von den zahlreichen offenen Langzeitermittlungen einmal absah, also ungeklärten Verbrechen, bei denen keine Aussicht auf baldige Erfolge bestand. Doch es war wie in einem Déjà-vu, so zumindest beurteilte Julia das, denn wieder einmal durften Hellmer und Kaufmann sich an einem Tatort tummeln, und sie selbst hatte das Nachsehen. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, musste dieser Sturkopf ihr auch noch ein schlechtes Gewissen bereiten. Sie nahm sich vor, die nicht beendete Diskussion des Morgens so bald wie möglich fortzusetzen. Wenn Berger tatsächlich für längere Zeit ausfiel – und es gab wenig Grund, daran zu zweifeln –, dann brauchte Julia Durant ihren alten Freund Frank Hellmer an ihrer Seite. Als Gegenspieler, das hatte sie schmerzlich zu spüren bekommen, konnte sie ihn jedenfalls nicht ertragen. Allein der Gedanke daran ließ die beklemmende Enge im Brustbereich zurückkehren, ein Gefühl, über das Julia heute nicht zum ersten Mal mit Alina gesprochen hatte.
    Vor knapp zwei Jahren, es musste gleich bei ihrer ersten oder zweiten Sitzung gewesen sein, hatte die Psychologin Alina Cornelius eine niederschmetternde Erkenntnis gewonnen.
    »Julia, hast du schon einmal etwas von Angststörungen gehört?«
    Der verständnislose Blick der Kommissarin musste Alina damals dazu bewogen haben, aufzustehen, zum Wandregal zu gehen und

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