Todesmuster
hier!« Die Stimmbänder kratzen schon. Genug. Zurück.
Der Lichtstrahl erlischt. Verdammt, was soll das? Das Gehirn täuscht schwach die Konturen des Raumes vor. Schütteln, dagegenhauen. Das Ding bleibt dunkel. Das gibt’s doch gar nicht. Am Deckel drehen, nichts. Er schnappt auf, die Batterien fallen in den Schotter. Ach, Scheiße. Tasten. Da ist eine. Sonst nur kalte Steinchen. Da noch? Nichts. Ausgerechnet. Das Display vom Handy leuchtet grün, bringt auch nichts. Auch kein Empfang. Na, klar. Hilft alles nichts. Da müsste es Richtung Gang gehen. Riecht immer noch ein bisschen nach Scheiße hier. Die Knie zittern, die Hand vor die Nase, nichts. Man sieht absolut nichts. Tasten ins Dunkel. Nichts. Kriechen. Da, einer der Balken, ein Glück, aufstehen. Das Holz ist wärmer als der Fels, der Schotter knirscht. Links rum. Von hier auch noch mal.
»Hilfe! Hilfe, ich bin hier!«
Absolutes Dunkel. Zum Glück ist die Wand da, wird aber unebener. Bisschen zügiger gehen, tasten, Hand für Hand. Ein heftiger Schlag über dem Auge. Verdammt. Brennende Schmerzen. Direkt an der Augenbraue, fühlt sich feucht an. Auch das noch. Weiter, vorsichtiger, bis zur Biegung müsste es noch ein Stück sein. Schmerzen, immer noch schwarz, der Puls pocht am Hals, man sieht nichts. Eine Hand immer in Augenhöhe, Schweiß, bloß raus hier. Die Wand macht eine leichte Biegung. Weit hinten ganz schwach eine dünne Linie Licht. Endlich. Vorsichtig bleiben. Das Knirschen hört auf, jetzt felsiger Untergrund. Im Stein in der Wand was Rundes aus Eisen. Das Licht kommt näher, die Tür ist zu erkennen. Schnell raus, durchatmen. Die Sonne blendet.
Glowatzki und Edda sitzen auf einer verrosteten Eisenstange, sonnen sich. Edda entgleisen die Gesichtszüge.
»Mein Gott, was ist denn mit dir passiert?«
Glowatzki steht auf, sieht sich das Auge an. »Ganz schöne Macke.« Geht einen Schritt zurück, ungläubiges Staunen. »Du siehst ja aus, als hättest du da drinnen den Satan getroffen.«
»Die blöde Taschenlampe gab ihren Geist auf. Ganz hinten, am Tatort. Dann ist mir noch der Deckel aufgegangen und die Batterien sind rausgefallen. Da siehst du nichts.«
»Und dann bist du irgendwo vorgelaufen?«
»Genau so. Konnte man was hören? Ich habe in der Kammer und hinten im Gang geschrien, so laut es ging.« Beide schütteln den Kopf.
»Nichts zu hören. Absolut nichts.« Dann brauchte er unser Opfer nicht mal zu knebeln. »Obwohl du ja wahrscheinlich sehr authentisch geblökt hast.« Glowatzki mit hämischem Grinsen. »Aber das nenn ich vollen Einsatz.« Anerkennendes Schulterklopfen. Er kann dem Tritt grad noch ausweichen.
16 Uhr 13
Drei Skater. Hose auf halbmast, Basketballhemden, der Lange trägt den Kappenschirm zur Seite. Rauchen, pflastern den Bürgersteig mit Rotze. Der von den Chicago-Bulls spielt nebenbei mit seinem Skateboard wie Ronaldo mit dem Ball. Neben den Glascontainern immer noch Müllberge in Plastiktüten. Vor Nummer achtundzwanzig der Behindertentransporter vom Altenheim. Auf der Tür »Seniorenresidenz Eichenhain«. Ja, ja, Seniorenresidenz. Ein Junger mit Gelhaaren fährt den Fahrstuhl auf der Hydraulikladerampe nach unten. Wohl ein Zivi. Aus den Augenwinkeln fragender Blick von beiden. Ja, ich bin’s.
»Herr Meyer?« Kurzes Nicken. »Mein Name ist Konstantin Kirchenberg. Zunächst einmal entschuldigen Sie die Verspätung, aber die Autobahn, kein Durchkommen. Ich habe den Tod Ihres Sohnes bearbeitet.« Bearbeitet! Hätte einem auch was anderes einfallen können.
»Paul Meyer. Guten Tag.« Viel zu weiter Hemdkragen, dünner Krawattenknoten, die Rückenlehne schiebt das Sakko nach oben. Die Hose kann die Leblosigkeit der Beine nicht verdecken. Wortloser Händedruck des Zivis.
»Wollen wir gleich reingehen?« Ein tiefer Nicker mit Überwindung. Der Rollstuhl hoppelt über die Kanten der Betonplatten. Das Schloss in der Tür ist defekt, aufdrücken. Durch den Hausflur zieht eine Mischung aus Tütensuppen, Bier und alten Kellerräumen. Graffiti an der Fahrstuhltür, dazwischen ein Zettel. Defekt. Ein G über dem D und ein i über dem zweiten e, mit dickem Filzstift drübergemalt. Deutsch Leistungskurs.
»Kein Problem, Herr Meyer, dann müssen wir eben auf Muskelkraft zurückgreifen. Haben ja zum Glück ’nen kräftigen jungen Burschen dabei.« Er nickt, geht mit dem Rücken voran. Der Alte ruckelt im Stuhl, nimmt es abwesend.
Der Schlüssel im Schloss hakt, durch den Spalt schwillt sofort schwerer Leichengeruch
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