Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesmuster

Todesmuster

Titel: Todesmuster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Horst
Vom Netzwerk:
provozierend. Ist das so? »Nein im Ernst. Ich habe im Studium mal eine Seminararbeit über Viktimologie bei Gewaltverbrechen geschrieben, aber das ist tausend Jahre her. Jedenfalls gibt es wohl auch Leute, die beim Töten kein sexuelles, sondern ein anderes Motiv haben. Was allerdings die Gewalt keineswegs verringerte. Ich habe damals drei Täterinterviews im Knast gemacht, das war schon grausam, da kriegte ich die Bilder schon nicht aus dem Kopf. Wenn ich mich ständig mit der Materie beschäftigen müsste, hätte ich Albträume.«
    »Und darum trainierst du jetzt Manager.«
    »Nicht nur die, Führungskräfte allgemein. Die zahlen am besten.«
    »Und als Psychologin wirst du da ernst genommen?«
    »Gerade. Geisteswissenschaftlich sind das meistens ziemlich kleine Lichter, und das wissen die auch. Mit ein bisschen Psychoverbrämung kannst du die echt beeindrucken.« Beim Lachen bekommt sie kleine Fältchen um die Mundwinkel, die Kerze spiegelt sich in ihrer braunen Iris.
    »Schöne Iris.«
    »Bitte?«
    »Du hast eine schöne braune Iris.«
    »Oh, ein Wortspiel«, ironische Bewunderung, »der Polizist als Poet. Da lass uns lieber gehen.«
    Draußen zwei Taxen mit laufendem Motor, sie hat ihr Auto auf dem Parkplatz, dieselbe Richtung. Noch irgendwo was trinken? Bei ihr?
    »Du könntest mich ja noch auf einen Kaffee einladen. Du hast doch bestimmt eine ganz tolle neue Kaffeemaschine.«
    Sie wirft den Kopf nach hinten, lacht hell. »Du meinst also, ich soll deine Bindungsängste unterstützen?«
    »Bindungsängste?«
    »Na, klar. Du bist ein Abhauer. Hier mal ein bisschen Sex, da mal ’ne schnelle Nummer. Aber nichts Festes. Ein Stück nebeneinander fliegen ist gut, aber gemeinsam landen … Was glaubst du denn, warum du immer Beziehungen zu Frauen hast, die liiert sind. Du hast zurzeit doch bestimmt auch wieder ’ne verheiratete Freundin, oder?« Sie stößt mit dem Ellbogen in die Seite.
    »Quatsch. Bindungsängste. Blödsinn. Und warum waren wir dann mal zusammen? Du warst doch auch nicht verheiratet, wenn ich mich richtig erinnere.«
    Sie bleibt stehen, dreht sich, Bauch an Bauch, das Lachen verebbt. »Weil ich auch so bin. Ich bin wie duhu.« Sie singt es leise, Rosenberg. »Und Leute wie wir erkennen sich.« Ihre Finger zupfen an den Hemdknöpfen. »Ich hatte mal eine Drogenabhängige in Therapie, damals die kurze Zeit bei der Beratungsstelle, die sagte, wenn ich auf dem Bahnsteig stehe und aus einem Zug steigen zweihundert Leute, sehe ich sofort auf einen halben Kilometer, wer ein Junkie ist.« Sie sieht wieder hoch. »Bei Leuten wie uns ist das ähnlich. Wir erkennen uns, weil wir keine Gefahr füreinander sind.« Auf die Fußspitzen, zarter Kuss. »Freiheit, die ich meine. Und zu dieser Freiheit gehört auch, dass ich heute Abend sagen kann: Ich will alleine einpennen.« Noch ein Kuss. War ja auch nicht ernst gemeint.
    »Was war das jetzt, Instant-Analyse auf dem Bürgersteig?«
    »Analyse war das gar nicht.« Mit besserwisserischer Grimasse. »Das ist was ganz anderes, Elternverhältnis zum Beispiel.«
    Elternverhältnis. Wie es Mutter wohl geht? Schon zwei Tage nicht mehr da gewesen. Morgen irgendwie einrichten.
    »Also, mach’s gut!« Sie holt den Autoschlüssel aus der Handtasche. »Danke für die Infos! Ich rufe den Typen mal an.« Noch ein Kuss zum Abschied. »Und lass uns mal wieder essen gehen. Ist schön, mit dir zu quatschen. Frauenversteher.« Über die Schulter mit einem Blinzeln.
    Viertel nach zehn. Die Dienststelle liegt auf dem Weg. Nur einmal kurz in die Tabellierbänder sehen.
    Abhauer …
    22 Uhr 48
    Der Computer fährt hoch, kurzes Flackern des Monitors, eine neue E-Mail, Kripo Essen. Gut.
    Von 20.52 Uhr. Nur knapp verpasst vorhin.
     
    Nachfrage nach dem Zeugen Birger Angelmeier, geb. Ga briel, 03.11.63 in Köln.
    Die o.g. Person ist hier unter der von Ihnen genannten Adresse seit dem 14.05.1998 gemeldet. Außerdem ist er noch Inhaber der Firma »Regenbogen«, die unter der obigen Adresse im hiesigen Industriegebiet ihren Sitz hat. Telefonisch wurde dort niemand erreicht, es wurde eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlas sen.
    Mit freundlichem Gruß
    Springer, KK
     
    Hätte er auch fragen können, ob er da anrufen soll. Mal probieren.
    »Sie sind verbunden mit der Firma Regenbogen. Leider ist unser Büro derzeit nicht besetzt. Wir sind für Sie täglich in der Zeit von sieben Uhr dreißig bis siebzehn Uhr unter dieser Nummer erreichbar. Ansonsten hinterlassen Sie bitte eine

Weitere Kostenlose Bücher