Todesmut - Gardiner, M: Todesmut - N.N. (Jo Beckett 4)
seine Singsangstimme über Funk.
»Wunderschöner Morgen, nicht? Wollen wir tanzen?«
»Wir treffen uns. Du bringst Autumn, dann arrangieren wir, wie das Geld aufgeteilt wird.«
»Nein, nein. Wir treffen uns, und du gibst mir eine Sicherheit. Damit ich weiß, dass du dein Zahlungsversprechen auch einlöst. Und ich bring dir dafür … eine Locke der kleinen Prinzessin mit.«
Langes Schweigen. »Unten in der Schlucht.«
»Bin schon unterwegs.«
»Bis gleich.«
»Bis gleich, was? «, krähte Ratner.
Das Zögern auf Haugens Seite schien das Walkie-Talkie fast zum Kochen zu bringen. »Bis gleich, Partner. «
Glucksend schaltete Ratner ab. Er streifte ein Hemd über und nahm die Schrotflinte an sich. Dann trat er in die Mine.
Jo und Gabe hielten den Atem an. Eine Minute später kam Ratner wieder heraus und steckte sich etwas in die Tasche. Er packte die Zügel und eine Handvoll Mähne und schwang sich aufs Pferd. Endlich trieb er ihm die Hacken in die Seiten und ritt durch die Schlucht davon.
Jo und Gabe warteten, bis er außer Sichtweite war. Dann standen sie auf und rannten den Hang hinunter.
53
Am Eingang der Mine verharrte Gabe. Die Klinge des Jagdmessers, das er fest in der Hand hielt, schimmerte matt im zunehmenden Licht. Er drückte sich an die felsige Wand und spähte in das Dunkel des Bergwerks.
Er legte den Finger an die Lippen und bedeutete Jo mit Gesten, dass sie den Eingang bewachen sollte.
Dann tauchte er vorsichtig hinein. Jos Herz hämmerte, als wollte es ihr aus der Brust springen. Ein kalter Luftzug strömte an ihr vorbei ins Innere. Gabes Stiefel scharrten leise über die Erde, als er in die Mine vordrang. Sie beobachtete die Hänge und die schattigen Furchen der Schlucht. Der morgendliche Himmel war ruhig, doch die Bäume schwankten hin und her, Eichhörnchen hüpften herum, Vögel flogen auf. Ihr Mund war so trocken, dass sie nicht hätte spucken können.
Drinnen schaltete Gabe die Taschenlampe ein. Dann hör te sie gedämpftes Weinen. Eine Frau, die wahrscheinlich einen Knebel vor dem Mund hatte.
»Schnell, Jo«, zischte Gabe.
Ohne zu zögern, lief sie hinein. Gleich hinter der Biegung hatte sich Gabe gut sichtbar postiert und streckte die Hand aus, um sie zu warnen. Die Taschenlampe beleuchtete den nackten Querträger an der abbröckelnden Decke des Stollens.
Jo erschrak. »O Gott.«
Mit nach oben gefesselten Händen hing Lark von dem Balken herab.
Ihre Augen glitzerten. Sie war mit einem Stoffstreifen geknebelt. Die nach oben gestreckten Arme schienen zum Zerreißen gespannt. Bestimmt hatte sie unerträgliche Schmerzen. Hinter ihr auf der Erde lehnte Noah zusammengesunken an der Wand. Seine Hände waren an die Füße gefesselt. Jo wollte zu ihm eilen.
Doch in diesem Moment schrie Lark hinter ihrem Knebel und schüttelte wild zappelnd den Kopf.
Gabe packte Jo am Arm. »Vorsicht, schau.«
Unter Lark war eine Plane über ein Loch im Boden gebreitet und mit einer Schicht Erde bedeckt worden. Gabe zog die Folie beiseite. Lark hing nicht fünf Zentimeter über der Erde, sondern über einer Grube. Der Notabfluss, der Jo schon gestern aufgefallen war.
Vorsichtig neigten sich Jo und Gabe nach vorn.
Er leuchtete mit der Taschenlampe nach unten. »Ratner hat die Speere wiederverwendet. Hat sie als Spieße aufgestellt.«
Aus dem Boden der Ablaufgrube ragten vier spitze Speere gerade nach oben. Jeder, der sich Lark genähert hätte, um sie aus ihrem Martyrium zu befreien, wäre in die fünf Meter tiefe Grube gestürzt und aufgespießt worden.
Nun begriff sie auch, warum Gabe sie von ihrem Posten am Eingang weggerufen hatte. Sie mussten zu zweit sein, um Lark aus ihrer Zwangslage zu befreien und Noah hinauszutransportieren.
»Halt noch ein bisschen aus, wir binden dich gleich los«, sagte er.
Halb erleichtert und halb verängstigt nickte Lark. Trotz des Knebels war ihr Ausruf deutlich zu verstehen. Schnell.
Gabe blickte sich um. »Ratner muss auf irgendwas gestiegen sein, um das Seil dort oben festzuknoten.«
Kurz darauf fanden sie es: eine uralte Holzkiste. Darunter lag eine Spitzhacke. Gabe reichte Jo sein Messer und stellte die Kiste an die Wand. Dann sprang er über die Grube und zog Lark am Gürtel zu sich hinüber. »Schneid das Seil durch.«
Jo kletterte auf die Kiste und durchtrennte den Strick. Lark fiel nach unten, und Gabe riss sie nach hinten. Zusammen stürzten sie auf den Boden.
Als er ihr den Knebel weggezogen hatte, umarmte sie ihn weinend. »Danke. O Gott, helft
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