Todesmut - Gardiner, M: Todesmut - N.N. (Jo Beckett 4)
Noah.«
Mit einem Satz war Jo auf der anderen Seite der Grube und schnitt die Fesseln des Jungen durch. Seine Haut war eiskalt. Sie tastete nach seinem Puls: langsam und regelmäßig, aber viel schwächer als zuvor. Dann schlug sie ihm fest mit der Hand auf die Wange, einmal, zweimal. Flatternd öffneten sich seine Augen. Als er sie bemerkte, nickte er. »Ja.«
Jo wandte sich zu Lark um. »Wo ist Autumn?«
»Er hat sie tiefer in die Mine reingeschleppt. Anscheinend gibt es mehrere Abzweigungen. Wo genau sie ist, weiß ich nicht.«
»Jetzt bringen wir erst mal euch zwei raus«, sagte Gabe.
Er lud sich Noah über die Schulter, was bestimmt für beide eine Höllenqual war. Jo nahm die Spitzhacke und lief zusammen mit Lark hinaus, um zu sehen, ob die Luft rein war. Dann winkte sie Gabe.
Er schleppte Noah ans Tageslicht. »Lark, kann einer allein zu Autumn vordringen?«
»Ich glaube schon. Soweit ich weiß, fehlt ihr nichts.«
»Zieht schon mal los. Ich hole sie und komme möglichst schnell nach.«
Gabe zögerte. »Gib Lark die Spitzhacke.«
Jo behielt das Jagdmesser. Gabe und Lark mühten sich den Hang hinauf und verschwanden dann zwischen den Bäumen.
Jo eilte zurück in die Mine. Tief geduckt rannte sie durch den Stollen. Die kalte Feuchtigkeit schien wie mit Fingern nach ihr zu greifen.
»Autumn?«
Die einzige Antwort war Finsternis.
V ielen Dank, Sheriff Gilbert.«
Tang knallte den Hörer auf die Gabel. Dann packte sie Evan am Ellbogen und zog sie aus dem Plastikstuhl hoch. »Komm. Ich muss mal an die frische Luft.«
Ungelenk kam Evan auf die Füße und folgte ihr. »Was ist passiert?«
Tang drückte auf den Knopf für den Aufzug, doch dann wandte sie sich nervös zur Treppe. Sie hatte eine Schachtel Zigaretten in der Hand. »Jos Pick-up steht nicht mehr neben der Straße, wo der Deputy ihn entdeckt hat. Ist einfach verschwunden.«
Wie Evan aus Tangs unübersehbarer Anspannung entnahm, bedeutete das nicht, dass Jo weitergefahren war, um in einem gemütlichen Motel zu übernachten.
»Bald wird es hell«, fuhr Tang fort. »Und die Wolken verziehen sich. Mit etwas Glück kann ein Hubschrauber starten und nach ihnen suchen.«
»Mit etwas Glück?«
»Die Straßen sind unterspült. Andere Camper sind gestrandet, und mehrere Autos wurden bei der Sturzflut von der Straße geschwemmt. Ein einziges Chaos. Polizei und Rettungskräfte sind total überfordert.«
Sie trabten die Treppe hinunter bis zum Erdgeschoss. Tang stapfte weiter durch die Tür, hinaus in die unangenehm klamme Dämmerung. Auf dem Gehsteig stoppte sie, wölbte die Hand und zündete sich eine Zigarette an.
»Ist der Deputy immer noch nicht aufgetaucht?«, fragte Evan.
»Keine Spur von ihm und dem Streifenwagen.« Tang steckte das Feuerzeug ein und inhalierte mit zusammengekniffenen Augen.
Sieht nicht nach einem glücklichen Ende aus. Die Straße wirkte bedrückend und leer. Zu den Attraktionen gehörten Kautionsvermittlungen und eine Autowerkstatt.
Tang starrte die einsam leuchtenden Ampeln an, die bis hinunter zur Bucht keinen Verkehr zu regeln hatten. »Wie passt das deiner Meinung nach alles zusammen?«
»Dane Haugen hat Autumn Reinigers Gruppe auf ihrem Abenteuerwochenende gekapert.«
»Und der Rest?«
»Ruben Kyle Ratner arbeitet für Edge Adventures. Außerdem hat er Phelps Wylie ermordet. Er hat ihn hier in der Stadt entführt und ihn gezwungen, in die Sierras zu fahren. Dort hat er ihn umgebracht und die Leiche in die Mine geworfen.«
»Und Jo ist da einfach so reingestolpert?«
»Ja und nein. Sie war zur falschen Zeit am falschen Ort. Aber es war kein Zufall.«
Trotzdem passte es noch nicht zusammen. Nicht ganz.
Plötzlich knallte hinter ihnen die Tür, und Ferd kam keuchend herausgerannt. Er trug ein Headset und hatte die Augen weit aufgerissen. »Ich hab’s! Ragnarok. Die nächste Ebene bei dieser Mythologiegeschichte.«
Tang machte den Eindruck, als wollte sie ihm eine Ohrfeige verpassen. Andererseits schien sie ohnehin am liebsten die Faust gegen eine Ziegelwand rammen zu wollen.
Evan hob beschwichtigend die Hände. »Was ist los, Ferd?«
Aufgeregt tänzelte er auf den Zehen herum. »Wie gesagt, Ragnarok bedeutet in der nordischen Mythologie das Ende der Welt und den Untergang der Götter. ›Schicksal der Götter‹, wörtlich übersetzt. Ich weiß, du hast US -Datenbanken nach Informationen zu dem Begriff durchsucht. Ich habe parallele Nachforschungen angestellt.«
Tang ruckte mit dem Kopf. Schneller.
»Ich
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