Todesmut - Gardiner, M: Todesmut - N.N. (Jo Beckett 4)
scharrten. Mit brüllendem Getriebe jagte der Wagen ihr nach.
Sie trieb das Pferd den Hang hinauf und schrie: »Schneller!«
Der Hengst grub die Hufe in die weiche Erde und stürmte bergauf. Der Motor drehte noch höher, und die Scheinwerfer schaukelten wild hin und her, als der Wagen nach dem Durchbrechen des Zauns vom Boden abprallte. Ja, weiter so! Ratner drückte auf die Tube.
Und knallte direkt in die Rinne.
Die Scheinwerfer sackten einfach nach unten weg. Das Kühlergitter prallte auf die gegenüberliegende Wand des Grabens. Das Heck wurde von der Schwerkraft nach oben gerissen und kippte wieder nach unten. Immer noch brüllte der Motor.
Der Hengst lief weiter den Hügel hinauf, und Jo klammerte sich fest. Kalt und von Regentropfen glitzernd, fegten ihr Äste über Gesicht und Schultern. Sie zerkratzten ihr den Hals und hinterließen das scharfe Aroma von Kiefernharz in ihrem Haar.
Verzweifelt trieb sie das Pferd weiter, immer gefasst auf den Knall der Schrotflinte. Schließlich warf sie einen vor sichtigen Blick zurück. Bergab trübten wirbelnder Staub und Dampf aus dem zerborstenen Kühler das Scheinwerferlicht zu einem blassen Braun.
Gerade schwang knarrend die Wagentür auf.
Danach sah sie sich nicht mehr um.
36
Das Pferd schnaufte schwer und hatte bereits Schaum vor dem Mund. Endlich gelangte Jo zu dem Grat, den sie vor einer Stunde überquert hatte. Durch den Wind und den anhaltenden Regen konnte sie von unten das Rauschen des Flusses hören. Tief über den Hals des Hengstes gebeugt, lenk te sie ihn durch die Bäume. Sie wusste, dass sie Kyle hinter sich gelassen hatte, dass sie außer Reichweite der Schrotflinte war – allerdings nur fürs Erste. Sicher hatte er die Verfolgung aufgenommen.
Donner krachte aus dem Nachthimmel, und dann setzte der Regen erneut mit voller Wucht ein. Er prasselte durch die Äste und durchweichte sie. Das Haar klebte ihr in Streifen am Kopf.
Der Hang wurde steiler. Sie trieb das Pferd an.
Trotz seiner Erschöpfung gehorchte es treu. Sie tätschelte ihm den Hals. Nach all den Ereignissen konnte sie es nicht einfach weiter Pferd nennen.
»Faithful«, sagte sie. »Genau das bist du. Treu.«
Der Stein kam aus der Dunkelheit. Mit aller Kraft geschleudert, tauchte er wie aus dem Nichts auf und traf sie direkt an der Stirn.
Um ihr Gesichtsfeld explodierten Feuerwerkskörper, hellrot und gelb zuckten sie durch die Nacht. Dumpf und schockierend waberte der Schmerz durch ihren Kopf.
Sie registrierte kaum, dass jemand vor ihr auf den Weg gesprungen war. Eine schrille Stimme schrie: »Halt. Halt, Pferd.«
Der Hengst bohrte die Hinterhufe in die weiche Erde und bäumte sich auf. Jo wollte nach der Mähne greifen, doch schon spürte sie, wie sie abrutschte. Sie landete mit dem Hintern im Dreck.
»Verdammt.« Eine Frauenstimme.
Vor Jos Augen pulsierten farbige Blitze, als sie aufblickte. Dann erkannte sie Autumns Reitstiefel, die im Regen schimmerten. Sie versuchte, aufs Pferd zu steigen. Es war ein zappeliger Tanz. Autumn hüpfte auf einem Fuß dem Hengst nach, der sich immer wieder von ihr abwandte.
Jo konnte es nicht fassen. »Willst du mir etwa das Pferd stehlen?«
»Nein, ich hab Mist gebaut.« Endlich brachte Autumn einen Fuß in den Steigbügel und umklammerte den Sattel knauf. Der Hengst kreiste weiter. »Komm.«
Mit wummerndem Schädel rappelte sich Jo hoch. »Lass mich bloß nicht hier sitzen.«
Als sie einigermaßen sicher stand, zeigte Jo dem Pferd beschwichtigend die erhobenen Hände. »Brr.«
Wie von Zauberhand hörte der Hengst auf, sich zu drehen. Er warf den Kopf zurück und blähte die Nüstern, dann wurde er still.
Jo nahm die Zügel. Sie schaffte es nicht, ihre Empörung zu unterdrücken. »Warum wirfst du mit Steinen nach mir?«
»Ich dachte doch, er ist es.« Autumn ächzte und zog sich ungeschickt in den Sattel. »Komm schnell.«
Jo schob Autumns Fuß aus dem Steigbügel und zwängte unter Schmerzen ihren Stiefel hinein. Dann wuchtete sie sich mühsam hinter dem Mädchen auf den Sattel.
»Sei froh, dass er es nicht war.« Sie schlang beide Arme um Autumn. »Aber er wird kommen. Wir müssen zurück zum Hummer und mit den anderen von dort abhauen.«
Autumn atmete schwer. Anscheinend forderten die Höhe und das Laufen im Wald ihren Tribut. Mit einem Schnalzlaut setzte Jo Faithful in Bewegung.
»Wenn ich gewusst hätte, dass du es bist, hätte ich den Stein nicht geworfen«, erklärte Autumn.
Jo brummte der Schädel. »Okay.«
»Ich
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