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Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live

Titel: Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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ihren unangenehmen Erinnerungen loszureißen, und den Drang, die verfallenen Gebäude nach vertrauten Türen und Wänden abzusuchen.
    Hinter dem Hauptgebäude erhaschte sie einen Blick auf ein
Gewirr von Bäumen über einem Tunnel aus dunklen Schatten. Der Viehmarkt war in der Nähe des Bahnhofs abgehalten worden, in einer Zeit, als Straßenverkehr noch keine Selbstverständlichkeit war. Doch die zugewucherten Gleise, auf denen einst Viehwagons entladen wurden, waren inzwischen entfernt worden, und es war nur eine geheime Gasse durch diesen Teil der Stadt geblieben.
    Das war etwas, was jeder von Zeit zu Zeit brauchte, oder etwa nicht? Einen Blick in eine versteckte, private Straße, die vielleicht in ein neues Leben führte.
     
     
    Angie musste an diesem Abend ins The Feathers in der New Street, wo sie hinter der Bar arbeitete. Trotzdem hatte sie ein geheimnisvolles Lächeln auf den Lippen, als sie eine Jeansjacke über ihr T-Shirt anzog.
    Diane war froh, dass ihre Schwester inzwischen wesentlich besser aussah als zu dem Zeitpunkt, als sie bei ihr eingezogen war. Doch es lauerte noch immer irgendetwas unter der Oberfläche, mit dem sie nicht umzugehen wusste. Es war der Hauptgrund dafür, dass sie sich manchmal selbst Mut zusprechen musste, bevor sie ihre eigene Wohnung betrat, wie sie es auch am heutigen Abend getan hatte. Ja, sie musste sich zusammenreißen, um ihrer eigenen Schwester gegenübertreten zu können. Und dann musste sie natürlich auch noch ihr Schuldbewusstsein unterdrücken.
    Angies Job hatte den Vorteil, dass sie ihr nicht mehr auf der Tasche lag. Oder zumindest nicht mehr so sehr. Mit ihrem Lohn und etwas Trinkgeld sollte sie in der Lage sein, sich ein paar neue Sachen zum Anziehen zu leisten. Doch Bekleidung schien das Letzte zu sein, wofür Angie sich interessierte.
    Das andere Problem war, dass es in der Wohnung nur ein Schlafzimmer gab. Sie hatten das Wohnzimmer zu einem zweiten Schlafzimmer umfunktioniert, in dem ihre Schwester nunmehr seit ein paar Monaten schlief. Genau genommen,
waren es bereits mehr als nur ein paar Monate. Es war schon merkwürdig, dass die Wohnungen mancher Leute zu bewohnt wirkten.
    Während Angie sich fertig machte, betrachtete Diane die Tapete. Sie war gestreift und in einem blassen Braunton gehalten, den sie bislang kaum zur Kenntnis genommen hatte.
    »Sag mal, Schwester, würdest du mir beim Renovieren helfen?«, fragte sie.
    »Was?«
    »Das ist längst überfällig. Ich dachte an etwas Modernes. Gebrochenes Weiß und Dunkelgrau. Was hältst du davon?«
    Angie stöhnte. »Was, zum Teufel, ist los mit dir, Di? Verwandelst du dich jetzt in Carol Smillie? Wenn ja, kannst du mich genauso gut gleich abknallen, denn dann könnte ich nicht mehr mit dir zusammenwohnen.«
    »Wer ist denn Carol Smillie?«
    »Soll das ein Witz sein? Sie hat früher in solchen Vorher-Nachher-Shows im Fernsehen die Häuser von Leuten renoviert.«
    »Und warum hat sie das gemacht?«
    »So was nennt man Unterhaltung.«
    Fry ging in der Wohnung auf und ab. »Dann könntest du dich mit der Idee also nicht anfreunden? Hier ein paar Wände in gebrochenem Weiß und dort eine in Dunkelgrau. Vielleicht ein abstraktes Gemälde in einem verchromten Rahmen.«
    »Das würde mich in den Wahnsinn treiben«, sagte Angie. »Das klingt total kühl und seelenlos. Ich würde das wahrscheinlich nicht länger als einen Tag aushalten.«
    »Ja, das hab ich mir schon gedacht«, sagte Diane.
    »Das hast du doch nicht wirklich vor, oder?«
    »Eines Tages. Eines Tages mache ich es vielleicht.«
    Nachdem Angie gegangen war, lief Diane eine Zeit lang in der Wohnung umher, ruhelos und mit irgendetwas unzufrieden.
Es kam ihr vor, als sei sie ständig unzufrieden, seit sie in Derbyshire war.
    Sie starrte die Tapete abermals zornig an und stellte plötzlich fest, wie hungrig sie war. Dann fiel ihr Ben Cooper ein. In seiner Wohnung in der Welback Street war er sicher der perfekte Hausmann.
     
     
    Später am selben Abend beugte sich Georgi Kotsev über einen Tisch im Restaurant Caesar’s und hob sein Glas. »Wir sagen Nazdrave .«
    »Cheers.«
    »Ja. Cheers.«
    »Ist der Wein in Ordnung?«, fragte Fry. »In Edendale gibt es keine große Auswahl an Lokalen.«
    » Losho nyama . Kein Problem.«
    Das letzte Mal, als Fry ins Caesar’s zum Essen gegangen war, hatte Angie sie begleitet. Es war einer jener vergeblichen Versuche gewesen, die Bande zwischen ihnen neu zu knüpfen. Sie erinnerte sich, dass ihre Schwester sie

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