Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live

verbunden war. Das System war darauf ausgelegt, Zugriff auf Informationen aus allen Schengen-Staaten zu ermöglichen und Alarm zu schlagen, wenn jemand verdächtigt wurde, in organisiertes Verbrechen verwickelt zu sein. Das würde sich als äußerst nützlich erweisen – sobald es verfügbar war. In dem Seminar war erwähnt worden, dass der britische Teil des Systems vom Sirene UK Bureau verwaltet werden würde. Und das sollte beim National Criminal Intelligence Service untergebracht werden. Was für eine Vorstellung.
    »Wir sind immer noch nicht auf dem Laufenden, was organisierte
Kriminalität betrifft, nicht wahr?», sagte Fry, als Cooper aufstand und an ihrem Schreibtisch vorbeiging.
    »Das ist einer der Gründe dafür, warum bei uns umstrukturiert wird, oder? Das und die Probleme unserer Nachbarn.«
    »Wir können Nottinghamshire nicht die Schuld dafür geben.«
    »Wir können es wenigstens versuchen.«
    Fry seufzte. »Du bist so was von engstirnig«, sagte sie. »Ihr seid alle so was von engstirnig.«
     
     
    Die Plastikhülle auf dem Schreibtisch des Detective Inspectors war inzwischen mit einem Etikett der Dokumentenabteilung des forensischen Labors versehen, auf dem stand, dass sie ein Beweisstück enthielt.
    »Es wurde bestätigt, dass es sich bei dem Reisepass um eine Fälschung handelt«, sagte Hitchens. »Für Rose Shepherds Führerschein gilt dasselbe. Mit diesen beiden Dokumenten kann man sich im Handumdrehen eine neue Identität aufbauen.«
    »Schade, dass nirgendwo eine Geburtsurkunde aufgetaucht ist«, stellte Fry fest.
    »Eine Geburtsurkunde braucht man nur dann, wenn man einen echten Reisepass beantragt. Leuten, die gefälschte Ausweispapiere anbieten, ist es egal, wo man geboren wurde. Also besitzt die Person, die sich Rose Shepherd nannte, vermutlich keine Geburtsurkunde.«
    »Was ist mit ihrer DNA und ihren Fingerabdrücken?«, fragte Fry.
    »Wir haben sie in die Datenbank eingegeben.«
    »Kein Wunder, dass sie sich einen Reißwolf angeschafft hatte. Wer eine falsche Identität hat, muss Sicherheitsvorkehrungen treffen. Aber sie ist trotz ihrer Verbindungen nach Osteuropa keine typische Terrorismus-Verdächtige, oder?«
    »Stimmt. Aber sie muss die richtigen Kontakte gehabt haben,
um ihre Identität so effektiv wechseln zu können. Nikolov ist dafür ein wahrscheinlicher Kandidat. Aber in Anbetracht ihrer Verbindungen zu organisierter Kriminalität gäbe es noch jede Menge andere Möglichkeiten. Wenn wir ihre wirkliche Identität kennen, werden wir auch das Motiv für ihre Ermordung herausfinden. Sie muss in der Vergangenheit irgendetwas getan haben, was sie vertuschen wollte.«
    Cooper nickte, doch er hatte seine Zweifel. Er stellte fest, dass er das Bild, das er sich von Miss Shepherd gemacht hatte, nicht mit der Vorstellung in Einklang bringen konnte, dass sie eine Kriminelle mit einer Vergangenheit voller schmutziger Geheimnisse war. Wenn sie Katzen gemocht hatte, konnte sie gar nicht durch und durch schlecht gewesen sein.
    Als diese Frau in eine neue Identität geschlüpft war, hatte sie allerdings ziemlich gute Arbeit geleistet. Doch ganz perfekt konnte auch sie nicht gewesen sein. Es war einfach nicht möglich, wieder ganz bei null anzufangen, wie Rose Shepherd es sich offenbar erhofft hatte. Im Leben jedes Menschen gab es ein paar Fäden, die nicht abrissen. Ganz egal, wer sie war und woher sie kam, Rose Shephard war ein Produkt der Erfahrungen, die sie in ihrem sechzigjährigen Leben gesammelt hatte.
    Und in Miss Shepherds Leben musste es Menschen gegeben haben, die sie nicht ganz hatte hinter sich lassen können. Obwohl sie ihre Identität gewechselt hatte, war davon auszugehen gewesen, dass einer von ihnen sie eines Tages finden würde. Es ging nur darum, den richtigen Faden zu entdecken – den einen Faden, der nicht abgerissen war.
    »Habe ich das eigentlich schon erzählt?«, sagte Cooper. »Ich glaube, ich habe herausgefunden, woher der Holzdinosaurier stammt.«
     
     
    Gavin Murfin schien während der Besprechung vom Glanz von Kotsevs Schuhen fasziniert gewesen zu sein. Er hatte die
ganze Zeit mit gesenktem Blick dagesessen, als sei er hypnotisiert.
    »Was hältst du von ihm, Gavin?«, erkundigte sich Fry anschließend.
    »Seine Schuhe glänzen wie verrückt.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja, ziemlich militärisch. Ich wette, er fühlt sich in Uniform viel wohler.«
    »Alles ein Teil seines professionellen Auftretens, meinst du nicht?«
    Murfin schniefte, schnappte aber nicht nach