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Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live

Titel: Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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Überbleibsel aus der Vergangenheit in einer zusätzlichen Dimension, wo sie nur sichtbar waren, wenn man wusste, dass es sie gab, und sie direkt betrachtete.
    Im Mauerwerk der St.-Helen’s-Kirche in Darley Dale befand sich eine Sheela-na-Gig. Die Göttin der Schöpfung und der Zerstörung. Sicherlich nahmen nur wenige Leute sie zur Kenntnis oder waren sich ihrer Bedeutung bewusst. Und wenn sie es taten, machten sie sich dafür stark, dass sie entfernt wurde.
    Ein paar Meilen weiter die Straße hinunter, in der Kirche
von Matlock, befand sich eine Vitrine mit sogenannten crantsies : im Lauf der Zeit nachgedunkelte Jungfern-Blumenkränze, von denen jeder an den Tod einer unverheirateten Frau erinnerte. Rahmen aus Korbgeflecht waren mit Symbolen der Reinheit verziert – mit Bändern, Rosen, weißen Papierblumen – und umgaben einen Kragen, ein Paar Handschuhe, ein Taschentuch oder irgendetwas anderes, was der jeweiligen Frau gehört hatte.
    »Spielt Folklore in Bulgarien eine wichtige Rolle, Georgi? Ich kann mir vorstellen, schon.«
    »Ja, sicher. Als ich noch sehr jung war, hat mir meine Großmutter ein Buch mit bulgarischen Märchen geschenkt. In den Geschichten kamen viele übernatürliche Figuren vor: Werwölfe, Vampire, Waldnymphen. Und es gab darin viele Abbildungen. Als Kind prägt sich einem so etwas ins Gedächtnis ein.«
    »Ja, das stimmt.«
    »Ich erinnere mich vor allem an ein Märchen. Es ging darin um einen Mann, der sich auf einem anderen Planeten wiederfindet, in einer anderen Welt. Er kann nur in seine eigene Welt zurückkehren, indem er auf dem Rücken von zwei Adlern fliegt. Doch er muss die Adler mit seinem eigenen Fleisch füttern, damit sie ihn zurückbringen.«
    Cooper war eigentlich kein großer Freund von Märchen, doch er wusste, dass einige von ihnen angeblich eine tiefe symbolische Bedeutung hatten, falls es einem gelang, sie herauszufinden.
    »Und was hat Sie diese Geschichte gelehrt, Georgi?«
    »Dass es manchmal nötig ist, alles zu opfern, um dort hinzugelangen, wo man sein will – unter Umständen sogar das eigene Fleisch und Blut.«
    »Ich verstehe.«
    Dann lächelte Kotsev, und seine dunklen Augen funkelten. »Außerdem hat sie mich gelehrt, dass man Adlern niemals
trauen sollte. Auch wenn sie einem versprechen, dass sie einem einen Gefallen tun.«
    Der Shogun war unter einer Brücke abgestellt worden, die zu einer nicht mehr benutzten Bergbau-Bahnlinie gehörte. Genau genommen, handelte es sich nicht einmal mehr um eine Brücke, da die mittlere Sektion entfernt worden war. Doch sie hatte ohnehin nur über den Feldweg einer Farm geführt. Nach den tiefen Fahrrinnen im Schlamm zu urteilen, musste der Farmer im Lauf der Woche mehrmals an dem Shogun vorbeigefahren sein, ohne sich die Mühe zu machen, ihn zu melden.
    Ein Streifenwagen der Verkehrspolizei stand auf Höhe der Brücke am Straßenrand Wache. Allerdings hatte jemand gründliche Arbeit geleistet, als er den Shogun in Brand gesteckt hatte. Es wäre sicher nur noch schwer zu erkennen gewesen, welche Farbe die verkohlte Lackierung ursprünglich gehabt hatte, wenn nicht ein paar Streifen auf der linken Seite der Motorhaube und an den Kotflügeln unversehrt geblieben wären. Die Innenausstattung sah dagegen verhältnismäßig unbeschädigt aus.
    Cooper schaute sich in der Umgebung um. Der letzte Blick auf die Karte hatte ihm eine ungefähre Vorstellung vermittelt.
    »Das Auto kann uns nicht viel verraten, bis die Spurensicherung eintrifft«, sagte er. »Ich würde mich gerne mal da oben umsehen, Georgi.«
    »Sehr gerne. Sergeant Fry sagt, Sie wüssten alles über diese Gegend.«
    »Wirklich?«
    »Ja, in der Tat. Sergeant Fry muss eine sehr hohe Meinung von Ihnen haben.«
    Cooper lachte. »Ich glaube, Sie kennen sie noch nicht lange genug. Das war vermutlich nicht als Kompliment gemeint.«
    Obwohl Kotsev längere Schritte als Cooper machte, war
er es aber offensichtlich nicht gewöhnt, durch unwegsames Gelände zu marschieren, und vor allem nicht bergauf. Bereits nach wenigen Minuten fing er an zu keuchen. Das war in Coopers Augen ein Zeichen dafür, dass man zu viel Zeit in der Stadt verbrachte. Ganz egal, wie muskulös jemand war, auf einem Hang mit fünfundvierzig Grad Steigung trennte sich die Spreu vom Weizen.
    »Wohin gehen wir?«, erkundigte sich Kotsev keuchend. Er blieb stehen und sah Cooper nach, der sich immer weiter von ihm entfernte.
    »Nur bis zum höchsten Punkt dieses Hügels.«
    » Chaga, chaga . Warten

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