Todesnacht: Island-Thriller (German Edition)
Stadt … ins Sündenbabel!« Er lehnte sich über den Tisch und versuchte zu lächeln.
»Haben Sie in einem Hotel übernachtet?«
»Nein, bei einem Freund. Wollen Sie seinen Namen und seine Adresse?« Er lehnte sich wieder auf seinem Stuhl zurück.
»Ja, bitte.« Ari notierte beides und fuhr dann mit der Vernehmung fort: »Wann sind Sie wieder losgefahren?«
»Heute Morgen.«
»Wie war es, mit Elías zu arbeiten?«
»Ein bisschen speziell«, antwortete Páll verunsichert.
»Was meinen Sie?«
»Es war schwierig, mit Elli und Svavar zusammenzuarbeiten. Die beiden kannten sich schon lange, und ich hatte immer das Gefühl, dass sie noch mit ganz anderen Dingen beschäftigt waren, über die ich nichts wusste.«
»Andere Dinge? Andere Aufträge?«
»Ja, vielleicht. Ich weiß es einfach nicht.« Er senkte die Stimme: »Oder vielleicht mit etwas … tja, das nicht ans Licht kommen sollte, verstehen Sie?«
»Und warum haben Sie uns nichts davon erzählt?«
»Das war nur so ein Gefühl, ich hatte nie was in der Hand. Sonst wäre ich natürlich zur Polizei gegangen.« Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Die beiden waren in den letzten Tagen besonders aufgeregt, irgendwie nervös. Als würden sie ein Riesending drehen. Aber ich habe nie was darüber erfahren.« Páll zuckte zur Bekräftigung mit den Schultern.
»Wie lange haben Sie zusammengearbeitet?«
»Eineinhalb Jahre ungefähr. Elli hat mich eingestellt, kurz nachdem er hergezogen war.«
»Was war er für ein Typ?«
Páll überlegte. »Es ist schwer, ihn zu beschreiben. Ich fand ihn immer ein bisschen unheimlich. Und dann hat er sich angeblich für wohltätige Zwecke interessiert. Das war eindeutig gelogen. Er war sich immer selbst am nächsten. Ich glaube, er hätte gerne einen Haufen Geld verdient und wäre ins Ausland gegangen. Svavar hat jedenfalls oft davon geredet, in wärmere Gefilde zu ziehen.« Er beugte sich vor und senkte die Stimme: »Und mit meinem Gehalt wäre das nicht möglich gewesen. Entweder habe ich besonders wenig verdient oder die beiden hatten noch andere Einnahmequellen, von denen niemand etwas wusste.«
»Was ist mit Logi? War der auch in diese Geschichte involviert?«, fragte Ari.
»Ich bin mir, ehrlich gesagt, nicht sicher. Ich glaube nicht. Aber ihm haben sie mehr vertraut als mir. Einmal Bulle, immer Bulle, was?« Er grinste. »Wobei ich Elli gestern mit Logi reden sehen habe, und als ich dazu kam, wurden sie plötzlich ganz still. Vielleicht war er ja doch in die Sache verwickelt. Tja, oder sie wollten ihn in den Geheimbund aufnehmen!«, sagte Páll scherzhaft, wirkte aber trotzdem ein bisschen beleidigt, nicht miteinbezogen worden zu sein.
Hlynur hatte Ari mit Palli ins Verhörzimmer gehen sehen.
Er wusste genau, dass er vor einem Jahr da drinnen gewesen wäre, nicht Ari. Wut kochte in ihm hoch.
Er musste unbedingt herauskriegen, wer ihm diese Mails schickte. Dann würde er wieder festen Boden unter den Füßen bekommen.
Hlynur riss sich zusammen und betrachtete die Nachrufe auf Gauti. Es war lange her, seit er sie zuletzt angeschaut hatte. Gautis Todestag war der 10 . Mai. Die erste E-Mail war genau an diesem Tag gekommen, ein paar Jahre nach Gautis Tod. Das war kein Zufall.
Aus der Einleitung des Nachrufs ging hervor, dass Gauti zwei Geschwister hatte. Eine Schwester, ein paar Jahre jünger als er, und einen älteren Bruder. Als er starb, war sein Vater schon tot gewesen, aber seine Mutter hatte noch gelebt.
Hlynur notierte sich die Namen und schlug sie im Melderegister nach.
Die Geschwister wohnten im Hauptstadtbereich, aber Gautis Mutter war inzwischen verstorben. Hlynur fand ohne große Schwierigkeiten Nachrufe auf sie. Sie war ein Jahr nach Gauti gestorben. Er überflog die Nachrufe und hatte das unangenehme Gefühl, dass sie aus bloßer Trauer über Gautis Tod gestorben war. Doch aus den Nachrufen ging nicht hervor, ob sie sich das Leben genommen hatte.
Hlynur wurde ganz mulmig. War es nicht schon schwer genug, die Verantwortung für Gautis Tod zu tragen? Jetzt hatte er auf einmal zwei Menschenleben auf dem Gewissen.
In seinem Kopf rauschte es, Hoffnungslosigkeit durchströmte ihn, aber er versuchte, sie abzuschütteln.
Im Internet suchte er nach Fotos von Gautis Geschwistern.
Sein Bruder hieß Oddur. Hlynur fand schnell ein Bild von ihm, hatte ihn aber noch nie zuvor gesehen.
Gautis Schwester hatte einen gängigeren Namen. Guðrún. Bei der Bildersuche im Netz kamen mehrere Frauen in Frage,
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