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Todesnacht: Island-Thriller (German Edition)

Todesnacht: Island-Thriller (German Edition)

Titel: Todesnacht: Island-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ragnar Jónasson
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ich, was zumindest die halbe Wahrheit war.
    Es entstand eine kleine Pause.
    Nur der Wind war noch zu hören, ein Sturm an einem Sommertag. Das war so nah am Meer normal, ohne Berge, die den Bewohnern im Tiefland Schutz bieten konnten – die einzigen Berge waren die Vulkane, die nichts und niemanden verschonten.
    Und dann geschah das, was alles änderte.

8 . Kapitel
    Ívar wollte sich diese Gelegenheit nicht durch die Lappen gehen lassen.
    Er war karrierefixiert und hatte seine jetzige Position nicht durch übermäßige Rücksichtnahme erlangt. Die Nachrichtenredaktion hatte ihn von der Konkurrenz abgeworben, er wurde gut bezahlt und bekam zweifellos mehr Gehalt als die meisten seiner Kollegen. Er hatte sich gut positioniert, wollte aber mehr. Natürlich hatte er es auf den Job des Nachrichtenchefs abgesehen. Auf diesem Stuhl saß eine Frau, María, mit der er recht gut auskam. Sie hatte sich ebenso wenig wie er in der Redaktion hochgearbeitet, sondern kam von einer Tageszeitung. Deshalb verstanden sie sich gut. Sie kamen beide von auswärts, wollten Fuß fassen und Zugang zum inneren Zirkel der Redaktion bekommen, aber gleichzeitig auf Abstand bleiben. Sie wegen ihrer Position und er wegen der Position, die er anstrebte. María blieb nie lange an einem Arbeitsplatz, und Ívar glaubte nicht, dass sie länger als drei oder vier Jahre in der Redaktion bleiben würde. Und dann wäre er an der Reihe.
    In der Zwischenzeit musste er allerdings noch einiges einfädeln, vor allem die Kollegen loswerden, die ihm nicht vertrauten. Und dabei stand Ísrún an erster Stelle. Ihr ganzes Auftreten ging ihm auf die Nerven. Sie war übertrieben selbständig und ehrgeizig und außerdem schon lange in der Redaktion, wenn auch mit Unterbrechungen. Sie war ein Teil dieser verdammten Clique und kannte ihre Kollegen noch von früher. Sie vertrauten ihr. Zum Glück hatte Ívar Verbündete in der Gruppe gefunden, wie zum Beispiel Kommi, aber er musste Ísrún unter Kontrolle halten.
    Tief im Inneren fürchtete er sogar, sie könnte so dreist sein, sich auf den Job als Nachrichtenchefin zu bewerben, wenn es so weit war. Gott sei Dank hatte er im Gegenteil zu ihr oft die Redaktionsleitung inne. Die Position des Redaktionsleiters wurde unterschätzt, denn der hatte im Grunde oft mehr Einfluss als der Nachrichtenchef. Er entschied über die tägliche Arbeit, verteilte die Aufgaben und legte fest, in welcher Reihenfolge die Meldungen gesendet wurden. Auf diese Weise konnte er Ísrún belanglose Themen geben, die meistens in den Spätnachrichten landeten. Bei den Spätnachrichten konnte man sich nicht profilieren, das wusste Ívar genau.
    Er behielt Marías Bürotür im Auge und wartete auf einen günstigen Moment. Die Tür ging auf, und ein Mann, den Ívar aus der Buchhaltung kannte, verließ das Büro. Das war seine Chance, auch wenn María nach einem Gespräch mit der Finanzabteilung meistens nicht unbedingt bester Laune war.
    Er spähte in ihr Büro und sagte freundlich: »Störe ich?«
    »Nein, kein Problem.« Sie setzte ihre Lesebrille ab und sah ihn scharf an. Er hatte schon oft gedacht, dass er nicht gerne von ihr interviewt werden würde, zumindest nicht, wenn sie die Absicht hätte, ihrem Gesprächspartner etwas Prekäres zu entlocken. »Setz dich.« Sie sagte nie »nimm bitte Platz« und verschwendete keine unnötigen Worte.
    »Es geht um Ísrún.« Ívar sprach automatisch etwas leiser als sonst.
    María schwieg.
    »Sie ist in den Norden gefahren, um in diesem Mordfall zu recherchieren.«
    María nickte, immer noch schweigend.
    »Ich wollte sie eigentlich nicht fahren lassen, wir brauchen hier alle Leute, aber sie hatte einen Informanten, der das Opfer, diesen Elías, mit Drogenschmuggel in Verbindung gebracht hat. Ich hatte gehofft, sie würde uns eine tolle Schlagzeile liefern. Manchmal muss man dem Nachwuchs eine Chance geben, auch wenn sie in letzter Zeit keine besonders gute Arbeit geleistet hat.« Er benutzte das Wort »Nachwuchs« absichtlich, damit María nicht darauf kam, wie lange Ísrún in Wahrheit schon in der Redaktion arbeitete.
    »Und?«
    »Tja, ihre letzten Berichte waren nichtssagend und eintönig, so dass ich gezwungen war, sie nach hinten zu schieben. Manchmal musste ich sie sogar bitten, sie noch mal zu überarbeiten. Ísrún hat einfach keinen Biss mehr«, sagte er und bemühte sich, eine besorgte Miene aufzusetzen.
    »Auf dem Bildschirm wirkt sie immer so abgekämpft«, meinte María

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