Todesnacht: Thriller (German Edition)
an die Locken konnte er sich noch gut erinnern. » Du glaubst, das soll Carroll sein? «
» Ich weiß es nicht. Dunkle Locken. Blaue Augen. Könnte Zufall sein. Oder auch nicht. Seine Frau war eines der ersten Opfer. Andererseits … Du schwärmst doch immer von meinem Täterradar. Wenn Carroll unser Killer sein sollte, dann hat der Radar versagt, und zwar gründlich. Mir war er jedenfalls von Anfang an sympathisch. «
» Dein Radar funktioniert möglicherweise einwandfrei. Tracy Carlin hat mir erzählt, dass Carroll ein bombensicheres Alibi für die Nacht hat, in der seine Frau ermordet wurde. «
» Ja, ich weiß. Das hast du gestern Abend schon mal gesagt. Aber da war ich ein bisschen abgelenkt. Vielleicht kannst du’s mir noch mal erzählen. «
Sie setzten sich auf eine Bank am Ufer und sahen dem schlammigen Fluss nach.
» Nach dem Mord an Liz Carroll « , sagte McCabe, » hat Ganzer den Ermittlern verraten, dass Seans ursprüngliches Alibi – dass er zusammen mit Ganzer bei einer Observation gewesen sei – getürkt war. Carroll hat niemanden observiert. Die Ermittler haben Carroll mit Ganzers Aussage konfrontiert. Carroll hat die Lüge daraufhin zugegeben und ausgesagt, dass er gehofft habe, dass Ganzer, der ihm direkt unterstellt war, ihn decken würde. Aber jetzt hatte er keine andere Wahl mehr, als den Ermittlern die Wahrheit zu sagen – nämlich dass er die Nacht bei einer anderen Frau verbracht habe. Natürlich haben sie sich erkundigt, wer diese Frau war. Und er hat gesagt, dass er ihre Identität aus Rücksicht auf die Ehre der Dame nicht preisgeben könne. «
» Wie edel. Hat seine Geschichte sich bestätigen lassen? «
» Ja. Die Frau hat sich freiwillig gemeldet und bestätigt, dass Sean bei ihr geschlafen hat. «
» Und man hat ihr geglaubt. «
» O ja. Man hat ihr geglaubt. Hundertprozentig. «
» Weshalb? «
» Die Frau war Susan Marsh. «
» Unsere Susan Marsh? «
» Ganz genau, unsere Susan Marsh. «
» Großer Gott, ehrlich? «
» Großer Gott, ehrlich. Genau meine Worte, als Tracy mir den Namen verraten hat. «
» Was meinst du. Ob sie mit uns redet? «
McCabe zuckte mit den Schultern. » Es gibt nur eine Möglichkeit, das herauszufinden. «
Er zog sein Handy aus der Gürteltasche, sah nach, ob er ausreichend Empfang hatte, und tippte aus dem Kopf eine Nummer ein. Es war nicht so, dass er Susan Marsh besonders oft anrief. Aber er hatte nun mal diese seltsame Gedächtnisstörung. Er konnte sich an jede Nummer erinnern, die er jemals angerufen hatte. Und an so ziemlich alles andere auch. Was in seinem Beruf sehr nützlich sein konnte.
» Generalstaatsanwaltschaft Maine « , sagte eine Stimme am anderen Ende.
» Susan Marsh, bitte. «
» Darf ich fragen, wer Sie sind? «
» Detective Sergeant Michael McCabe. «
» Danke. Ich sehe mal nach, ob sie da ist. «
Wenige Sekunden später meldete sich eine weibliche Stimme: » Hallo, McCabe. Lange nichts von Ihnen gehört. Was kann ich für Sie tun? «
» Ich hatte gehofft, dass Sie mir und meiner Partnerin dabei helfen könnten, ein bisschen Zeit zu sparen. «
» Worum geht es denn? «
» Ein paar Indizien in einem Mordfall, zu denen ich gerne Ihre Meinung hätte. «
» Die Frau, die in Portland zu Tode geprügelt wurde? Wie hieß sie noch mal? Mary Farrier? «
» Nein. Eine andere. «
» Tatsächlich? Ich wusste gar nicht, dass Sie da unten noch einen Mord an der Backe haben. «
McCabe ging nicht weiter darauf ein. » Wir brauchen höchstens eine halbe Stunde, mehr nicht. «
» Heute habe ich einen Termin nach dem anderen. In zehn Minuten muss ich vor Gericht sein. Aber wenn es Ihnen passt, dann kommen Sie doch kurz vor Feierabend in mein Büro, sagen wir so gegen fünf? «
» Fünf ist gut. Allerdings ist der Fall ein wenig delikat … Ich würde ungern einem Ihrer Kollegen über den Weg laufen. Könnten wir uns vielleicht auch im Capitol Park treffen? Auf der Seite, die an die Union Street grenzt? Dann könnten wir ein bisschen spazieren gehen und uns dabei unterhalten. «
» Was hat das zu bedeuten, McCabe? « Jetzt klang sie wirklich misstrauisch.
» Das würde ich lieber persönlich mit Ihnen besprechen. «
» Also gut. Aber Sie haben mich sehr neugierig gemacht. «
» Dann also bis um fünf, Susan. « Er legte auf. » Okay. Das wäre erledigt. «
» Meinst du, sie hat was dagegen, dass ich dabei bin? «
» Ihr Problem. Im Prinzip finde ich ohnehin, dass du ihr die wichtigen Fragen stellen solltest.
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