Todesnacht: Thriller (German Edition)
verkaufen. «
» Könnte ich. Es gibt etliche Galerien in Portland und New York, die Julias Werke ausstellen. Die würden sie mir bestimmt mit Kusshand abnehmen. Aber ich finde, dass du selbst entscheiden solltest, ob deine Akte öffentlich ausgestellt werden oder nicht. Vor allem in Portland. «
» Danke, Sam. Ich glaube zwar nicht, dass irgendjemand erkennen würde, dass ich das bin, aber trotzdem … Ich freue mich, dass du daran gedacht hast. Und ja, ich würde die Bilder wirklich gerne nehmen. Nicht nur, um mir die eine oder andere Peinlichkeit zu ersparen. Du hast recht, sie sind wirklich gut. Zumindest dasjenige, das du im Atelier aufgehängt hast. «
Sam hob einen golfballgroßen Stein auf und warf ihn ins Wasser. Willie sauste hinterher und jagte, immer im Kreis schwimmend, dem Objekt seiner Begierde nach. Vergeblich.
» Ist das nicht ein bisschen gemein? « , sagte Maggie.
» Ich glaube, ihm macht es Spaß. «
» Wie bist du überhaupt zu dieser Entscheidung gekommen? « , wollte sie dann wissen.
» Ich habe in letzter Zeit viel über mein Leben nachgedacht. Eigentlich schon seit der Scheidung. Wer bin ich? Was ist aus mir geworden? Aber erst die Ereignisse der letzten Tage – Tiffs Ermordung, Ems Verletzung, dein Besuch am Samstagabend – haben meinen Blick wirklich geschärft. Ich habe gemerkt, dass ich den Menschen, zu dem ich geworden bin, nicht mag. Den Trinker. Den Faulenzer. Den drittklassigen Professor an einem zweitklassigen College, der den Großteil seiner Energie darauf verwendet, kaum volljährige Studentinnen zu vögeln. Das ist nicht schön. Das ist nicht das, was ich mal werden wollte. Wenn ich eine Figur in einem meiner Romane wäre, ich würde mich von der Brücke springen lassen. «
» Was hast du in New York vor? Willst du wieder unterrichten? «
» Nein. Ich kann besser schreiben als lehren. Ich werde versuchen, den Roman zu Ende zu bringen. Er ist das Beste, was ich in den letzten Jahren geschrieben habe. Und das habe ich zu einem nicht unwesentlichen Teil Tiff zu verdanken. Sie hat dem Buch Energie und Enthusiasmus verliehen. Und darüber hinaus ein paar sehr schöne Wendungen. Jetzt nützt es natürlich nichts mehr, aber ich habe von Anfang an vorgehabt, mich dafür in aller Form bei ihr zu bedanken. Ich wollte sie in der Widmung erwähnen und in der Danksagung natürlich auch. Ich kann nur hoffen, dass ihr denjenigen erwischt, der sie umgebracht hat. Mittlerweile ist dir hoffentlich klar, dass ich es nicht war. «
» Das stimmt. Hör zu, Sam. Wenn es dir wirklich ernst ist mit dem, was du eben gesagt hast, dann musst du deine Trinkgewohnheiten ändern. Falls der Samstagabend kein ungewöhnlicher Ausreißer war, dann hast du deinen Alkoholkonsum überhaupt nicht mehr unter Kontrolle. «
Sam lächelte. » Danke, Margaret. Verblüffend, wie ähnlich ihr euch anhört, Emily und du. «
» Und Em hat recht. Was das Trinken angeht, meine ich. «
Sam ließ eine Minute verstreichen, bevor er ihr antwortete. » Was das Trinken angeht « , sagte er, » werden wir sehen. Wenn ich erst mal in New York bin, werde ich versuchen kürzerzutreten. Und wenn das nicht funktioniert, mache ich vielleicht eine Entziehungskur. Ein alter Freund von mir aus Harvard sitzt im Aufsichtsrat des Caron Institute in Pennsylvania. Er liegt mir seit Jahren in den Ohren, dass er mir dort einen Platz besorgen kann. «
» Keine schlechte Idee. «
» Wie gesagt, wir werden sehen. «
Sie sahen eine wunderschöne hölzerne Schaluppe – die Segel von der kräftigen Brise gebläht – gerade noch rechtzeitig wenden, bevor sie auf die Felsen auflief.
» Das Baby war übrigens nicht von dir. Ich dachte, das würde dich vielleicht interessieren. «
» Nein. Das war mir von vornherein klar. «
Willie kam aus dem Wasser und schüttelte sich, schleuderte unzählige feine Wassertropfen aus seinem langen, seidigen Fell und hüllte alles, was sich im Umkreis von vier Metern befand, in einen feinen Nebel. Sam warf den nächsten Stein ins Wasser. Doch Willie fiel nicht noch einmal darauf herein. Er ließ sich auf die warmen Steine plumpsen und rollte sich auf den Rücken.
Maggie und Sam gingen zurück zum Atelier. Während Sam das dicke, mit Gummibändern umwickelte Manuskript mit den Markierungszetteln in einen großen gelben Umschlag steckte, betrachtete Maggie das Bild, für das sie einst Modell gestanden hatte. Sam hatte recht. Es war gut. Und auch in einem zweiten Punkt hatte er recht: Sie würde nicht
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