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Todesnacht: Thriller (German Edition)

Todesnacht: Thriller (German Edition)

Titel: Todesnacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Hayman
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und im Bett weiterschlafen konnte.
    Sie dachte an ein gerahmtes Foto, das vermutlich immer noch an der Kommode im Schlafzimmer ihrer Eltern im ersten Stock hing. Darauf war ein sehr viel jüngerer John Savage zu sehen, der bis zur Hüfte im eiskalten Wasser stand und eine dreijährige Maggie mit beiden Händen hoch über seinen Kopf hielt. Unaussprechliches Vergnügen sprach aus den Gesichtern der beiden. Die Vorstellung, dass dieser unfassbar starke Mann, diese Naturgewalt, dessen große, knochige Hände sie bis in alle Ewigkeit hoch in die Luft hielten, sie bis in alle Ewigkeit festhalten sollten … die Vorstellung, dass dieser Mann – ihre erste große Liebe, aber hoffentlich nicht ihre letzte … die Vorstellung, dass John Savage jemals durch Alter oder Krankheit geschwächt werden und dass er sie womöglich mehr brauchen würde als sie ihn, erschien ihr absurd. Sie würde bis zum bitteren Ende gegen die unausweichliche Tatsache ankämpfen, dass sie ihn irgendwann verlor. Niemals aufgeben. Niemals nachlassen.
    Sie schwor sich im Stillen, ihn häufiger zu besuchen, solange es noch möglich war, dann beugte sie sich hinab und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. Ganz behutsam, um ihn nicht aufzuwecken.
    Sie schleppte ihre Tasche nach oben in ihr Kinderzimmer. Alles war noch genauso wie früher, abgesehen von den frischen Handtüchern, die fein säuberlich gestapelt auf dem Holzstuhl in der Ecke für sie bereitlagen. Sie hatte das dringende Bedürfnis, den Schmutz der letzten vierundzwanzig Stunden abzuwaschen, schlüpfte aus ihrer Kleidung, wickelte sich in ein großes, flauschiges Handtuch und schlich auf Zehenspitzen den Flur entlang. Hoffentlich weckte sie Anya nicht auf, wenn sie sich jetzt noch unter die Dusche stellte. Sie hatte keine Ahnung, ob die zweite Frau ihres Vaters einen leichten Schlaf hatte oder nicht.
    Maggie ließ das heiße Wasser über ihren müden, schmerzenden Körper fließen und nahm sich vor, nicht mehr länger an den Fall zu denken. Sie hielt nicht einmal eine Minute durch. Es gab einfach zu viele Verbindungen zwischen Tiff Stoddards Schicksal und den wichtigsten Menschen in ihrem eigenen Leben. Emily. Savage. Sam Harkness. Und jetzt auch noch Harlan.
    Harlan bereitete ihr die größten Sorgen. Er schien der Verletzlichste von allen zu sein. Ihre Gedanken drehten sich unaufhörlich im Kreis. Sie befahl ihnen, langsamer zu werden. Sie wusch sich die Haare.
    Später setzte sie sich in ihrem üblichen Sommer-Schlafoutfit – einer Boxershorts in Größe S und einem Sea-Dogs-Trikot in Größe XL – an ihren alten Schreibtisch aus Highschoolzeiten und klappte ihren Laptop auf. Rief zuallererst Google auf. Fühlte sich ein kleines bisschen wie eine Verräterin und gab als Suchbegriffe » Irak « , » Soldaten « und » PTBS « ein. Verblüfft stellte sie fest, dass sie auf über einhundertfünfundfünfzigtausend Treffer kam. Sie würde wahrscheinlich zwei Jahre brauchen, bis sie das alles gelesen hatte. Sie nahm sich die ersten dreißig Einträge vor. Am interessantesten war eine Artikelserie der New York Times über Soldaten, die nach ihrer Rückkehr aus dem Irak Morde oder Selbstmord begangen hatten oder sexuell gewalttätig geworden waren. Die wildfremde Menschen vergewaltigt oder umgebracht hatten – oder aber ihre eigenen Liebsten: Ehefrauen, Kinder, Freundinnen. Oftmals enge Familienmitglieder.
    Die Zahlen, die in den Artikeln genannt wurden, waren hoch, und Maggie fragte sich, wie eklatant sie sich von denen unterscheiden mochten, die bei der Untersuchung einer wahllos zusammengewürfelten Gruppe unglücklicher oder verbitterter junger Männer mit Gewalterfahrungen und einem Hang zu Feuerwaffen herausgekommen wären. Trotzdem erschien es ihr nachvollziehbar, dass ein Dienst in dem undurchdringlichen Chaos und der Brutalität des Irakkrieges bei den betroffenen Soldaten nach ihrer Rückkehr eine verstärkte Neigung zur Gewalttätigkeit bewirkt hatte. Harlan hatte gesagt, dass er dreiundzwanzig Menschen getötet hatte, einen davon mit einem Messer. Zu töten war für ihn nichts Neues. Der Tod konnte ihn nicht länger schrecken. Nicht einmal der gewaltsame Tod eines geliebten Menschen. Er gehörte eindeutig in die Kategorie der Tatverdächtigen. Sogar noch vor Sam. Er hatte kein Alibi für die Zeit zwischen acht und zehn Uhr – der Zeitraum, in dem Stoddard ermordet worden war – und lediglich ein unzuverlässiges Alibi für die Stunden, nachdem er das Moose verlassen hatte. Falls

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