Todesnetz: Tannenbergs zwölfter Fall (German Edition)
ihres Gehirns. Schmatzend öffnete sie den Mund. Plötzlich nahm
sie einen metallischen Geschmack wahr.
»Blut?«,
krächzte sie.
»Gott sei
Dank, du lebst«, stieß schräg über ihr eine Frauenstimme aus. »Dann bin ich zum
Glück nicht mehr allein.«
In Zeitlupentempo
drehte Conny den Kopf zur Geräuschquelle hin. Aber sie konnte niemanden erkennen.
Nichts als rabenschwarze Finsternis um sie herum.
»Wer bist
du?«, fragte sie in die Dunkelheit hinein.
»Ich heiße
Jessica. Jessica Hellmann«, kam es mit gehauchter Stimme zurück. »Und wie heißt
du?«
»Conny Faulhaber«,
antwortete die junge Frau und hustete ein paarmal heiser. »Wo bin ich überhaupt?
Warum ist es denn hier so stockfinster?«
»Wir befinden
uns in einem großen Gewölbekeller oder in einer unterirdischen Halle.«
»Woher weißt
du das?«
»Als vorhin
das Licht brannte, habe ich diesen riesigen Raum gesehen. Außerdem ist es sehr kalt
und feucht hier drinnen. Wir müssen unter der Erde sein. Deshalb ist es auch so
stockdunkel.«
Conny schniefte.
Bruchstückhaft kehrten ihre Erinnerungen zurück. »Ich wollte mit einer Freundin
joggen gehen«, sagte sie zu ihrer unsichtbaren Leidensgenossin. »Aber die kam nicht.
Dafür kam ein Mann.« Conny schluchzte auf. »Ich wurde von einem brutalen Mann entführt.«
»Wo?«
»Auf einem
Parkplatz am Wald.«
»Das Gleiche
wie bei mir. Auch ich war mit einer Freundin zum Joggen verabredet«, erklärte Jessica.
»Aber warum
hat man uns entführt?«
»Das weiß
ich nicht.«
»Bist du
reich?«
»Nein.«
»Deine Eltern?«
»Nein, die
auch nicht.«
»Bei mir
ist auch kein Lösegeld zu holen«, seufzte Conny.
»War das
bei dir derselbe Kerl? So ein vermummter, kräftiger Typ?«
»Ja.«
Jessicas
Handgelenke schmerzten derart, dass sie verzweifelt an den Metallfesseln rüttelte.
Ein spitzes Klirren hallte durch den ehemaligen Bunker. »Warum hat er nur die Handschellen
so fest zugemacht? Das tut so verdammt weh«, stöhnte sie.
»Meine sind
auch viel zu eng«, jammerte Conny. »Ist dir an unserem Entführer irgendetwas Besonderes
aufgefallen?«
»Ich weiß
sogar, wie dieser Mistkerl aussieht.«
»Wieso denn
das? Hast du ihm die Mütze heruntergerissen?«
»Nein, das
war gar nicht nötig. Denn als er hier war, hat er seine Maske nicht mehr getragen.«
»Und? Kennst
du ihn?«
»Nein, ich
habe ihn noch nie zuvor gesehen.«
»Was will
der nur von uns, wenn er kein Lösegeld erpressen kann?«, fragte Conny. Ihr Mund
war so ausgetrocknet, dass sie fast keinen Ton mehr herausbrachte. »Glaubst du,
er will uns vergewaltigen?«, schob sie gepresst nach. »Hat er dich etwa schon …?«
»Nein, Gott
sei Dank nicht.«
Conny Faulhaber
schluckte trocken. »Aber wenn er sich dir unmaskiert gezeigt hat, kannst du ihn
doch bei der Polizei identifizieren.«
Jessica
schniefte.
Die blitzartig
in Connys Gehirn aufschreiende Erkenntnis raubte ihr fast den Atem. Wie eine Ertrinkende
japste sie nach Luft. »Oh nein, er … wird … uns … töten«, kam es abgehackt über
ihre Lippen.
»Ich glaube
nicht, dass er uns schon bald töten wird«, meinte Jessica.
Ein Funken
Hoffnung keimte in Conny auf. »Wieso?«
»Weil er
noch eine ganze Weile mit uns spielen will.«
»Spielen?«
»Ja. Wie
ein Kater mit der gefangenen Maus.« Ein bitteres Lachen. »Allerdings ist dieser
Perverse kein Kater, sondern eine Spinne.«
»Eine Spinne?«
Conny lief es kalt den Rücken hinunter.
»Ja, unser
Entführer ist ein durchgeknallter Spinnenfreak.«
»Ein Spinnenfreak?«,
fragte Conny ungläubig nach. »Wie kommst du denn auf so was?«
»Ganz einfach:
Wir hängen in einem riesigen Spinnennetz. Außerdem hat er mir ein Spinnennetz in
den Oberschenkel geritzt«, schniefte sie.
»Oh Gott«,
stieß Conny entsetzt aus. »Dann stammt das Blut in meinem Mund vielleicht gar nicht
von mir.«
»Das kann
gut sein, dass es aus meiner Wunde auf dich getropft ist. Ich habe jedenfalls gespürt,
wie mir Blut das Bein hinunterlief.«
Conny Faulhaber
greinte herzerweichend.
Als Jessica
die Reaktion der anderen Frau wahrnahm, entschied sie sich spontan, ihrer Leidensgenossin
vorerst nichts von der Riesenvogelspinne zu erzählen, die ihr ein tiefes Loch ins
Bein hineingebissen hatte. »Außerdem gehört zu seinem abartigen Spielchen, dass
er uns echte Spinnennetze übers Gesicht legt«, jammerte sie.
»Deshalb
spannt meine Haut so«, erwiderte Conny. Sie schnitt Grimassen, wurde die klebrigen
Fäden aber nicht los. »Das ist so
Weitere Kostenlose Bücher