Todesnetz: Tannenbergs zwölfter Fall (German Edition)
Tiere.«
Wolfram
Tannenberg hob sein Glas. »Prost, Werner, und nochmals vielen Dank für deine Hilfe
heute früh.« Die Weingläser erzeugten beim Aufeinandertreffen einen kurzen, spitzen
Ton.
»Hat’s denn
etwas gebracht?«
»Wie man’s
nimmt«, gab der Kriminalbeamte zurück.
»Natürlich
würde mich der Inhalt dieses Kuverts brennend interessieren«, meinte Kollmenter.
»Aber du darfst mir sicherlich nichts darüber sagen.«
»So ist
es«, entgegnete Tannenberg und nahm einen kräftigen Schluck.
Der Briefträger
des Musikerviertels leerte in einem Zug sein Glas, dann tippte er auf seine Armbanduhr
und erhob sich. »Entschuldige, aber ich muss dich nun leider rauswerfen.«
Sein ungebetener
Gast schraubte sich ebenfalls in die Höhe. »Alles klar, dann mache ich mich jetzt
mal auf die Socken. Du brauchst dich nicht zu bemühen, die Haustür finde ich alleine.«
Die Männer
schüttelten sich die Hände. Wolfram Tannenberg schlenderte zur Tür, Kollmenter folgte
ihm wie sein Schatten. »Sag mal, Wolf, du wolltest mich doch noch etwas über Nehberg
fragen«, bemerkte der Reptilienliebhaber.
Der Leiter
des K 1 klatschte sich an die Stirn und wandte sich um. »Stimmt, das hätte ich ja
fast vergessen. Vorhin habe ich meinem Kollegen eines der Nehberg-Plakate gezeigt,
die überall in der Stadt herumhängen. Ich meine das, auf dem ihm eine große Spinne
auf dem Kopf sitzt.«
»Ja, das
kenne ich natürlich.«
»Mein vorwitziger
Kollege hat nun behauptet, dass er sich hundertprozentig sicher ist, dass es sich
dabei um eine Vogelspinne handelt. Ich hab zwar keine Ahnung, hab aber aus Prinzip
20 Euro dagegen gewettet.«
Kollmenter
lachte herzhaft. »Die Wette hast du leider verloren. Es handelt sich bei der abgebildeten
Spinne eindeutig um eine Lasiodora parahybana, eine brasilianische Riesenvogelspinne.«
»Scheibenkleister«,
fauchte Tannenberg.
»Die Lasiodora
parahybana habe ich übrigens schon in der freien Natur beobachten können. Ich war
nämlich bei einigen Urwald-Expeditionen dabei.« Kollmenter seufzte. »Leider noch
bei keiner, die Nehberg geleitet hat.«
»Sind solche
Expeditionen nicht schweineteuer?«
»Doch, das
schon. Aber man gönnt sich ja sonst nichts«, erwiderte der Briefträger. »Hast du
eigentlich gewusst, dass es Wolfspinnen gibt?«, fragte der Briefträger, wobei er
den Begriff in seine Einzelteile zerlegte.
»Nee, hab
ich nicht gewusst. Sind die giftig?«
»Nur schwach.
Selbst das Gift der größten Exemplare reicht nicht aus, um einem Menschen ernsthafte
Probleme zu bereiten. Es schmerzt höchstens ein wenig an der Stelle, an der die
Wolfspinne zugebissen hat.«
Tannenberg entschied sich kurzzeitig
für eine Nachtschicht. Urplötzlich stand Michael Schauß vor seinem Schreibtisch.
»Was willst du denn hier um diese Zeit? Haben die Sprüche deines Vaters dir etwa
ein schlechtes Gewissen gemacht?«, frotzelte der junge Kommissar.
»Ich brauche
jetzt dringend einen doppelten Espresso. Vielleicht schafft es ja das Koffein, Ordnung
in meine wirren Gedanken zu bringen«, erklärte Tannenberg. »Der stramme Fußmarsch
hierher hat es jedenfalls nicht hingekriegt. Willst du auch einen?«
»Ja, gerne,
ich muss schließlich noch ein paar Stunden wach bleiben. Aber was ist denn eigentlich
passiert?«
Während
Tannenberg die beiden doppelten Espressos braute, schwieg er betreten vor sich hin.
Dann setzte er sich seinem Kollegen gegenüber und schilderte ihm ausführlich den
Besuch bei Kollmenter.
»Ein Briefträger,
der Spinnen züchtet und sie auch noch auf Aquarellen verewigt. Also …«
»Und das
gar nicht mal so schlecht, wie ich dir versichern kann«, warf Tannenberg dazwischen.
»Also haben
wir es mit einem Künstler zu tun«, vollendete Schauß seinen begonnenen Satz. »Und
du glaubst nun, dass er deshalb als Entführer in die engere Wahl kommt, weil er
Spinnen züchtet und makabere Spinnennetz-Kunstwerke kreiert?«
»So abwegig
ist dieser Gedanke doch gar nicht, oder?«
»Nein, Wolf,
das ist er nicht. Vor allem auch deshalb nicht, weil ich weit und breit keinen anderen
Verdächtigen sehe, der als Täter infrage kommen könnte«, entgegnete Michael Schauß.
Er warf einen Blick hinüber zur Pinnwand, wo die Namen und Fotos der bisherigen
Entführungsopfer hingen, und ergänzte: »Und bei Kollmenter liegen schon zwei gewichtige
Indizien vor, wie ich finde.«
»Das sehe
ich auch so«, unterstrich sein Vorgesetzter.
»Dann sollten
wir den Herrn doch am besten gleich
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