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Todesopfer

Todesopfer

Titel: Todesopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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Mund.

    Ich konnte Gebrüll hören. Ein klirrendes, surrendes Geräusch. Dann Schritte den Korridor entlang. Sie kamen zurück. Knarrende, gleitende Geräusche verrieten mir, dass sie Tragen mitbrachten. Ich wollte mich gegen Duncan wehren, doch er drückte seinen Mund gegen mein Ohr und flüsterte: »Schsch.« Die Tür zu Danas Zimmer flog auf. Eine Trage wurde hereingerollt. Ich vernahm Schritte im Zimmer, das Geräusch einer Bettdecke, die weggezogen wurde. Eine Stimme, die ich nicht kannte, brummelte einen Countdown: »Drei, zwei, eins und hoch …«, und ein leiser Aufprall war zu vernehmen.
    Â»Zieht das Bett ab, nehmt die Ketten mit«, sagte eine andere Stimme. Dann hörte ich, wie die Trage hinausgeschoben wurde. Neben mir stieß Duncan vernehmlich den Atem aus.
    Aus dem Nebenzimmer kamen ähnliche, wenngleich schwächere Geräusche. Ich glaubte, jemanden schreien zu hören, konnte es jedoch nicht mit Sicherheit sagen. Ein paar Minuten herrschte auf dem Korridor genauso viel Lärm wie in jedem normalen Krankenhaus. Dann verklangen die Schritte und das Surren der Räder. Ich hörte das Klirren des Fahrstuhls und dann nichts mehr. Stille.
    Duncan riss mich herum, so dass er mir ins Gesicht sehen konnte. Er war kalkweiß, abgesehen von roten Flecken um die Augen. Noch nie hatte ich ihn so wütend gesehen. Nur dass es gar keine Wut war. Er hatte Angst.
    Â»Tora, du musst dich zusammenreißen, sonst gehst du drauf. Verstehst du, was ich … nein, untersteh dich loszuheulen.« Wieder zog er mich an sich. »Hör zu, Liebling, hör zu«, flüsterte er, während er mich beruhigend wie ein Kind hin- und herwiegte. »Ich kann dich aus der Klinik rausschaffen, aber dann musst du zu deinem Boot zurück. Kriegst du das hin?« Er wartete nicht auf eine Antwort. »Nimm Kurs auf Uyeasound. Fahr so weit von der Insel weg, wie du kannst, und dann häng dich ans Funkgerät und ruf deine Polizeifreundin an. Schaffst du das?«
    Ich wusste es nicht, nickte jedoch. Duncan öffnete die Badezimmertür, und wir schlüpften hinaus. Danas Zimmer war leer, das Bett bis auf die Matratze abgezogen und der Pyjama verschwunden.
Wäre ich eine Viertelstunde später aufgetaucht, hätte ich sie niemals zu Gesicht bekommen. Duncan ging zur Tür und schaute hinaus. Dann winkte er mich zu sich, packte meine Hand und zog mich auf den verwaisten Korridor hinaus. Ich war mir nicht sicher, ob meine Beine mich tragen würden, doch sie funktionierten einwandfrei. Wir bogen um eine Ecke, liefen einen kurzen vierten Korridor entlang und hielten auf die Treppe zu. Dort blieb Duncan stehen. Wir hörten nichts, also riskierten wir es, bis zum mittleren Treppenabsatz hinunterzurennen. Eine hoch oben an der Wand angebrachte Kamera starrte uns an.
    Wieder lauschten wir. Nichts. Wir rannten die Treppe ganz hinunter und fanden uns in einem kurzen Flur wieder, der dem oben aufs Haar glich. Eine Tür zu unserer Linken stand offen. Ich warf einen schnellen Blick hinein. Es war ein Operationstrakt: ein kleiner Vorbereitungsraum, in dem die Anästhesie eingeleitet wurde, und dann eine offene Tür zum eigentlichen OP. Duncan zog mich weiter.
    Jetzt waren wir in jenem Flügel des Gebäudes, den ich beobachtet hatte, als ich die Hunde aufgeschreckt hatte. Die Zimmer waren belegt gewesen, ich hatte Licht und Bewegungen hinter den Rollos gesehen. Wir mussten uns beeilen, jeden Augenblick konnte jemand auftauchen. Rasch gingen wir weiter und erreichten die erste Tür. Das gläserne Sichtfenster zeigte nur Dunkelheit. Wir eilten weiter. Noch eine Tür, noch ein Sichtfenster, Licht dahinter. Duncan hielt an, und ich konnte hindurchspähen. Der Raum war hell erleuchtet, vielleicht zwanzig Meter lang und acht Meter breit. Soweit ich sehen konnte, befand sich niemand darin. Zumindest …
    Duncan zerrte abermals an mir, aber diesmal widersetzte ich mich. »Komm schon«, formte er lautlos mit den Lippen, doch ich schüttelte den Kopf. Auf einem Schild an der Tür stand.
    Â 
    STERILER BEREICH
KEIN ZUTRITT FÜR UNBEFUGTE

    Â 
    Ich wand mich aus Duncans Griff, stieß die Tür auf und trat hinein.
    Ich befand mich auf einer Neugeborenen-Intensivstation. Die Luft war um etliche Grade wärmer als draußen auf dem Gang und erfüllt vom beständigen Summen elektronischer Geräte. Um mich herum sah ich einen Ultraschallscanner,

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