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Todesopfer

Todesopfer

Titel: Todesopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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sind alle sehr hilfsbereit.« Das stimmte nicht, doch dies schien nicht der richtige Zeitpunkt, um herumzumeckern. »Ich habe den Film gesehen«, bemerkte ich.
    Â»Es hat mehrere Filme gegeben. Die Yacht da ist in sehr flachem Wasser.«
    Er schaute über meine Schulter hinweg durchs Fenster. Ich drehte mich um. Eine Zehn-Meter-Westerley segelte dicht an der Küste entlang. Sie legte sich weit auf die Seite, und wenn der Skipper nicht aufpasste, würde er sich den Rumpf ankratzen. »Er hat zu viel Großsegel oben«, stellte ich fest. »Meinen Sie die Frau, die von Elizabeth Taylor gespielt wurde?«
    Â»Sie denken an Rebecca. Nein, ich meine die andere, Rowena von den Angelsachsen.«
    Â»Ach.« Ich wartete darauf, dass er das näher ausführte, tat er aber nicht. Im Voe wendete die Yacht ruckartig und zog im stumpfen Winkel von ihrem ursprünglichen Kurs davon. Dann löste irgendjemand an Bord ein Fall, und das Großsegel rauschte herab. Die Fock begann zu flattern, und die wirbelnde Bewegung im Wasser hinter dem Heck zeigte an, dass der Skipper den Motor gestartet hatte. Das Boot war unter Kontrolle und auf dem Weg zu seinem Liegeplatz, aber es war knapp gewesen.
    Â»Das passiert andauernd«, meinte Gifford. Er sah erfreut aus. »Der Wind drückt sie zu dicht ans Westufer.« Wieder sah er mich an. »Das war ja ein ziemliches Erlebnis für Sie heute.«
    Â»Dem kann ich nicht widersprechen.«
    Â»Aber jetzt ist es vorbei.«
    Â»Sagen Sie das mal der Armee, die meine Wiese umpflügt.«
    Gifford lächelte und zeigte seine vorstehenden Schneidezähne. Er machte mich unglaublich nervös. Es war nicht nur seine Körpergröße;
ich bin selbst groß und habe immer die Gesellschaft hochgewachsener Männer gesucht. Er hatte irgendetwas an sich, das einfach so präsent war. »Sie haben recht. Es wird bald vorbei sein.« Er trank. »Wieso haben Sie sich eigentlich auf Geburtshilfe verlegt?«
    Als ich Kenn Gifford besser kennenlernte, wurde mir klar, dass sein Gehirn doppelt so schnell arbeitet wie das normaler Menschen. In seinem Kopf flitzt er mit absurder Geschwindigkeit von einem Thema zum nächsten, wie ein Kolibri, der den Schnabel mal in diese, mal in jene Blüte taucht, um dann wieder zurück zur ersten zu kommen; und seine Worte folgten diesem Kurs. Nach einer Weile gewöhnte ich mich daran, doch bei dieser ersten Begegnung, besonders in meinem überreizten Zustand, war es verwirrend. Unmöglich, mich zu entspannen. Obwohl, wenn ich es recht bedenke, glaube ich nicht, dass ich mich jemals entspannte, wenn Kenn in der Nähe war.
    Â»Ich fand, auf dem Fachgebiet würden mehr Frauen gebraucht«, sagte ich und nippte wieder an meinem Glas. Ich trank viel zu schnell.
    Â»Wie grauenvoll vorhersehbar. Sie kommen mir doch jetzt nicht mit diesem abgedroschenen alten Klischee, dass Frauen sanfter und mitfühlender sind, oder?«
    Â»Nein, ich wollte Ihnen damit kommen, dass sie weniger arrogant und weniger rechthaberisch sind und sich nicht so schnell aufs diktatorische hohe Ross schwingen, wenn es um Gefühle geht, die sie nie am eigenen Leib erleben werden.«
    Â»Sie haben auch noch nie ein Kind bekommen. Wieso sind Sie so anders?«
    Ich zwang mich, mein Glas abzustellen. »Okay, ich sage Ihnen, wie ich darauf gekommen bin. Im sechsten Semester habe ich ein Buch gelesen, von einem Typen namens Tailor oder Tyler – irgend so eine große Nummer in Sachen Geburtshilfe an einer Klinik in Manchester.«
    Â»Ich glaube, ich weiß, wen Sie meinen. Weiter.«
    Â»Da stand eine Menge Blödsinn drin, hauptsächlich darüber,
dass all die Probleme, die Frauen in der Schwangerschaft so haben, an ihren eigenen kleinen Gehirnen liegen und an ihrer Unfähigkeit, richtig auf sich achtzugeben.«
    Gifford lächelte. »Ja, so was in der Richtung habe ich auch mal geschrieben.«
    Ich ignorierte diese Bemerkung. »Aber was mich wirklich auf die Palme gebracht hat, war seine Forderung, dass Frauen sich vor und nach jedem Stillen die Brüste waschen sollten.«
    Gifford lehnte sich auf seinem Stuhl zurück; inzwischen machte ihm das Ganze Spaß. »Und das ist ein Problem, weil …?«
    Â»Haben Sie eine Vorstellung davon, wie schwierig es ist, sich die Brüste zu waschen?« Aus dem Augenwinkel sah ich, wie jemand einen Blick in unsere Richtung warf. Meine Stimme war lauter

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