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Todesregen

Todesregen

Titel: Todesregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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hatte Neil zitiert, nachdem sie aus dem Haus von Harry Corrigan geflohen waren.
    In den seither vergangenen Stunden hatte Molly genügend Indizien gesehen, die auf die Richtigkeit dieser Vermutung hindeuteten, nicht zuletzt das Verschwinden von Angie Boteen durch den Betonboden.
    Beton war der Inbegriff eines massiven, festgefügten Materials. Er war so solide wie seine Definition: »künstlicher, gesteinähnlicher Baustoff, hergestellt aus einer Mischung aus Zement und verschiedenen Zuschlagstoffen«.
    Dennoch hatte die an Ort und Stelle gegossene Platte aus Stahlbeton, dem Baustoff von Bunkern und Munitionsdepots, ihre Milliarden Atome irgendwie umgeordnet, sodass diese genau in die Zwischenräume der Atome eines menschlichen Körpers passten. Dabei war der Boden weder aufgeweicht, noch hatte er sich geöffnet wie der Schlund eines gierigen Hais. Er hatte sich auch nicht in konzentrischen Kreisen nach außen bewegt wie Wasser, in das man einen Stein geworfen hat. Stattdessen hatte er Angie Boteen aufgenommen wie ein Gespenst, das nicht einmal aus Ektoplasma bestand, sondern eine reine Erscheinung
war, und sie glatt und reibungslos aus dem Erdgeschoss in den Keller sinken lassen.
    Angie war jedoch kein Gespenst. Ihr Fleisch war so fest und verwundbar wie das von Molly. Sie hatte die Bierflasche weggeworfen, die dann an der Aufzugtür geborsten war. Ihre nackten Füße hatten die zur Kellertreppe führende Blutspur verwischt. Von ihren Wangen waren Tränen getropft und hatten winzige dunkle Flecken auf dem Beton hinterlassen, die den Boden stärker verändert hatten als ihr Hindurchgleiten.
    Sie war nicht so plötzlich verschwunden wie der Zylinder einer Rohrpostanlage, und sie hatte sich weder gewehrt, noch war sie auf irgendeinen Widerstand gestoßen. Insgesamt hatte es etwa sechs Sekunden gedauert, bis sie versunken war, beginnend mit den Fußsohlen und endend mit der letzten gesträubten Haarsträhne.
    Obwohl Angie entsetzliche Angst vor dem Ding mit Gesichtern in den Händen gehabt hatte, und obwohl dieses Ding etwas damit zu tun haben musste, dass sie durch den Zement mitsamt seinen verschiedenen Zuschlagstoffen geglitten war, hatte sie während dieses Vorgangs erstaunlich wenig Lärm gemacht. Sie hatte nicht geschrien, hatte weder Gott noch den allseits respektierten Billy Marek mit seinen Messern zu Hilfe gerufen.
    Nur »Oh!« hatte sie leise gesagt – nicht überrascht, sondern wie als Bestätigung von etwas, was Molly nicht erriet – und hatte auf ihre Beine geschaut, die im Beton verschwanden. Ihre Augen hatten sich geweitet, doch sie hatte weniger verängstigt ausgesehen als in den Minuten vorher.
    Als Molly ihr die Hand hingestreckt hatte, hatte Angie danach greifen wollen, dabei jedoch »Sauvez-moi, sauvez-moi! « gerufen. Das hatte die Astronautin Emily Lapère an Bord der Internationalen Raumstation geschrien, als sie den ungeladenen Besuchern gegenübergestanden hatte.
»Rettet mich, rettet mich!«, wiederholte Angie nun in einer Sprache, die sie sicher nicht beherrschte, und mit der Stimme von Emily Lapère. Auch etwas in ihrem Blick war nun anders als zuvor, feindselig und höhnisch.
    Sie hatte keine Angst, weil sie gar nicht mehr Angie war. Angie war eine ohnmächtige Gefangene in der Hand von etwas, das in sie eingedrungen war und nun ihren Körper benutzte.
    Als Molly das erkannte, hatte sie ihre Hand schnell zurückgezogen und reglos zugesehen, wie die nackte Frau im harten Beton versank, als würde sie darin ertrinken.
    Hätte Molly die Hand ergriffen, dann wäre sie vielleicht zusammen mit Angie hinuntergezogen worden, wäre so leicht durch Beton und Stahlstäbe geglitten wie Dunst durch Mondlicht.
    Einen Moment war sie durch diese Vorstellung wie gelähmt. Sie wagte es nicht, auch nur einen Fuß zu bewegen, aus Angst, die Oberflächenspannung des Bodens könnte so zerbrechlich sein wie die eines Badesees.
    Dann fiel ihr eine auffällige Passage der Radioübertragung aus der Raumstation ein. Bevor der Astronaut namens Arturo vor der Schleuse zu schreien begonnen hatte, hatte Emily Lapère berichtet, etwas dringe durch die geschlossene Tür ein. Es materialisiert sich direkt aus dem Stahl der Luke, hatte sie gesagt.
    Die Gefahr, durch den Boden in den Keller gezogen zu werden, wurde womöglich übertroffen von der Gefahr, dass irgendetwas aus dem Boden emporgestiegen kam.
    Boden, Wände und Tresortüren boten offenbar keinen Schutz. Keine Festung konnte gegen diesen Feind bestehen. Kein Ort

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