Todesregen
Meeresforschungsschiffs Zeuge gewesen, wie sich fünfhundert Kilometer südwestlich von Tahiti plötzlich eine spektakuläre Wasserhose gebildet hatte. Etwa sechs Kilometer steuerbords war aus einer gewaltigen Masse von Haufenwolken ein Trichter herausgewachsen und hatte sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit herabgesenkt, bis er die Meeresoberfläche erreicht und Wasser angesaugt hatte. Anschließend hatte er einen geschätzten Durchmesser von sechshundert Metern erreicht.
Ein von einem Besatzungsmitglied aufgenommenes Video, das über die Satellitenverbindung des Schiffs übermittelt worden war, zeigte eine Formation von erschreckender Größe. Einer der französischen Wissenschaftler war der Ansicht, dass der tornadoähnliche Trichter dort, wo er in den Wolken verschwand, einen Durchmesser von fünf Kilometern hatte.
»Du lieber Himmel«, flüsterte Neil.
Auf diesen Aufnahmen war weder das Meer noch die gewaltige Wassersäule, die sich in den Himmel bohrte, von dem mysteriösen Leuchten erfasst.
Dennoch musste der merkwürdige Regen, der hinter den verhängten Fenstern niederstürzte, irgendetwas mit der gigantischen Wasserhose zu tun haben, die man im weit entfernten Südpazifik auf Video aufgenommen hatte. Obwohl Molly sich nicht vorstellen konnte, welcher Art diese Verbindung war, steigerte das weltweite Auftreten desselben Ereignisses ihre Angst.
Von dem tobenden Strudel auf dem Bildschirm ging stürmisches Wetter aus. Es wurde rasch dunkler, als hätte
Gott einen Finger schwer auf einen himmlischen Regelwiderstand gedrückt. Dicke, verästelte Blitze krallten sich in den Ozean.
Wäre im Blickfeld der Videokamera irgendein Objekt gewesen, mit dem man den Trichter hätte vergleichen können, so wäre dessen Größe sicher nicht nur atemberaubend, sondern furchterregend gewesen. Molly spürte die Angst des Kameramanns, als die Erscheinung sich auf sein Schiff zubewegte.
Das Meer zuckte und wogte, als reagierte es mit Wut und Schmerz auf die Blitze, die seine große dunkle Haut aufschlitzten. Das Schiff stürzte in ein tiefes Wellental, eine regelrechte Kluft.
Der Bug bohrte sich in den Boden des Tals. Tonnenweise schwappte Wasser über die Reling und wogte übers Deck.
Am Bild war zu sehen, dass dem Kameramann fast die Beine weggerissen wurden. Er hielt jedoch sein Gleichgewicht und stolperte vom offenen Deck, während das Schiff erzitterte und einen ungeheuren Wellenberg erklomm.
Auf dem Bildschirm erschien wieder das als Moderatorin verkleidete Filmsternchen namens Veronica und erklärte, seit der Übertragung des soeben gezeigten Videos habe man nichts mehr von dem französischen Schiff gehört.
Veronicas Kollege Jack drückte seine Besorgnis über das Schicksal der Besatzung aus, kam dann jedoch mit hirnloser Überzeugung zu dem Schluss, die Leute seien bestimmt in Sicherheit, denn »diese Meeresforscher kennen den Ozean wie ihre Westentasche«.
Mit einem Lächeln, das so unerschütterlich war wie das einer hölzernen Bauchrednerpuppe, erzählte Veronica, während ihres Studiums habe sie ein ganzes Semester auf einem Segelschiff verbracht.
Wenn Mollys Stimme in der Lage gewesen wäre, in Form von Radiowellen nach New York, Washington oder sonst
wohin vorzudringen, wo die beiden Moderatoren saßen, dann hätte sie sie lautstark angebrüllt. Die selbstgefällige journalistische Distanz, die da zur Schau gestellt wurde, hatte Molly immer schon als bornierte Arroganz und emotionale Gleichgültigkeit im Gewand von Professionalität verabscheut.
Weitere Videos waren von militärischem Personal an Bord der USS »Ronald Reagan« aufgenommen und via Satellit übermittelt worden. Der Flugzeugträger befand sich momentan etwa fünfhundert Kilometer östlich von Japan. Die Aufnahmen dokumentierten die erstaunlich rasche Entstehung einer dichten Wolkendecke an einem vorher völlig klaren Himmel.
Anschließend hatten sich in Sichtweite des Flugzeugträgers drei Wasserhosen gebildet, in drei verschiedenen Himmelsrichtungen. Der Durchmesser der Trichter war rasch angewachsen, bis sie alle noch größer waren als die einzelne Erscheinung, die von dem französischen Forschungsschiff aufgenommen worden war. Ein Offizier des Kriegsschiffs kommentierte die unglaublichen Bilder, wobei es ihm nicht gelang, ein Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken, das entweder von Ehrfurcht oder von Angst zeugte.
Wieder wiesen weder das Meer noch die sich drehenden Trichter die leiseste Spur des Schillerns auf, das den endlos
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