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Todesregen

Todesregen

Titel: Todesregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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dem unverblümten Ausdruck, den Molly für Neils Selbstmord verwendete, zuckte Neil zusammen, und sein Gesicht, das seit dem ersten Blick ins Bad aschfahl gewesen war, wurde grau.
    »Und als sie den Schuss gehört haben«, fuhr sie fort, »da wussten sie, was er getan hatte, und hatten kein Interesse mehr an ihm. «
    »Sie …«, sagte Neil nachdenklich und blickte an die Decke, als erinnerte er sich an die gewaltige Masse, deren Druck er zu Hause gespürt hatte. »Aber wieso hat er die Flinte nicht auf … sie gerichtet?«
    Weil Molly ahnte, dass die Antwort anderswo im Haus zu finden war, erwiderte sie nichts, sondern ging in den Flur. Die Durchsuchung der anderen Räume im oberen Stock ergab nichts Neues, bis sie schließlich zur Hintertreppe kamen.
    Die schmalen, steilen Stufen führten zu einer Garderobe neben der Küche. Von dort aus gelangte man, wie Molly wusste, nach hinten in den Garten.
    Offenbar hatte Harry Corrigan seine ungebetenen Besucher dort zuerst zu Gesicht bekommen. Er war mit der Pumpgun bewaffnet gewesen und hatte sie auf der Treppe mehr als einmal verwendet. Die Wände waren mit den
Einschlägen von Schrotkörnern übersät; aus den hölzernen Treppenstufen waren Splitter herausgerissen worden.
    Wenn Harry sich rückwärts ins Obergeschoss zurückgezogen und dabei auf die Eindringlinge gefeuert hatte, hatte er sein Ziel in diesem engen Treppenschacht gar nicht verfehlen können, schon wegen der Streubreite seiner Schrotflinte. Dennoch lagen keine Leichen auf den Stufen oder am unteren Ende der Treppe. Keinerlei Blut.
    Neil, der neben Molly am Kopf der Treppe stehen geblieben war und offenbar genauso wie sie davor zurückscheute, sich auf die schmalen Stufen zu wagen, sinnierte: »Worauf hat er wohl geschossen … auf Gespenster?«
    Molly schüttelte den Kopf. »Was die Schlafzimmertür aus den Angeln gerissen hat, war kein Gespenst.«
    »Aber was könnte unversehrt durch einen Schrothagel gehen?«
    »Das weiß ich nicht, und vielleicht will ich’s auch nicht wissen.« Molly wandte sich von der Treppe ab. » Verschwinden wir von hier. «
    Sie gingen durch den Flur auf die vordere Treppe zu, und gerade als sie über die auf dem Boden liegende Schlafzimmertür steigen wollten, flackerte das Licht und ging aus.

11
    In dem fensterlosen Flur fehlte selbst der unheimliche Schimmer des leuchtenden Regens. Hier herrschte das vollkommene Schwarz von Korridoren aus Todesträumen, von Grüften tief unter der Erde.
    Da Molly erst noch lernen musste, mit welchen Taktiken man den Weltuntergang eventuell überstehen konnte, hatte sie nicht daran gedacht, ihre Taschenlampe aus dem Wagen mitzunehmen.
    Im blinden Dunkel hörte sie ein Rascheln, das nichts mit dem murmelnden Chor des Regens zu tun hatte, ein Rascheln wie das Ausbreiten, Dehnen und Zusammenfalten federloser Flügel. Sie redete sich ein, das Geräusch müsse daher kommen, dass Neil in seinem Regenmantel kramte.
    Das Aufflammen seiner Taschenlampe gab ihr recht. Sie stieß den angehaltenen Atem aus.
    Die Finsternis im Flur schien nicht gewöhnlicher Natur zu sein, sondern die schwarze Essenz eines greifbaren Bösen. Das Licht durchschnitt sie weniger hell, als es Molly lieb gewesen wäre, und sobald der Kegel der Lampe weiterwanderte, kehrte das Dunkel mit gierigen Sprüngen zurück.
    Sie stiegen vorsichtig über die zu Boden gestürzte Tür. Wenige Schritte weiter erstarrten sie. Irgendwo im Schatten erklang ein Satz, den Molly kannte. Es war ein Vers von einem ihrer Lieblingsdichter, T.S. Eliot.
    »Ich denke wir sind auf der Rattenzeil …«

    Die Stimme sprach nicht laut, sondern mit einem Bühnenflüstern, drang aber trotzdem durch das unablässige Trommeln des Regens. Molly erkannte den Bass von Harry Corrigan, dem toten Harry, der sich selbst angetan hatte, was seiner Frau wegen lumpiger zweihundert Dollar angetan worden war.
    Peitschend und zuckend suchte der Lichtkegel der Taschenlampe links, rechts, hinter ihnen. Niemand.
    Neil reichte Molly die Lampe, um beide Hände für die Flinte frei zu haben.
    Molly hob ihre Pistole und führte sie synchron mit dem Strahl der Lampe. Die halb offene Tür zum Gästezimmer zur Rechten, die angelehnte Tür des Arbeitszimmers zur Linken. Eine weitere Tür, dahinter glänzende Keramik. Das Bad.
    Harry oder die groteske Erscheinung, die einmal Harry gewesen war, oder das Ding, das vorgab, Harry zu sein, konnte in jedem der drei Zimmer lauern. Oder in keinem davon.
    Und dann kam der Vers aus »Das wüste

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