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Todesregen

Todesregen

Titel: Todesregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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spähten sie argwöhnisch in den verlassenen Flur. Dann betraten sie das Haus.
    Bevor Calista in Redondo Beach ermordet worden war, waren sie hier häufig eingeladen gewesen, und seither auch noch einige Male. Als vor vier Jahren die Küche renoviert wurde, hatte Neil die neuen Schränke gebaut. Dennoch kam ihnen dieser vertraute Ort nun fremd vor. Nichts war exakt so, wie Molly es im Gedächtnis hatte, nichts war ganz am richtigen Ort.
    Im Erdgeschoss zeugte alles von einem einfachen, einer langjährigen Routine folgenden Leben: bequeme, leicht abgenutzte Möbel, Gemälde mit Landschaften und Meeresszenen,
eine im Aschenbecher liegende Pfeife, ein Buch, in dem die Hülle eines Schokoriegels als Lesezeichen diente, liebevoll gepflegte Zimmerpflanzen mit üppigen, glänzenden Blättern, eine Holzschale auf dem Küchentisch, in der violette Pflaumen reiften …
    Neil und Molly sahen keinen Hinweis auf eine gewaltsame Auseinandersetzung, allerdings auch kein Anzeichen dafür, dass ihr Freund und Nachbar im Haus war.
    In den Flur zurückgekehrt, blieben sie am Fuß der Treppe stehen und überlegten kurz, ob sie nach Harry rufen sollten.
    Um trotz der aufs Dach prasselnden Sturzflut gehört zu werden, hätten sie allerdings laut schreien müssen. Als Antwort darauf wäre womöglich etwas anderes erschienen als ihr Nachbar, was dafür sprach, sich weiterhin leise zu verhalten.
    Neil betrat als Erster die Treppe. Molly schob sich seitwärts hinauf, den Rücken an der Wand, damit sie sowohl nach oben wie nach unten spähen konnte.
    Im oberen Flur war die massive Eichentür des Schlafzimmers aus den Angeln gerissen worden. Fast durchgebrochen lag sie auf dem Boden. Bruchstücke des Schlosses funkelten auf dem dunklen Teppichboden.
    Die beiden massiven Scharniere waren mit den sie tragenden Stahlplatten noch im Rahmen verankert, doch diese Platten, gut einen halben Zentimeter dick, waren von der furchtbaren Kraft, die die Tür weggerissen hatte, verbogen worden. Auch die Scharniere selbst waren verdreht.
    Wenn Harry sich hinter die verschlossene Schlafzimmertür geflüchtet hatte, so hatte die Barriere nicht lange standgehalten.
    Selbst ein mit Steroiden aufgeblähter Bodybuilder mit herkulischen Muskelpaketen hätte die Tür nicht ohne ein Brecheisen aufstemmen können. Mit nackten Händen wäre jeder Mensch an dieser Aufgabe gescheitert.

    Da Molly erwartete, die Szenerie eines unvorstellbaren Gemetzels vorzufinden, zögerte sie, Neil durch die Tür zu folgen. Als sie schließlich doch über die Schwelle trat, sah sie keine Spur von Gewaltanwendung.
    Der begehbare Kleiderschrank stand offen. Niemand darin.
    Als Neil versuchte, die geschlossene Tür vom Schlafzimmer zum angrenzenden Bad zu öffnen, merkte er, dass sie verschlossen war.
    Er warf Molly einen Blick zu. Sie nickte.
    Den Mund nah am Rahmen, fragte Neil: »Harry? Bist du da drin, Harry?«
    Falls jemand auf die Frage geantwortet hatte, dann zu leise, um hörbar zu sein.
    »Harry, ich bin’s, Neil Sloan! Bist du da drin? Ist alles in Ordnung?«
    Als er wieder keine Antwort erhielt, wich er einen Schritt zurück und trat mit aller Kraft auf die Tür ein. Das Schloss gab schon nach drei Tritten nach.
    Wie seltsam, dass das, was die wesentlich stabilere Tür des Schlafzimmers herausgerissen hatte, hier nicht ebenfalls in Aktion getreten war.
    Neil trat an die Schwelle, zuckte jedoch sofort zurück und wandte sich ab. Seine Gesichtszüge waren von abgrundtiefem Entsetzen und Abscheu verzerrt.
    Er wollte Molly daran hindern zu sehen, was er gesehen hatte, doch sie ließ sich nicht abwehren. Kein Anblick konnte schlimmer sein als das, was sie an jenem schrecklichen Tag in ihrem achten Lebensjahr gesehen hatte.
    Augenlos, mit einem Kopf, der ausgehöhlt war wie ein Halloweenkürbis, saß Harry Corrigan auf dem Badezimmerboden, an die Wand der Wanne gelehnt. Er hatte sich die Mündung einer kurzläufigen Pumpgun in den Mund gesteckt.

    Angeekelt, aber nicht geschockt, wandte Molly sofort den Blick ab.
    »Er hat seinen Gram einfach nicht verwunden«, sagte Neil.
    Einen Augenblick begriff Molly nicht, was er meinte. Dann wurde ihr klar, dass er trotz allem, was er inzwischen gesehen hatte, die Lage immer noch bis zu einem gewissen Grad leugnete.
    »Harry hat sich nicht wegen Calista umgebracht«, sagte sie. »Er hat sich ins Bad zurückgezogen und sich das Hirn aus dem Schädel geblasen, um nicht dem Ding gegenüberzustehen, das die Schlafzimmertür herausgerissen hat.«
    Bei

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