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Todesregen

Todesregen

Titel: Todesregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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wüstes, im Regen schimmerndes Mosaik ausbreitete: kleine Asphaltbrocken, Splitt, glitzernde Scherben achtlos weggeworfener Flaschen, Ringverschlüsse von Getränkedosen.
    Als Molly sich wieder aufrichtete, hatte sie den Eindruck, dass der Wald, der schon vorher die Straße bedrängt hatte, noch näher gekommen war, während sie ihm den Rücken zugewandt hatte. Die Äste der riesigen Nadelbäume hingen da wie klatschnasse Kleidung, wie Umhänge und Roben, Messgewänder und Soutanen.
    Unter den spitzen Mönchskutten der Bäume verborgen, aber doch deutlich spürbar, beäugten wache Beobachter Molly. Es waren Wesen, die weniger gewöhnlich waren als Eulen und Waschbären, und auch weniger rein.
    So verängstigt Molly auch war, sie spürte, dass sie einen Angriff herausfordern würde, wenn sie ihre Angst zeigte, und zog sich deshalb nicht sofort zurück. Stattdessen rieb sie die schlammigen Hände aneinander und wusch sie im
Regen, obwohl sie sich nicht wieder sauber fühlen würde, bis sie den Regen selbst abgewaschen hatte.
    Während sie ohne Eile wieder das Heck umrundete, um zur Fahrerseite zu gelangen, redete sie sich ein, dass die feindseligen Wesen, die sie im Wald spürte, nur Hirngespinste waren, und wusste doch, dass das eine Lüge war. Die Unbekümmertheit, mit der sie sich bewegte, war reine Schau.
    Bevor sie sich endgültig zurückzog, beugte sie sich rasch in den fremden Wagen und griff nach der Puppe. Ihr struppiges blondes Haar, die blauen Augen und das freundliche Lächeln erinnerten sie an ein Kind, das vor langer Zeit in ihren Armen gestorben war.
    Rebecca Rose hatte es geheißen. Es war ein schüchternes Mädchen, das ganz leicht lispelte.
    Da es Molly nicht gelungen war, Rebecca zu retten, rettete sie wenigstens dieses dürftige Ebenbild, und als sie neben Neil im Wagen saß, gab sie ihm die Puppe, damit er darauf aufpasste.
    »Vielleicht begegnen wir dem Mädchen und seinen Eltern auf der Straße zum Ort«, sagte sie.
    Neil machte sie nicht darauf aufmerksam, dass der fremde Wagen in die Gegenrichtung gefahren war, als er verlassen wurde. Er wusste, dass ihr das ebenso klar war wie ihm.
    Sie sagte: »Es wird sich bestimmt freuen, wenn wir ihm die Puppe geben. Ich bin ganz sicher, dass es sie nicht zurücklassen wollte. «
    Vom Verstand her wusste sie, dass der Krieg der Welten, wenn er tatsächlich begonnen hatte, Kinder nicht verschonen würde.
    Vom Gefühl her aber weigerte sie sich zu akzeptieren, dass selbst völlige Unschuld nicht vor Massenmord schützen konnte.
    Vor langer Zeit hatte Molly an einem regnerischen Nachmittag einige Kinder gerettet und andere nicht retten können.
Doch wenn das feine Sandkorn der Hoffnung in ihrem Herzen zur Keimzelle einer Perle werden sollte, dann musste sie einfach glauben, dass in ihrer Gegenwart kein Kind je wieder leiden würde, und dass alle, die sie unter ihre Fittiche nahm, sicher und geschützt waren, bis sie selbst bei ihrer Verteidigung ums Leben kam.
    Als der Wagen anfuhr und sie ihre Reise in den Ort fortsetzten, sagte Neil: »Das ist ja eine wirklich hübsche Puppe. Bestimmt ist das Mädchen, dem sie gehört, unheimlich froh, wenn es sie wiederbekommt.«
    Molly liebte ihn dafür, dass er immer genau merkte, welche Worte sie gerade nötig hatte. Er wusste immer, was sie umtrieb, in allen Lebenslagen, selbst in dieser.

16
    Sie hatten sich noch nicht weit von dem verlassenen Wagen entfernt, als Molly auffiel, dass der Regen wesentlich schwächer roch als vorher. Der Geruch von Sperma, den sie wahrgenommen hatte, als sie zwischen die Kojoten getreten war, war ganz verschwunden, und die Mischung aus anderen Düften war nicht mehr annähernd so intensiv wie vor dem Haus von Harry Corrigan.
    Neil bestätigte ihre Beobachtung. »Stimmt. Außerdem leuchtet der Regen bei Weitem nicht mehr so stark.«
    Die gespenstische Nacht war noch immer mit strömendem Lametta durchsetzt, doch der Regen war einige Grade dunkler als vorher. Allerdings fiel er immer noch mit unveränderter Wucht.
    Eigentlich hätten die veränderten Bedingungen Molly Mut machen sollen; stattdessen machten sie ihr Sorge. Offenbar näherte sich die erste Phase dieses seltsamen Kriegs ihrem Ende. Die zweite würde bald beginnen.
    »Soweit ich mich erinnere«, sagte Neil, »hat dein geliebter Eliot irgendwas Berühmtes über den Jüngsten Tag geschrieben. «
    »Stimmt. Er schreibt, wir seien hohl und überheblich geworden, zu Strohköpfen ohne Überzeugungen und höhere Ziele … und für

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